Cochem (Mosel), 3.3.2004, Aktion vor dem Amtsgericht anläßlich der Gerichtsverhandlung gegen AtomwaffengegenerInnen |
Gerichtsprozesse gegen AtomwaffengegenerInnen Information der Friedenszeitung Duisburg zu den Gerichtsterminen 3. März 2004 ab 10 Uhr 30 am Amtsgericht Cochem, Ravenstr. 39 und 4. März ab 9 Uhr vor dem Landgericht Stuttgart, Urbanstr. 20 Am 3. März steht ab 10 Uhr 30 am Amtsgericht Cochem, Ravenstr. 39, die Verhandlung gegen Julia Bäuerlein, Johannes Plotzki (beide Trier), Martin Otto (Wetzlar), Hermann Theisen (Heidelberg), Sabine Teubert (Leipzig) und Wolf-Dieter Wiebach (Berlin) wegen Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung an. Sie haben am 23. Mai 2003 an der sechsten Zivilen Inspektion der Gewaltfreien Aktion Atomwaffen Abschaffen (GAAA) am Atomwaffenstützpunkt Büchel/Südeifel teilgenommen, um gegen die völkerrechtswidrige nukleare Abschreckung und gegen die nukleare Teilhabe Deutschlands zu protestieren. In Büchel üben deutsche Soldaten mit Bundeswehr-Tornados und US-Atombomben den Einsatz im Ernstfall. Der Internationale Gerichtshof hat 1996 in einem Rechtsgutachten den Einsatz, sowie die Drohung mit Atombomben für generell völkerrechtswidrig erklärt. Am 4. März muss sich ab 9 Uhr der baden-württembergische DFG-VK Landesgeschäftsführer Roland Blach in einer Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Stuttgart, Urbanstr. 20, wegen "öffentlicher Aufforderung zu Straftaten" verantworten. Roland Blach war als Koordinator der GAAA an der Organisation einer zivilen Inspektion des Atomwaffenstützpunktes Büchel (30.9.2001) beteiligt. Blach wurde vom Amtsgericht Ludwigsburg am 9.7.2002 zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt, der im September 2001, kurz vor der Zivilen Inspektion, bei einer Hausdurchsuchung beschlagnahmte PC der GAAA wurde einbehalten. Neben seiner Aufgabe als Landesgeschäftsführer der DFG-VK koordiniert Blach weiterhin die Aktionen der GAAA. Wir freuen uns über alle, die uns durch ihre Teilnahme an der Verhandlung unterstützen wollen. Prozesstermine:
Auf dem Fliegerhorst bei Büchel in der Nähe von Cochem (Südeifel) werden seit 1965 Atomwaffen der USA gelagert. Zur Zeit vermutlich 11 Atombomben vom Typ B 61, die Schätzungen zufolge einer Sprengkraft von über 150 Hiroshima-Bomben entsprechen. Auf dem Fliegerhorst ist das Jagdbombergeschwader 33 der Bundesluftwaffe stationiert. Es stellt mit seinen Tornado-Kampfflugzeugen die Trägersysteme für die Atomwaffen bereit und eben damit die nukleare Teilhabe der Bundeswehr an der Atomwaffenstrategie der USA dar. Somit setzt sich die Bundesregierung über ein Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofes vom 8. Juli 1996 hinweg, wonach der Einsatz von Atombomben mit jenen Anforderungen in Einklang zu bringen sein muss, die sich aus dem für bewaffnete Konflikte geltenden Völkerecht ergeben. Aufgrund ihrer verheerenden Wirkung vermögen Atomwaffen diesen Anforderungen nicht zu genügen, weshalb ihr Einsatz bzw. auch schon die Einsatzdrohung als völkerrechtswidrig zu betrachten sind. Diese Auffassung wird freilich von der Bundesregierung nicht geteilt. Noch im Februar 2002 hatte der damalige Verteidigungsminister Scharping - so eine Meldung von Phoenix online unter Berufung auf die Nachrichtenagentur AP - darauf hingewiesen, dass in Deutschland auch weiterhin US-Atom-Sprengköpfe stationiert bleiben und die Bundeswehr die von