Düsseldorf, 10.4.2004 (1), 'Nein zur EU-Militärverfassung! Abrüstung statt Sozialkahlschlag!' - Ostermarsch RheinlandBilder

Ja zu einem sozialen Europa - Nein zur EU-Militärverfassung! Abrüstung statt Sozialkahlschlag!

Gemeinsamer Aufruf zum Ostermarsch Rhein und Ruhr

Die EU hat einen Entwurf für eine europäische Verfassung vorgelegt. Sie soll verabschiedet werden, ohne dass man alle EU-Bürger fragt. Diese Verfassung soll über den einzelstaatlichen Verfassungen stehen – auch das deutsche Grundgesetz, das Angriffskriege verbietet, wird Altpapier.

Nein zum Europa der Generäle!
  • Die geplante Verfassung macht Aufrüstung zur Pflicht für alle Mitgliedsstaaten.
  • Sie ermächtigt zur Führung von Angriffskriegen (Präventivkriegen).
  • Sie wird Freibrief zum militärischen Angriff auf „Drittstaaten“ unter dem Deckmantel der „Terrorbekämpfung“ und verpflichtet die EU-Mitglieder zur Leistung gegenseitigen militärischen Beistands.
  • Sie sieht ein militärisches Kerneuropa vor, in dem Deutschland wieder mit Weltmachtambitionen führend sein will.
Nein zum Europa der Konzerne!
  • Die geplante Verfassung gibt grünes Licht für die weitere Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge, der Altersvorsorge, der Energie- und Wasserversorgung, des Bildungs- und Gesundheitswesens.
  • Sie verpflichtet die EU-Staaten zum wirtschaftlichen freien Wettbewerb. Die sogenannte Dritte Welt soll Rohstofflieferant und Abnehmer europäischer Produkte bleiben.
  • Sie fördert die Atomindustrie: Der EURATOM-Vertrag wird in die EU-Verfassung aufgenommen.
  • Sie schränkt die demokratischen Rechte ein: Viele Beschlüsse sollen in der Europäischen Union ohne demokratische Diskussion hinter verschlossenen Türen zustande kommen.
„Von nun an gelten nur noch wirtschaftliche Macht und die militärischen Mittel, sie umzusetzen.“ Klaus Naumann, stellvertretender Oberbefehlshaber des Nato-Kriegs gegen Jugoslawien, spricht im Sinne der EU-Konzerne offen aus, was schon in den Verteidigungspolitischen Richtlinien von 1992 festgelegt worden ist: Es geht um den ungehinderten Zugang zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt.

Nein zur EU-Armee!

Eine Interventionstruppe von 60.000 Leuten soll über ein Jahr lang permanent in einem Aktionsradius von 4.000 Kilometern um die Grenzen der EU herum kriegerisch im Einsatz sein können, ein Einsatzbogen von Zentralafrika über den Kaukasus bis hinter den Ural. Milliardenschwere Rüstungsprojekte, an denen auch die deutsche Rüstungsindustrie kräftigt verdient, laufen schon: punktgenaue Distanzraketen, Lufttransportmaschinen, Kampfhubschrauber und Kampfbomber, Flugzeugträger, Satellitenaufklärungs- und -navigationstechnik. Erklärtes Ziel dieser Aufrüstungsprogramme ist es, die EU zur Nummer 1 beim weltweiten Krisenmanagement zu machen. Ende des Jahrzehnts soll die EU zu großen militärischen Operationen fähig sein, vergleichbar den US-Kriegen gegen Afghanistan und Irak. In Konkurrenz zu den USA sollen europäische Einflussgebiete ausgedehnt werden.

Deutschland als treibende Kraft

Schon in seiner Regierungserklärung vom April 2003 zur internationalen Lage hat Bundeskanzler Schröder erklärt, Europas Stimme in der Welt müsse vernehmlicher und wirkungsvoller werden, Europa müsse seine militärischen Fähigkeiten so weiter­entwickeln, dass sie unserem Engagement und unserer Verantwortung für Konfliktprävention und Friedenssicherung entsprechen. Friedenssicherung durch militärische Gewalt! Neuerdings macht Minister Struck sich stark für weltweiten Einsatz der Bundeswehr. Um die Vormachtstellung Deutschlands zu sichern, will die Regierung mit 18.000 Soldaten das größte nationale Kontingent der EU-Armee stellen. Diese Strategie ist mit der Agenda 2010 verknüpft. Vor allem die Sozialschwachen sollen bluten: Das Geld, das wir gemeinsam für soziale Zwecke erarbeiten, wird uns geraubt und für die tödliche Rüstung verbraucht.

Diese Politik ist Sozialraub und bedroht die Menschheit. Es ist höchste Zeit zur Umkehr!
  • Angriffskriege verhindern! Deutscher Drang nach militärischer Vorherrschaft in Europa und weltweit muss gestoppt werden!
  • Keine Auslandseinsätze der Bundeswehr und der EU-Armee!
  • Den sozialen Raubzug rückgängig machen! Die Rüstungsmilliarden für Soziales, Bildung und Gesundheit verwenden!
  • Die Aufrüstung der Bundeswehr stoppen!
  • ABC-Waffen abschaffen – mit den bei uns gelagerten anfangen!
  • Europa braucht eine demokratische, soziale und zivile Verfassung – unter demokratischer Beteiligung aller EU-Bürger!
Wir brauchen keine Marschflugkörper, Korvetten, Laser- und Streubomben! Wir brauchen soziale Sicherheit – in Deutschland, in Europa und weltweit! Kommt zum Ostermarsch 2004!

