Neuss, 30.11.2002, Demonstration gegen den Frauen-AbschiebeknastBilder

Kampf dem sexistischen und rassistischen Normalzustand!

Aufruf der Demo-Koordination Neuss vom 25.11.2001 zur Demo gegen den Frauenabschiebeknast in Neuss

In Neuss befindet sich seit 1993 der bundesweit einzige Frauenabschiebeknast. Eingeführt wurde er unter der SPD-Landesregierung, die in Sachen Abschiebung und Abschiebeknast auch Vorbild für andere Bundesländer war.

In dem Knast in Neuss sind momentan zwischen 70 - 80 Frauen, darunter schwangere und minderjährige, inhaftiert. Die Frauen sind i.d. R. willkürlich in kleinen Gruppen zusammengesperrt, wobei z.B. nicht darauf geachtet wird, ob die Frauen sich untereinander verständigen können. Die medizinische Versorgung ist unzulänglich und wird durch einen männlichen Sanitäter erbracht. Die inhaftierten Frauen haben keine freien Zugang zum Telefon, der oft einzigen Möglichkeit, die Außenwelt zu kontaktieren, da die Besuchszeiten sehr stark eingeschränkt sind (nur einmal die Woche 1 Std.). Meist ohne Informationen über ihr Verfahren, über die Haftgründe und ihre Rechte, ist für die Frauen die Dauer der Haft (oft über 6 Monate) nicht absehbar.

Warum werden diese Frauen kriminalisiert und eingesperrt? Diese Frauen haben sich allein, mit Kindern oder Familie auf den Weg gemacht, eine Perspektive für ihr Leben zu finden. Frauen leisten zwar weltweit 2/3 der gesellschaftlich notwendigen Arbeit, erhalten aber nur 10% des Welteinkommens und besitzen nur 1% des Weltvermögens. Frauen fliehen vor sexualisierter Gewalt, vor politischer Unterdrückung, vor Armut, vor Umweltzerstörung und haben sich keinesfalls leichtfertig zur Flucht oder Migration entschlossen. Familie, FreundInnen oder Kinder werden zurückgelassen, in der Hoffnung, aus der Fremde für sie sorgen zu können. Ihre Hoffnungen und Erwartungen erfüllen sich in der Regel nicht. Aufgrund der rigiden Asyl- und Einwanderungspraxis in der BRD bleibt den Frauen oft nur die Wahl zwischen Ehe, Abschiebung oder Illegalität. Illegalität fördert Ausbeutung, Erpressung, Misshandlung und Erniedrigung in Haushalten, Ehen, der Gastronomie und in der Sexarbeit. Permanente Angst und Unsicherheit prägt den rechtlosen Alltag ohne Papiere.

Der Frauenabschiebeknast in Neuss ist nicht nur Symbol einer rassistischen Einwanderungspolitik, die wohl in Zukunft nur noch gut ausgebildeten, arbeitstauglichen ImmigrantInnen, in der Regel jung und männlich, die Einreise in die Festung BRD gestatten wird. Der Knast ist gerade auch Symbol einer Einwanderungspolitik, die patriarchale Unterdrückungsverhältnisse als Flucht- und Migrationsgrund ignoriert und Sexismus und Rassismus in der eigenen Gesellschaft reproduziert.

Gerade aktuell im begonnen Angriffskrieg gegen Afghanistan wird die verlogene Doppelmoral in zynischer Weise sichtbar. Auch mit Bildern von verschleierten Frauen und Mädchen soll der Öffentlichkeit de letze Zweifel an der Richtigkeit des Krieges genommen werden. Aber niemand bot bisher diesen Frauen und Kindern ein Aufenthaltrecht, das ein Leben in Sicherheit und Würde ermöglicht. Flüchtlinge aus Afghanistan bekamen in der BRD bis vor kurzem kein gesichertes Bleiberecht. Der jahrelange Krieg im eigenen Land zählte nicht, die Verfolgung durch die Taliban wurde nicht als Asylgrund anerkannt. Und die patriarchale Verfolgung, das Verbot für Frauen zu arbeiten, sich zu bilden, ... war erst recht kein Asylgrund.

Wir rufen auf, gegen die sexistischen und rassistischen Gewaltverhältnisse in Staat und Gesellschaft zu demonstrieren, laut, entschieden und phantasievoll.

  • Weg mit dem Frauenabschiebeknast in Neuss!
  • Weg mit der Abschiebehaft!
  • Anerkennung geschlechtsspezifischer Fluchtursachen als Asylgrund!
  • Eigenständiges Aufenthaltsrecht für Frauen!
  • Arbeits-, Gesundheits- und soziale Rechte für alle Menschen!
  • Jede und jeder hat das Recht, dort zu leben, wo sie/er es will!
  • Kampf dem sexistischen und rassistischen Normalzustand!
25. November - Internationaler Frauenaktionstag gegen Gewalt gegen Frauen
Dieser Tag begründet sich auf der Vergewaltigung und Ermordung von drei Frauen in der Dominikanischen Republik. Sie wurden 1960 unter der Diktatur von Trujillo von Militärs verschleppt, vergewaltigt und getötet, als sie politische Gefangene besuchen wollten. 1982 erklärten zuerst lateinamerikanische Frauen diesen Tag zum internationalen Kampftag gegen Gewalt gegen Frauen.

Zu dieser Demonstration rufen auf
(Stand 31.10.2001):

Aachener Netzwerk Asyl in der Kirche/UnterstützerInnenkreis Wanderkirchenasyl, Agisra (Arbeitsgemeinschaft gegen internationale sexuelle und rassistische Ausbeutung), Alternative Liste an der Universität-Gesamthochschule Essen, antifa (x)/libertäre initiative recklinghausen, AStA Uni Bochum, Bhf Langendreer/Abt. Politik, Bremer Beginenhof Model e.V., Bündnis gegen Rechts Gelsenkirchen, Büren-Gruppe Paderborn, DFG-VK NRW (Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen), DKP KV Neuss, Fetz - Frauenberatungs- und Therapiezentrum Stuttgart, Flüchtlingsplenum Aachen, FrauenGesundheitsZentrum Bochum, Frauen helfen Frauen (Oberursel), Frauenaktionsbündnis 25.11. Köln, FrauenLesbenGruppe: NO BORDERS! (Bremen), FrauenLesbenReferat Uni-GH Duisburg, Freie Antifa Gelsenkirchen, Gruppe Internationaler SozialistInnen, Informationszentrum Dritte Welt Herne, Infobüro Nicaragua, Initiative gegen Ausgrenzung (Bielefeld), JungdemokratInnen/Junge Linke NRW, Duisburg, Essen, Neuss (JD/JL), Junge Linke Gelsenkirchen, Junge Linke Wesel, LAG Lesben NRW, Linke Liste der Uni Bochum, Linkes Netzwerk Bochum, Lobby für Menschenrechte e.V., medica mondiale, Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum, MIRA e.V., Naturfreundejugend Westfalen, PDS KV Neuss, PDS NRW, s.p.u.n.k. - antifa aachen, Stadtteilgruppe KR (Krefeld), Verein für politische Flüchtlinge Münster, VVN-BdA Neuss, WenDo-Trainerinnen - Regionalgruppe Ruhrgebiet, Wir Frauen (Zeitschrift), ya basta! junge linke HSK, ZIF (Zentrale Informationsstelle für autonome Frauenhäuser, Esslingen), Ulla Jelpke (MdB PDS)


Links

Vernetzung gegen Abschiebehaft