Köln, 12.7.2003 (2), 'Suche nach dem verlorenen Geld' - Demonstration durch das Villenviertel MarienburgBilder

Gegen den sozialen und kulturellen Kahlschlag in Köln

Aufruf zu gemeinsamer Kundgebung und Demonstration am 12.7.2003

Samstag, 12. Juli 2003
5 vor 12 Uhr Alter Markt

findet die gemeinsame Demonstration und Kundgebung gegen den sozialen und kulturellen Kahlschlag in Köln und Umgebung mit anschließender Demonstration durch die Innenstadt statt.

Die Abschlusskundgebung wird um ca. 14 Uhr, auf dem Alter Markt sein.

Für Demonstrierende aus dem Rechtsrheinischen: Treffpunkt: 11 Uhr, Stadthaus Deutz bei dem sogenannten "Technischen Rathaus" - ein Meilenstein der Politik von Klüngel und Umverteilung - und von dort aus Demonstrationszug über die Deutzer Brücke zum Alter Markt.

Im Anschluss an die zentrale Demonstration begeben wir uns auf die "Suche nach dem verlorenen Geld"
Treffpunkt: 16 Uhr, U-Bahn Haltestelle Bayenthalgürtel
Demonstration durch das Villenviertel in Marienburg, mit sachkundigen Erläuterungen von Experten.

Veranstalter: Initiative Kölner Sozialforum

Die Initiative Kölner Sozialforum hat sich zusammengefunden, um eine dauerhafte Vernetzung von sozialen und kulturellen Einrichtungen sowie engagierten Bürgerinnen und Bürgern anzustoßen, ein "Köln von unten", das der etablierten Politik eigene Vorstellungen entgegen setzt.


Warum sind die Kassen leer?

Hintergrundinformation des Kölner Sozialforums

Seit Jahren hören wir "Die Kassen sind leer."

Gleichzeitig wurde eine teure und überdimensionierte Müllverbrennungsanlage gebaut. Die Rechnung inklusive der Profite für RWE, Trienekens & Co. und der Schmiergelder an die Polit- Mafia bezahlen wir heute mit hohen Müllgebühren.

Für das Technische Rathaus in Deutz hat sich die Stadt über 30 Jahre zur Zahlung hoher Mieten und Betriebskosten an die Betreiber der Kölnarena verpflichtet - zum Wohle der privaten Investoren des Projekts: dem Esch-Fond der Oppenheim Bank.

Während in den Veedeln sozialer, kultureller und jugendpolitischer Kahlschlag geplant ist, werden auf der anderen Seite Millionen für die Bewerbung als europäische Kulturhauptstadt, für die Infrastruktur rund ums neue Stadion, den Rheinauhafen oder den ICE- Terminal Deutz veranschlagt.

Während von Friedhofsgebühren bis Zweitwohnungssteuer über höhere Abgaben beraten wird, während Sozialhilfeempfängern immer weitere Kürzungen zugemutet werden, ist eine Erhöhung der Gewerbesteuer für Unternehmen tabu - sie ist seit 16 Jahren auf dem selben Stand eingefroren! Von welchen anderen Gebühr oder Steuer hat man dies je gehört?

Nur die Reichen können sich eine arme Stadt leisten - wir nicht. Wir haben genug von der Politik der Umverteilung von unten nach oben.


Kooperation

Hintergrundinformation zu Otto Wolff und Otto Wolff von Amerongen aus 'Die Liebe höret nimmer auf - Portraits von Persönlichkeiten der deutschen Wirtschaft', Projekt der Arbeiterfotografie Köln

Otto Wolff (1881-1940)

gründet 1904 zusammen mit Ottmar Strauß einen Eisengroßhandel, betreibt im Ersten Weltkrieg Handel mit Eisen und Stahl, setzt ab 1916 die Kriegsgewinne in Beteiligungen an Aktiengesellschaften um (Vereinigte Stahlwerke van der Zypen, Wissener Eisenhütten AG, Phoenix AG, Rheinische Stahlwerke, Stolberger Zink AG)

unterstützt gemeinsam mit der IG Farben und Krupp den am 1. Dezember 1932 zum Reichskanzler berufenen und mit der Strasser-Gruppe der NSDAP kooperierenden General Kurt von Schleicher (sein Ziel: 'Militärdiktatur mit Massenbasis'), zahlt zu diesem Zweck 1932 mindestens 180.000 RM an Gregor Strasser, Gründer der Berliner SA und Reichsorganisationsleiter der NSDAP

ist 1940 Mitglied in 19 Aufsichtsräten (u.a. bei AEG, Daimler-Benz, Mannesmann und in der Montanindustrie)

Otto Wolff von Amerongen (*1918)

übernimmt 1940 nach dem Tod seines Vaters den zum 'nationalsozialistischen Musterbetrieb' ernannten Otto-Wolff-Stahlkonzern

wird Offizier des Geheimdienstes 'Abwehr' und übernimmt 1940/41 von der unter der Leitung von Reichsmarschall Hermann Göring stehenden Vierjahresplanbehörde Geheimaufträge: so spekuliert er für den NS-Staat mit Aktien; sorgt für die Verwertung von durch sog. Devisenschutzkommandos in den besetzten Ländern geraubten Aktien, u.a. durch Einrichtung von Tarnfirmen in der Schweiz und in Monte Carlo; organisiert in Portugal die Lieferung des kriegswichtigen Edelmetalls Wolfram an das Deutsche Reich und sorgt dafür, daß der Otto-Wolff-Konzern durch seine Monopolstellung zu den großen Kriegsgewinnlern wird: "Das war meine beste Zeit, nachher machte ich keine Karriere mehr im Vergleich zu damals."