Quelle: www.friedenszeitung-duisburg.de


"Für ein friedliches und soziales Europa"

Presseinformation der AG Ostermarsch Rheinland 2004

Der Ostermarsch der Friedensbewegung im Rheinland findet auch in diesem Jahr wieder in Düsseldorf statt. Aktuell brennt den Friedensbewegten besonders der Entwurf zur neuen europäischen Verfassung unter den Fingernägeln. Die aufrufenden Gruppen aus Düsseldorf, Köln, Aachen und anderen Orten wünschen ein sozial gerechtes und friedensförderndes Europa. Die unsoziale Wirtschaftspolitik in der Europäischen Union, die EU-Militärstrategie vom Dezember 2003 und die im EU-Verfassungsentwurf festgeschriebene Pflicht zur Aufrüstung zerstörten jedoch die Vision von der „Zivilmacht Europa“. Beim Weg zur Europa-Verfassung würden die Bürgerinnen und Bürger weder beteiligt noch informiert. Die Bestimmungen des Grundgesetzes über Angriffskriege seien nur noch Makulatur, wenn der vorliegende Text verabschiedet würde. Eingeklagt werden am Ostersamstag Beiträge Europas zu weltweiter Gerechtigkeit, zur Ächtung aller ABC-Waffen, zur zivilen Konfliktlösung und zu einer glaubwürdigen Gestalt der - jüngst wieder im Irakkrieg der USA missachteten - Internationalen Rechtsordnung.

Zur Abschlusskundgebung vor dem Düsseldorfer Rathaus sprechen u.a. die bekannte Kölner Globalisierungskrikerin Prof. Maria Mies, der Friedensforscher Tobias Pflüger, Pater Wolfgang Sieffert OP für die christliche Friedensbewegung und Kurt Bender vom Friedensforum. Ein Friedensfest mit Musikprogramm, Malen für Kinder, Infoständen und „Cafeteria“ bildet den Rahmen.

Pressekontakt:
Peter Bürger (Ökumenisches Friedensnetz Düsseldorf)
Mail: peter@friedensbilder.de

Kontakt zur AG Ostermarsch Rheinland:
Irene Lang (Friedensforum Düsseldorf)
Mail: Irenelang@t-online.de

Internet-Infos u.a. auf:
www.ostermarsch-rheinland.de
www.attac.de/duesseldorf
www.ostermarsch.info

Orte und Zeiten
  • Samstag, 10.04.2004 Düsseldorf
  • 13.00 Uhr: Auftaktkundgebung Konrad-Adenauer-Platz (Bahnhofsvorplatz Düsseldorf, Innenstadt)
  • ab 13.30 Uhr: Friedensmarsch durch die Innenstadt durch Bilk [Stresemann, Graf Adolf, Cornelius, Fürstenwall, Kirchplatz, Elisabeth, Bilker Allee, Loretto, Fürstenwall, Zwischenhalt zur Gedenkplakette Jürgensplatz, Stadttor [Sitz der Staatskanzlei / Leiter und EU-Minister Kuschke], Mosel, Apollo Platz, Mannesmannufer, Zoll, Burgplatz, Marktplatz (Rathaus).
  • Abschlusskundgebung: 15.15 Uhr, Rathaus / Marktplatz
Redner/innen:
  • Detlef Peikert (Aachener Friedensforum) zum Auftakt / Begrüßung.
  • Beim Zwischenhalt Jürgensplatz erinnert Klaus Winkes, Mitglied des Kreisvorstandes der VVN/BdA Düsseldorf, an eine Widerstandsaktion kurz vor Kriegsende um den Oberstleutnant der Polizei Franz Jürgens, Theodor Andresen, Karl Kleppe, Josef Knab und Hermann Weil, die dafür von den Nazis hingerichtet wurden.
  • Auf der Kundgebung moderiert Elvira Hoegemann, Köln. Es sprechen:
  • Maria Mies, Köln (Soziologin, bekannte Globalisierungskritikerin)
    gib.squat.net/texte/maria-mies.html
  • Tobias Pflüger, Friedensforscher, IMI e.V. Tübingen
    www.tobias-pflueger.de www.tobias-pflueger.de/tp-bilder (Fotos)
  • Dominikanerpater Wolfgang Sieffert OP, Gefängnisseelsorger Düsseldorf (u.a. Ökumenisches Friedensnetz Düsseldorfer Christen & Christinnen www.ofdc.de)
  • Kurt Bender (Düsseldorfer Friedensforum)
Musik und anderes auf dem Ostermarsch Rheinland in Düsseldorf:
  • „Klaus der Geiger“ und „Sascha“ mit Gitarre spielen beim Auftakt und bei der Schlusskundgebung.
  • Bei der Schlusskundgebung vor dem Rathaus spielen zudem das Dulcimer-Folk-Duo 'SÜßHOLZ' mit Carsten Müller und Ansgar Halfkann, sowie Regina Weiss (Remscheid) mit Ostermarschliedern.
  • Eine Malaktion für die Kinder am Rathaus, organisert von Anne Aumann und Thomas Giese (Düsseldorf)
  • Infostände und die traditionell vom Friedensforum Düsseldorf u.a. organisierte "Cafeteria" des Ostermarsches
Zur Geschichte der Ostermärsche