ihr bereitgestellten Tornado-Jagdbomber voraussichtlich bis zum Jahr 2020 zur Verfügung stellen wolle. Da Deutschland, so Scharping damals, in einem gemeinsamen Sicherheits-Bündnis über Jahrzehnte Vorteile gehabt habe, müsse es auch Verantwortung übernehmen. Die Frage, inwieweit jene Verantwortung die Grenzen unserer Verfassung überschreitet, blieb für Scharping offenbar irrelevant - ebenso wie aktuell für seinen Nachfolger Struck. Obwohl doch die gegenwärtige militärpolitische Entwicklung in den USA, die Otfried Nassauer treffend als die Rückkehr der Atomkrieger charakterisiert, Struck bzw. die Bundesregierung geradezu drängen müsste, die eigene nukleare Teilhabe am neu entfachten atomaren Rüstungswettlauf der USA kritisch zu reflektieren. Quelle: Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen Erlebnisbericht zur Zivilen Inspektion am 23. Mai 2003 von Johannes Plotzki Die sechste Zivile Inspektion des Atombombenstandortes in Büchel/Südeifel fand am vergangenen Freitag, den 23. Mai 2003 am frühen Nachmittag statt. Zu sechst schnitten wir den Zaun des Fliegerhorstes vom 33. Jagdbombergeschwader der Bundeswehr auf und drangen weit auf das Militärgelände vor. Mit unseren weißen Overalls, einem weißen Transparent mit der Aufschrift "Atomwaffen abschaffen" sowie einer regenbogenfarbenen PACE-Fahne waren wir deutlich als ZivilistInnen zu erkennen. Um auf uns aufmerksam zu machen, wurde außerdem noch laut ein Horn geblasen. Auf einem asphaltierten Weg kamen wir aus dem Waldstück im Süd-Westen des Fliegerhorstes hinaus und gelangten weiter über eine Fahrstraße zu der Start- und Landebahn, wo eine Stunde vorher noch drei Tornados gestartet waren. Als wir dann auf der Start- und Landebahn in Richtung Norden liefen, waren wir bereits 20 Minuten unentdeckt in diesem Militärgelände offen um hergelaufen, auf dem 10 Atombomben mit der 150-fachen Sprengkraft des Hiroshima-Bombenabwurfs lagern.. Obwohl wir nun direkten Sichtkontakt mit dem Tower des Fliegerhorstes hatten, dauerte es noch einmal 10 Minuten bis eine Militärstreife in einem Geländewagen auf uns zufuhr, als wir bereits nach ungefähr 500 Metern die Start- und Landebahn in Richtung der halb kreisförmig nebeneinander liegenden Hangars verließen, weil wir dort unsere Inspektion fortführen wollten. Einer der beiden Soldaten stieg aus dem Jeep und begrüßte uns mit den Worten: "Ah, Ihr seid für Frieden und gegen die Atombomben". Dies war einerseits durch unser Transparent, und andererseits durch ein Brief unsere Gruppe an Bundeskanzler Schröder, den Außenminister Fischer, den Botschafter der USA in Berlin, den Commodore des Fliegerhorstes von Büchel, sowie die zuständige Polizeidienststelle von Cochem deutlich geworden, in dem wir diese 6. Zivile Inspektion in Büchel für dieses Frühjahr 2003 angekündigt und unsere Motivation dafür begründet hatten. Dann meinte der eine Soldat noch, dass wir nun doch besser wieder dort das Gelände verlassen würden, wo wir es betreten hatten, da wir draußen mehr Öffentlichkeit bekämen. Wir entgegneten, dass wir zum Inspizieren der hier gelagerten Massenvernichtungswaffen seien, und verlangten von ihm Auskunft über deren genauen Lagerungsort, worauf der Bundeswehrsoldat sagte, dass er sich dazu nicht äußern dürfe. Außerdem warnte er uns noch vor einem eventuell freilaufenden Hund. Wir gingen dann weiter, in der Mitte einer Verbindungspiste zwischen den Flugzeughangars