Am 25. Juni 1941, drei Tage nach Beginn der 'Operation Barbarossa', des Überfalls auf die Sowjetunion, verfaßt der Leiter der Auslandsabteilung des Otto-Wolff-Konzerns einen Aktenvermerk, in dem Pläne zur Aneignung von Werken der südrussischen Eisenindustrie formuliert werden, die "Werke 22, 23 und 24 sowie das Werk 41" seien "zur Betreuung ... durch die Gruppe Otto Wolff vorgesehen".

ist ab 1956 Vorsitzender des von Wirtschaftsminister Ludwig Erhard eingerichteten Ost-Ausschußes der Deutschen Wirtschaft, Aufsichtsrat der Deutschen Bank, ab 1967 Präsident der Industrie- und Handelskammer Köln, ab 1969 Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstages, unterstützt die CDU, unterzeichnet z.B. im Zuge der Bundestagswahl 1972 zusammen mit mehr als 60 weiteren Wirtschaftsführern eine Anzeige 'Wir können nicht länger schweigen!" zugunsten von CDU/CSU

wird 2001, als seine Zusammenarbeit mit dem Nazi-Regime bekannt geworden ist, von Bundespräsident Rau mit dem Großkreuz des Bundesverdienstordens, der höchsten Stufe des Bundesverdienstkreuzes ausgezeichnet


Heldentum

Hintergrundinformation zur Familie der Freiherren von Oppenheim aus 'Die Liebe höret nimmer auf - Portraits von Persönlichkeiten der deutschen Wirtschaft', Projekt der Arbeiterfotografie Köln

Simon Alfred Freiherr von Oppenheim (1864-1932)

ist ab 1893 Teilhaber von Sal. Oppenheim Jr. & Cie, eines Kölner Bankhauses, das 1789 gegründet wurde und sich bereits in der Frühphase der deutschen Kolonialpolitik insbesondere in Afrika engagiert, begegnet 1913 der 'jüdischen Gefahr', indem er die Übernahme des Scherl-Verlags durch 'Mosse-Ullstein' verhindert und 59 Geldgeber zusammenführt, die den Scherl-Verlag übernehmen, darunter Emil Kirdorf, Mitglied des antijüdischen Alldeutschen Verbands, wird dafür mit dem Kronenorden 2. Klasse ausgezeichnet, zieht 1914 mit seinen vier Söhnen als Freiwilliger in den Krieg

Am 21.2.1919 wird der jüdische, sozialistische Ministerpräsident der bayerischen Republik, Kurt Eisner, erschossen; der Mörder ist Anton Graf Arco-Valley; der hatte am 30.11.1918 einen Brief erhalten, in dem es heißt, es sei "unerhört, daß sich ein Land wie Bayern von einem Narren wie Kurt Eisner... terrorisieren läßt. Auf Dauer ist dieser Zustand natürlich unhaltbar..."; der Brief an den Grafen Arco-Valley stammt von dessen Onkel: Simon Alfred Freiherr von Oppenheim; Graf Arco-Valley wird zum Tode verurteilt; es läßt sich aber erreichen, daß das Urteil in lebenslange Haft gewandelt wird und der 'Heldensohn', als der er von seinem Onkel bezeichnet wird, nach fünf Jahren auf freien Fuß gesetzt wird.

Waldemar Freiherr von Oppenheim (1894-1952)

Sohn Simon Alfreds, dient im Ersten Weltkrieg bei den Ziethen-Husaren, wird mit dem Eisernen Kreuz zweiter und erster Klasse ausgezeichnet und zum Hohenzollernorden eingereicht, ist ab1922 einer der Teilhaber des Bankhauses (die in mehr als 100 Aufsichtsräten sitzen), übernimmt 1932 die Leitung mit Bruder Carl Friedrich und Dr. Robert Pferdmenges (der auch während des Krieges Mitglied in diversen Aufsichtsräten, u.a. in der Rüstungsindustrie ist)

hält sich nach dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 versteckt, um einer Verhaftung zu entgehen, gehört 1945 zu den 42 Vertretern aus Schwerindustrie und Hochfinanz, die von einem Ausschuß des US-Senats als mitschuldig an den Kriegsvorbereitungen und den von den Nazis verübten Verbrechen geführt werden, ist wieder im Bankgeschäft tätig

Alfred Freiherr von Oppenheim (*1934)

betreibt die Verhinderung der Ausstellung über die Wehrmachtsverbrechen, bringt 1998 in den Freundeskreis des Kölner Stadtmuseums eine Resolution ein, in der von "Zweckentfremdung des Museums durch eine... private, parteiische und wissenschaftlich unhaltbare Ausstellung" gesprochen wird.

Im Besitz von Familie Oppenheim befinden sich bis heute die Bank, Großgrundbesitz, darunter Rittergut und Gestüt Schlenderhan, sowie Beteiligungen, insgesamt im Wert von mehreren Milliarden Mark; 1998 vermittelt das Bankhaus die Fusion von Daimler-Benz und Chrysler (Umsatz zusammen mehr als 230 Milliarden Mark).


Links

Kölner Sozialforum - Die Stadt gehört uns
attac - Arbeitskreis Kölner Sozialforum
"Die Liebe höret nimmer auf - Portraits von Persönlichkeiten der deutschen Wirtschaft" - Projekt der Arbeiterfotografie Köln