In den 50er Jahren gründeten britische Atomwaffengegner die Campaign for Nuclear Disarmament. Die von ihnen an den Ostertagen 1958 veranstalteten Demonstrationen wurden mit einem Protestmarsch von London zum Kernforschungszentrum Aldermaston abgeschlossen. Als geistiger Vater der Ostermärsche gilt der britische Philosoph Bertrand Russell, der auch zum ersten Präsidenten der Kampagne wurde.

Auch in der Bundesrepublik Deutschland protestierten Atomwaffengegner gegen die geplante Ausrüstung der Bundeswehr mit Atomwaffen . Nach britischem Vorbild fanden bei uns 1960 die ersten Ostermärsche unter dem Motto „Kampf dem Atomtod“ statt.

In den folgenden Jahren gingen an den Osterfeiertagen immer mehr Menschen für den Frieden auf die Straße. In fast allen Gegenden der Republik gab es Ostermärsche. Die Demonstranten forderten ein Ende der atomaren Bewaffnung und des nuklearen Wettrüstens. Die Bewegung wurde immer stärker. 1968 nahmen rund 300.000 Menschen an den Ostermärschen teil. Schriftsteller, Künstler, Theologen und Gewerkschafter unterzeichneten die Aufrufe. Die Ostermarschierer waren zu einer Massenbewegung geworden. Gleichzeitig wurden sie zur Basis für die Friedensbewegung und die Außerparlamentarische Opposition (APO).

Mit dem Beginn der Entspannungspolitik Willy Brandts verloren die Ostermärsche an Bedeutung. Das änderte sich 1979 mit dem Nato-Doppelbeschluss zur Stationierung von Atomwaffen in der Bundesrepublik. 1983 beteiligten sich bundesweit etwa 700.000 Menschen an verschiedenen Aktionen zum Frieden. Mit Gorbatschows Perestroika, dem Ende des kalten Krieges zwischen Ost und West und dem Fall des "Eisernen Vorhangs" nahm das Interesse an den Ostermärschen wieder ab. Die Zahl der Teilnehmer sank. Lediglich während des Golfkrieges machten nochmals 100.000 Menschen mit.

Weitere Infos unter:
www.friedensratschlag.de
www.arbeiterfotografie.com
www.friedenskooperative.de (speziell zur Historie der Ostermärsche)

Zur Militarisierung der Europäischen Union

Am 12.12.2003 scheiterte in Rom die Verabschiedung einer gemeinsamen europäischen Verfassung am Widerstand von Polen und Spanien. Die grundsätzlichen Aussagen der Verfassung zu Fragen der Militarisierung gehören nicht zu den strittigen Punkten. Für die neue EU-Interventionstruppe mit 60 000 Mann und Frau wird Deutschland das größte Kontingent stellen. Ein europäisches Amt für Rüstung, Forschung und militärische Fähigkeiten soll neu eingerichtet werden. Was fehlt, ist ein Amt für zivile Konfliktbearbeitung und Krisenprävention. In seiner Bedrohungsanalyse unterscheidet sich der EU-Verfassungsentwurf kaum von der Nationalen Sicherheitsstrategie von Präsident George W. Bush. Auch Präventivkriege sieht der Verfassungsentwurf als gerechtfertigt an. Da die neue EU-Verfassung über dem Grundgesetz und den anderen nationalen EU-Verfassungen stehen wird, kommt dem Text größte Bedeutung zu. Umso mehr erstaunt es, daß in der Öffentlichkeit kaum über diese weitreichenden Veränderungen diskutiert wird. Noch gibt es die Möglichkeit, durch öffentlichen Druck die zunehmende Militarisierung der EU zu verhindern.

Clemens Ronnefeldt (Friedensreferat des deutschen Zweiges des Internationalen Versöhnungsbundes www.versoehnungsbund.de)


Zur Mahnung
"Der Tod ist ein Meister aus Deutschland" (Paul Celan)

Gedenktafel am Polizeipräsidium Jürgensplatz

In diesem Hause der Polizei waren 1933-1945 zur Verfügung der Gestapo (Geheime Staatspolizei im SS-Staat) für Stunden, Tage oder Wochen insgesamt 7101 Männer und 851 Frauen eingesperrt. Viele wurden von hier aus in Konzentrationslager gebracht. Andere töteten sich selbst, weil sie die Folterungen nicht ertragen konnten. Todesnot litten sie alle.

Auch der Kommandeur der Schutzpolizei Oberstleutnant Franz Jürgens und die Bürger Knab, Kleppe, Weill und Andreesen waren hier am 16. April 1945 inhaftiert, weil sie versucht hatten, die Stadt Düsseldorf kampflos an die alliierten Befreier zu übergeben, um Tod und Zerstörung Einhalt zu gebieten.