und der Start- bzw. Landebahn. Nun folgte uns das Militärfahrzeug in einem Abstand von ca. 50 Metern im Schritttempo. Am ersten Hangar, den wir erreichten, nahmen wir Messungen mit unserem mitgeführten Geigerzähler vor, während die Soldaten in ihrem Wagen hinter uns warteten. Wir gingen weiter auf der Verbindungspiste entlang der großen Hangars. In diesem Bereich werden die 10 US-Atombomben vermutet, da sie so im Bedarfsfall nah an den Tornados der Bundeswehr sind. Als wir auf dem Halbkreis der Verbindungspiste bald wieder die Start- und Landebahn erreichten, traf die Polizei von Cochem ein und nahm unsere Personalien auf. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir uns bereits 45 Minuten frei im Militärgelände bewegt gehabt. Neben einem weiteren Polizeiwagen trafen nun noch zwei andere Militärfahrzeuge ein, so dass wir nun eine Auswahl von Ansprechpartnern hatten, vom Wehrdienstleistenden bis zum Oberstleutnant und Major. Wir fragten auch diese, nach dem genauen Lagerungsort der Atombomben. Keiner von ihnen bestritt die Existenz dieser, sagten aber, dass sie darüber nicht reden dürfen. Der Wehrdienstpflichtige erzählte, dass er bei Beginn seines Dienstes auf die Lagerung der Atombomben hingewiesen wurde und unterschreiben musste, dass er darüber informiert wurde. Ein junger Berufssoldat sieht die Bewachung der Atombomben als "ganz normalen Auftrag" an, der sich nicht vom Streife fahren entlang des Zaunes unterscheide. Der anwesende Oberstleutnant, gleichzeitig Umweltbeauftragter des Standortes, entgegnete auf unsere Frage, wie man den die Bewachung der hier gelagerten US-amerikanischen Massenvernichtungswaffen mit Umweltschutzgedanken vereinbaren wäre, dass er ja auch was für die Umwelt tue. So habe allein auf dem Standort Büchel schon 12.000 Frösche über die Straße gerettet... Wir sagten ihm dann nur noch, dass dies den Fröschen recht wenig nützt, wenn eine Atombombe explodiere. Alle anwesenden Bundeswehrangehörige reagierten ausweichend auf unsere Behauptung, dass es schon recht bedenklich sei, sich als sechsköpfige Gruppe über eine halbe Stunde unbemerkt auf dem Militärgelände bewegen zu können. Und zwar nicht auf irgendeinem Bundeswehrstandort, sondern auf einem, wo völkerreichtswidrig 10 einsatzbereite Atombomben gelagert werden. Mit einem Bundeswehrkleinbus wurden wir zum Haupttor gefahren, von wo uns später ein Polizeikleinbus nach Cochem brachte. In der Polizeistation von Cochem wurden wir mit Kaffe versorgt, während wir einzeln verhört und einige noch ED-behandelt wurden. Alle sechs beteiligten InspektorInnen wurden wegen Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch angezeigt. Nach ca. 30 Minuten auf der Wache verließ der letzte der sechsköpfigen Aktionsgruppe das Polizeigebäude, vor dem unsere UnterstützerInnen schon warteten. Wir werten die sechste Zivile Inspektion des Atombombenlagers als Erfolg, da diese so weit in das Gelände führte, dass wir wirklich etwas inspizieren konnten, und nicht mehr nur von einem Versuch gesprochen werden kann. Zwar fanden wir die Atombomben nicht, aber wir erreichten durch unsere Konfrontation, dass die anwesenden Bundeswehrsoldaten die Existenz der Massenvernichtungswaffen offen zugaben. Wir wollten am 54. Jahrestag des Inkrafttretens der bundesdeutschen Verfassung einmal mehr deutlich machen, dass "von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen darf". Quelle: |