Nach einem standgerichtlichen Mordurteil in der Nacht zum 17. April 1945 wurde Jürgens mit seinen Getreuen im Hof der Berufsschule an der Färberstraße erschossen und verscharrt. Ein Düsseldorfer Schwurgericht erklärte 1949 jenes Mordurteil für rechtens. Dem hat sich 1952 der Bundesgerichtshof angeschlossen.


"Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus"

Rede von Klaus Winkes, Mitglied des Kreisvorstandes der VVN/BdA Düsseldorf, beim Zwischenhalt am Jürgensplatz

Wenn uns die Route der ältesten und kontinuierlichsten Friedensbewegung der Bundesrepublik, der Ostermarschbewegung, in diesem Jahr zum Jürgensplatz in Düsseldorf führt, dann ist dies bewusst geplant. Am 16. und 17. April jeden Jahres jährt sich der Tag des Kriegsendes für Düsseldorf. Mit einer kurzen Kundgebung an diesem Platz wollen wir stellvertretend für Tausende von antifaschistischen Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfern, ob Kommunisten, Sozialdemokraten, Gewerkschaftern oder Christen, jener Düsseldorfer Bürger gedenken, die an diesen Tagen im April 1945 durch ihre mutige Tat vielen Düsseldorfer Bürgerinnen und Bürgern weiteres Leid und Elend ersparten.

Was war geschehen ? Düsseldorf war seit Februar 1945 Frontstadt. Die amerikanischen Truppen waren bereits bis in die Nähe und Vororte Düsseldorfs vorgerückt und bereiteten den Sturm auf die Stadt vor. In dieser Situation erteilte der damalige Gauleiter Florian den Befehl, das die noch verbliebenen sog. „Verteidiger“, einige Militärs, Volkssturm und Schutzpolizeibeamte, alle wichtigen Versorgungsbetriebe wie Gas- und Wasserleitungen und Verkehrseinrichtungen zerstören sollten. Es sollte lediglich verbrannte Erde hinterlassen werden.

Nach Bekanntwerden dieses verbrecherischen Befehls entstand bei einigen Düsseldorfer Bürgern der Plan, dieses zu verhindern und die Stadt kampflos an die Amerikaner zu übergeben um weiteres Blutvergießen zu vermeiden. Mittels zweier Emmissionäre sollten die Amerikaner von diesem Vorhaben informiert werden.

Wer waren nun diese Bürger ? Wie wir wissen, gehörte keiner dieser Männer einer der damals auch in Düsseldorf existierenden antifaschistischen Kampforganisationen wie z. B. der Antifako um Hermann Smeets oder anderen an. Theodor Winkens war mit einer Jüdin verheiratet und hatte aufgrund seiner Weigerung, sich von seiner Frau scheiden zu lassen, Probleme mit den faschistischen Machthabern, der Architekt Aloys Odenthal handelte aus seiner christlich Überzeugung heraus. Man traf sich hin und wieder zu Gesprächen über die politische Lage, woran auch manchmal der Rechtsanwalt Dr. Müller beteiligt war. Dieser stellte den Kontakt her zu einer Gruppe in der Innenstadt um den Rechtsanwalt Dr. Wiedenhofen, den Schreinermeister Ernst Klein, den Bäcker-Meister Josef Lauxtermann, den Malermeister Karl Kleppe und später den Ingenieur Josef Knab. Dieser Kreis traf sich mehrmals im Monat zu Gesprächskreisen und ihre gemeinsame Haltung gegen das Naziregime einigte sie. Es wurde aber zunächst nur darüber geredet. Von der Gruppe wurden keine Aktionen wie von den aktiven antifaschistischen Gruppen durchgeführt.

In dieser zugespitzten Situation nun entschieden diese Männer, sich der sicheren Zerstörung Düsseldorfs entgegenzustellen und wenn möglich zu verhindern. Sie wussten aber, dass man dafür die Hilfe einer bewaffneten Organisation benötigen würde. Die Schutzpolizei schien die einzige Möglichkeit zu sein, diesen Plan zu verwirklichen. Josef Knab war mit einem Polizisten bekannt, der im Vorzimmer des Kommandeurs der Schutzpolizei, Franz Jürgens, saß. Von Knab wusste man, dass sich Franz Jürgens, obwohl NSDAP-Mitglied, vehement gegen den Zerstörungsbefehl Florians ausgesprochen hatte.

Man entschied, Oberstleutnant Jürgens einzuweihen und für den Plan zu gewinnen. Dies gelang und Jürgens sagte seine Unterstützung zu und entwickelte einen Plan zur Umsetzung. Als erstes war es wichtig, den damaligen Polizeipräsidenten, SS-Brigadeführer Korreng festzunehmen und selber die Führung der Schutzpolizei zu übernehmen und die entsprechenden Befehle zur kampflosen Übergabe an die Amerikaner zu erteilen. Gesagt getan, Korreng wurde festgenommen und ins Polizeigefängnis eingeliefert. Mit Hilfe des stellvertretenden Polizeipräsidenten Dr. Dr. Goetsch, der ebenfalls eingeweiht wurde und die Aktion unterstützte, erhielten Aloys Odenthal und Dr. Wiedenhoven ein offizielles Dokument des Polizeipräsidenten, mit dem sich diese zu den Amerikanern durchschlagen konnten und diese überzeugen konnten, die weitere Zerstörung Düsseldorfs zu verhindern.

Während Aloys Odenthal und Dr. Wiedenhoven unterwegs waren, wurde die Aktion von einem Mitarbeiter Korrengs , der nie identifiziert werden konnte, verraten. Fallschirmjäger befreiten SS-Brigadeführer Korreng und kurz darauf wurden Kleppe, Knab, Andresen und Weill und später Oberstleutnant Jürgens festgenommen. Noch am gleichen Nachmittag tagten zwei Standgerichte, eines im Parkhotel am Hofgarten, wo Jürgens zum Tode verurteilt wurde, und eines in der Schule an der Stoffeler Str., wo Andresen, Kleppe, Knab und Weill ebenfalls zum Tode verurteilt wurden. Die fünf Todesurteile wurden noch in der Nacht des 17. 4. 45 auf dem Hof der Berufsschule Färberstrasse vollstreckt.

Aloys Odenthal, der spätere Ehrenbürger der Stadt Düsseldorf, der leider im letzten Jahr verstorben ist, erfuhr von diesen Vorgängen erst, nachdem er mit den Amerikanern in Düsseldorf eintraf. Oberstleutnant Jürgens wurde geehrt, indem dieser Platz in Jürgensplatz umbenannt wurde.

Wie übrigens üblich in der Nachkriegsgeschichte wurden die Verantwortlichen für diese Morde in mehreren Gerichtsverfahren bis zum Bundesgerichtshof für ihre Taten nicht verurteilt. Der Bundesgerichtshof kam in letzter Instanz zu der Auffassung, dass es sich bei dem Verhalten dieser Männer nach im Jahre 1945 geltenden Recht um „Kriegsverrat“ gehandelt habe. Die Urteile seien rechtmässig gewesen. Die drei Angeklagten Gauleiter Florian, Oberstleutnant der Schutzpolizei Brumshagen und Oberleutnant Gesell wurden freigesprochen.

Die mutige Tat dieser Düsseldorfer Bürger soll uns Ansporn sein nicht nachzulassen in unserem Kampf gegen Militarisierung, Krieg und Neofaschismus. Wir sagen: nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus.


Globalisierung führt zum Krieg

Rede von Prof. Maria Mies, Köln, Ostermarsch Rheinland 2004 in Düsseldorf

Die meisten Menschen glauben immer noch, dass Handel eine friedliche Angelegenheit sei und dass Kriege diesen „friedlichen Handel“ behindern. Wenn wir uns aber die ältere und jüngere Geschichte des globalen, kapitalistischen Freihandels ansehen, stellen wir fest, dass Kriege bis heute diesen Handel vorbereiten, begleiten und ihm folgen. Nach den Worten eines holländischen Kolonisators aus dem 17. Jh. kann „Handel nicht ohne Krieg, noch Krieg ohne Handel geführt werden.“

Versprechungen

Diese Erkenntnis erleben wir heute im Zeitalter der konzerngesteuerten, neoliberalen Globalisierung ganz konkret. Nach dem Ende der Blockkonfrontation um 1989 folgt ein Krieg auf den anderen. Gleichzeitig wurden auch weltweit die sogenannten neoliberalen Wirtschaftsreformen durchgesetzt, zuerst von Weltbank und IWF, später durch die WTO. Sie waren begleitet von großartigen Versprechungen wie:

Der freie Welthandel schafft Wachstum, Arbeitsplätze, Wohlstand für alle, Freiheit, Demokratie und schließlich Frieden im globalen Dorf. Voraussetzung sei allerdings, das sich der Staat aus der Wirtschaft heraushalte. Der freie Weltmarkt und die universale Konkurrenz werde diesen paradiesischen Zustand, „wie durch eine unsichtbare Hand“ schaffen. So Adam Smith, ein Vater der Freihandelslehre. Der ehemalige CDU-Wirtschaftsminister Rexrodt sagte: „Wirtschaftspolitik wird in der Wirtschaft gemacht.“

Diese neue Wirtschaftspolitik basiert auf den grundlegenden Prinzipien: Globalisierung, d.h. Öffnung aller Grenzen für den freien Handel, Deregulierung bzw. Liberalisierung aller Gesetze und Regeln, die diesem Handel im Weg stehen, Privatisierung allen öffentlichen Eigentums wie der Telekommunikation, der Energie-, Verkehrs-Wasser-Bildungs-Krankenversorgungssysteme und vieler anderer öffentlicher Betriebe. Das Leitmotiv dieser Privatisierungen ist die Suche nach dem privaten Profit und die universale Konkurrenz. Arbeits-, Umwelt- und andere soziale Regelungen werden diesen Zielen untergeordnet.

Die Realität

Doch was ist aus den großartigen Versprechungen geworden? Weltweit haben Arbeitslosigkeit, Armut und Analphabetentum zugenommen. Wer kein Geld hat, kann sich weder die privaten Schulen noch das private Krankenhaus leisten. In vielen Ländern des Südens, wie z.B. in Indien sind ganze Flüsse wie der Ganges an transnationale Wasserkonzerne wie Suez oder Vivendi verkauft worden. Wenn Bauern dann noch Wasser aus diesen Flüssen nehmen, gilt das als Diebstahl. Nur wer Geld hat, bekommt Wasser. Coca Cola hat das Grundwasser in Kerala angezapft, um Trinkwasser in Flaschen zu füllen, die weltweit, eventuell auch hier verkauft werden. Die Folge, sämtliche Brunnen in der Umgebung der Fabrik sind ausgetrocknet. Im Kongo will die Regierung mit Hilfe der Weltbank den Tropenwald abholzen. In Indien hat es in den letzten Jahren eine ganze Epidemie von Selbstmorden unter Bauern gegeben, die ihre Schulden nicht mehr bezahlen konnten. Agrarmultis und Banken hatten sie überredet, für gentechnisch manipuliertes Saatgut Kredite aufzunehmen. Die Ernten waren ein Flop und sie blieben auf ihren Schulden sitzen.

Die Kluft zwischen den Globalisierungsgewinnern und der Masse der Globalisierungsverlierer ist heute größer denn je und wächst weiter. Das geben selbst die UNO und die Weltbank zu. Das gilt auch für die Kluft zwischen den reichen und den armen Ländern. Die Zahl der Menschen, die heute von einem Dollar/Tag leben müssen, hat in den letzten Jahren zugenommen. Da die Regierungen der meisten armen Länder Mitglied der WTO geworden sind, haben sie eine eigenständige Wirtschaftspolitik zum Wohle ihrer Bevölkerung aufgegeben. Auch sie haben den Versprechungen der Globalisierer geglaubt.

Jetzt stellen viele fest, dass die reichen Länder sie wie Neokolonien ausplündern und dass sie nichts dagegen machen können. Der Finanzcrash in Südostasien (1997/98) hat Millionen von Menschen arbeitslos gemacht und in den Ruin getrieben. Er war verursacht durch die Öffnung der Kapitalmärkte für alle möglichen Spekulationen. Profitiert haben davon westliche Konzerne und Banken. Der kanadische Ökonom Chossudowsky nennt dies einen Krieg, in dem kein Blut floss. Doch diese neoliberale Politik führt auch zu blutigen Kriegen.

Die Weltbank hat selbst zugegeben, dass die neue Politik der Globalisierung, Deregulierung und Privatisierung zu sozialen Konflikten führen werde. Aber schließlich sei dies zum Wohle aller. Wir können jedoch feststellen, dass es hier tatsächlich um soziale Kriege geht. Ihre Folgen sind in vielen Ländern Kriege und gar Genozide. Diese Kriege werden dann durch uralte ethnische oder religiöse Unterschiede erklärt, nicht aber als Folge der Globalisierungspolitik.

Der soziale Krieg ist jedoch auch in die reichsten Länder zurückgekehrt, in die USA, nach England und nach Deutschland und die EU insgesamt. Auch hier geht die Schere zwischen Globalisierungsgewinnern und -Verlierern immer weiter auf. Auch hier wachsen oder stagnieren die Arbeitslosenzahlen, es gibt mehr Obdachlose und Bettler als vorher, viele Menschen müssen 2-3 Jobs haben, um überleben zu können. Um die neoliberalen „Reformen“ in Deutschland, wenn auch verspätet durchzusetzen, beraubt die Regierung die Rentner, die Alten, die Kranken und die Jugend und nennt dies alles notwendig, um den „Sozialstaat umzubauen und so zu retten“. Die Politiker betonen, dass andere Länder wie etwa England diese Reformen schon in den neunziger Jahren durchgeführt hätten. Hätten sich die deutschen Politiker z. B in England umgesehen, hätten sie auch gewusst, was die Resultate dieser Politik waren und sind, nämlich die tatsächliche Abschaffung des Sozialstaates.

Was wir heute erleben, ist auch in unseren Ländern schon ein regelrechter sozialer Krieg. Prinzipien wie Solidarität, Mitverantwortung, soziale Gerechtigkeit, Vorsorge für die Zukunft, Schutz der Umwelt werden alle auf dem Altar des ungebremsten Profits und der Konkurrenz geopfert. Es zählt nur der platte Egoismus und die betriebswirtschaftliche Logik. Das gilt selbst für karitative Einrichtungen. Nicht nur alle Parteien sondern auch die meisten Medien betrachten diese kapitalistische Politik als alternativlos.

Das neue Kriegssystem

Als genau so alternativlos haben sie akzeptiert, dass Kriege und Militarismus nun wieder „normal“ geworden sind. Kanzler Schröder hat es sogar als Fortschritt bezeichnet, dass die „Tabuisierung des Militärischen“ bei uns durchbrochen wurde. Zwar war er aus wahltaktischen Gründen gegen den Irakkrieg, aber er und seine Regierung gehören zu den heftigsten Betreibern einer europäischen Militarisierung, wie sie die geplante EU- Verfassung vorsieht.

Die grün-rote Bundesregierung hat jedenfalls dem Nato-Angriffskrieg im Kosovo zugestimmt und Truppen entsandt. Sie macht mit bei dem Anti-Terror-Krieg der US-Regierung in Afghanistan. „Am Hindukusch werden deutsche Interessen verteidigt“ so Verteidigungsminister Struck. Im Irak hat sie sich zurückgehalten, hofft aber dennoch, dass sie bei der Verteilung der Kriegs-Beute und der Investitionen beim Wiederaufbau beteiligt sein werde.

Von Frieden im „globalen Dorf“ kann jedenfalls keine Rede sein. Im Gegenteil. Offensichtlich kommt die ökonomische Globalisierung eben nicht ohne Krieg aus. Thomas Friedmann von der New York Times hat dies unmissverständlich formuliert. Macdonalds könne seine Hamburger weltweit auf dem Fastfood- Markt nur verkaufen, weil McDonell (ein Rüstungskonzern) die dazu gehörigen Kampfjets liefert, die vom Pentagon, wenn notwendig, eingesetzt werden. Die „unsichtbare Hand“ des globalen Marktes kommt eben nicht ohne die „gepanzerte Faust“ des Krieges aus. Nach dem 11.9. 2001 sind die Rüstungsausgaben in den USA aber auch bei uns sprunghaft gestiegen. Man kann wieder hören, Rüstung schaffe Arbeitsplätze und kurbele die Wirtschaft an. Der Grund für diese neue/alte militär-ökonomische Logik: Die wichtigsten strategischen Resourcen für die neoliberalen, globalisierten Ökonomien sind Öl, Erdgas, Rohstoffe aus der ganzen Welt, aber auch ungehinderte Verkehrswege für den Transport von billigen T-Shirts aus China, Schuhen aus Vietnam, Lebensmittel aus der ganzen Welt, Autos aus Japan, Computer aus Korea usw.

Globalisierung führt nicht nur zum Krieg sondern braucht auch Krieg.

Dieser „freie Handel“ ist heute durch den Terrorismus bedroht. Darum gilt auch der Terrorismus als der neue große Feind. Alle neuen Kriegsstrategien haben sich auf diesen Feind eingeschossen. Er passt zu den neuen „Kriegen ohne Grenzen“.

Er kann überall auftauchen und liefert die Rechtfertigung für alle möglichen neuen Angriffskriege, vor allem gegen Länder, die sich gegen die konzerngesteuerte Globalisierung sträuben, wie z.B. der Irak. Thomas P.M. Barnett schreibt über die neue Weltkarte des Pentagon:

„Je weniger ein Land an der Globalisierung teilhat, desto eher wird es eine militärische Intervention der Vereinigten Staaten heraufbeschwören.“ (zit. in: Blätter für deutsche und internationale Politik, 5/2003)

Diese Länder werden durch Krieg für den globalen „Freihandel“ „geöffnet“. Dass dabei das Völkerrecht mit Füssen getreten wird und dass das eigene Volk und die Welt nach Strich und Faden belogen werden muss, war von Anfang an klar. Inzwischen gibt es die US-Regierung selbst zu. Doch das ist auch Teil des neuen globalen Kriegsystems. Zuerst wird zugeschlagen. Rechtfertigen kann man sich später. So glauben die Kriegsherren.

Krieg nach innen

Dieser Krieg nach außen hat sofort den Krieg nach innen zur Folge. Dazu gehört der soziale Kahlschlag ebenso wie die Aushöhlung der Demokratie durch immer weitere Sicherheitsgesetze, die Schaffung eines Klimas der universalen Verdächtigung, der Panik, der Fremdenfeindlichkeit und die Zerstörung dessen, was wir unter einer zivilisierten Gesellschaft verstehen. Angeblich wollten die Amerikaner diese Werte durch ihre Kriege am Golf einführen. Das Resultat kennen wir. Die diesjährige Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi sagte: „Kein Volk kann durch militärische Interventionen von außen zur Demokratie gebracht werden. Die muss das Volk schon selbst erkämpfen.“

Die Friedensdemonstrationen in den USA und in der ganzen Welt, der Erfolg der Anti-Globalisierungsbewegung in Cancun (Mexiko), die die WTO lahm legte, die hunderttausend, die im Januar beim Weltsozialforum in Mumbay (Indien), aus der ganzen Welt zusammengekommen waren, der Protest von Millionen von Menschen am letzten Samstag in Europa zeigen, dass die Menschen die Propagandalügen nicht mehr glauben, dass Kriege notwendig und die neoliberale, kapitalistische Globalisierung alternativlos sei.

Sie wollen eine andere Wirtschaft, eine andere Gesellschaft und eine andere Politik. Die Menschen glauben ihren Regierungen nicht mehr. Sie glauben nicht mehr an das Mantra, dass der globale Freihandel Wachstum, Arbeitsplätze, Wohlstand für alle, Gleichheit und Frieden bringen werde. Sie glauben vor allem nicht, dass der unverschämte Reichtum, der von einigen Globalisierungsgewinnern, wie z.B. Herrn Ackermann, an der Spitze der Gesellschaftspyramide angehäuft wird, schließlich nach unten „durchsickern“ und schließlich allen zugute kommen werde. Sie verstehen jetzt, dass das Bild, mit dem Butterwegge diese kapitalistische Gesellschaft beschreibt, nämlich der Paternoster, die Situation richtiger beschreibt: DIE EINEN STEIGEN AUF, WEIL ANDERE NACH UNTEN SINKEN.

Einige häufen obszöne Reichtümer an, weil die ganze Natur geplündert und zerstört wird. Das gilt nicht nur in einzelnen Ländern, sondern auch weltweit. Die Menschen beginnen zu verstehen, dass die neuen Kriege ein Resultat dieser globalisierten Wirtschaft sind.

Die neuen sozialen Bewegungen sind:
  • gegen die profitgesteuerte Globalisierung
  • gegen Kriege und die Militarisierung Europas
  • gegen den Sozialraub
  • gegen den Abbau der Demokratie
  • gegen den Krieg gegen die Natur und eine verlogene Politik.
  • Sie sind für eine solidarische, gerechte, umweltbewusste Welt, die in Frieden mit der Natur und anderen Völkern lebt.
  • Wir sind die Mehrheit! Wir sind das Volk! Wir sind der Souverän! Nicht die Konzerne! Nicht das Kapital!
Internethinweis: gib.squat.net/texte/maria-mies.html


Für ein soziales und friedliches Europa - Die Armen und die Militarisierung

Rede von Dominikaner Wolfgang Sieffert, Ostermarsch Rheinland 2004

„Jedes Gewehr, das produziert wird,
jedes Kriegsschiff, das vom Stapel läuft,
jede Rakete, die abgefeuert wird,
ist in letzter Konsequenz ein Diebstahl:
an denen, die hungern und nicht gespeist werden,
an denen, die frieren und nicht gekleidet werden können."
US-Präsident Dwight D. Eisenhower, 16.4.1953

Liebe Freundinnen und Freunde,

ich komme mir fast wie ein Depp vor, wenn ich hier vor Euch und Ihnen daran erinnere
  • dass nicht erst Krieg, sondern schon militärisches Rüsten tötet,
  • dass fast eine Milliarde Menschen hungert - also langsam stirbt,
  • täglich 20.000 Kinder Hungers sterben und im gleichen Zeitraum allein die USA eine Milliarde Dollar für Militär vergeudet,
  • dass die Armen ärmer und die Reichen reicher gemacht werden.
Und nicht nur wir hier wissen das, nein, auch die allermeisten, die jetzt nicht hier sein können oder wollen. Aber aus diesem Wissen werden nur die allermindesten Konsequenzen gezogen, die nötig sind, um Reichtum und Macht dauerhaft zu sichern.

Die Ausgaben für militärische Massenmordtechnologie kommen angesichts wachsenden Elends massenhaftem Mord gleich. Unrechtsverhältnisse, in denen sich einige bereichern, werden mit Waffen abgesichert.

Mehrfach bedrohen Rüstung und Interventionsdoktrinen die Menschen: neben Kriegen und Verarmung ist ein schleichender Verlust des Wertes jedes menschlichen Lebens die Folge. Das greift dann prima ineinander, wenn nicht die Reichen, sondern Arme und Normalverdienende die Lasten des Gemeinwesens bezahlen sollen. Die jährlich steigenden Wirtschaftserträge werden aus dem Blick gehalten und eine perverse Lüge greift in immer mehr Köpfen immer mehr Platz: dass die Armen selbst schuld seien. Arbeitslose, MigrantInnen, Kranke, Behinderte und Alte seien schuld am rasanten Sozialabbau, den wir erleben. Ihnen wird alle Last aufgebürdet, das große Geld bleibt von der verfassungsgemäßen Sozialverpflichtung befreit.

In höchstem Maße ärgerlich ist es da, dass der Verfassungsentwurf für die EU das Design für ein militarisiertes Europa erstellt mit Aufrüstungsverpflichtung, Entmachtung der Parlamente in Sicherheitsfragen, Erweiterung globaler Interventionsmöglichkeiten. Der außenpolitische Beauftragte der EU, Solana, redet einer Doktrin das Wort, die der Präventivkriegdoktrin Bushs in nichts nachsteht und unserer Verfassung schlicht widerspricht. Der EU-Verfassungsentwurf enthält konsequenter Weise keinerlei Verpflichtungen zu ziviler Konfliktlösung, Kriegsprävention durch Gerechtigkeit oder ökologischem Lebensschutz. Ebenso zerplatzt mit ihm die Vision eines sozialen Europas, wenn die Menschen der EU nicht aufstehen. Zu Arbeitnehmerrechten und sozialer Absicherung hält der Entwurf nicht mehr als schöne Worte bereit.

Der ehemalige Chef von Ford-Deutschland, Daniel Goeudevert, sieht die Gefahr, dass in der Marktwirtschaft die Versachlichung des Warentausches auf andere Lebensbereiche übergreife, wo das Kalkül von Gewinn und Verlust nichts zu suchen habe. Ich sehe nicht die Gefahr, sondern dass das so ist, wenn Menschen mit sozialen Problemen als Kostenfaktoren und Tote in Kriegen als Kollateralschäden im weltweiten Terrorkampf gesehen und bezeichnet werden. Christlich benannt ist das Götzendienst, ein Kult, der den Götzen Kapital anbetet. Diesem Götzen werden Menschen geopfert.

Wir dürfen nie übersehen, dass es auf der ganzen Erde Opfer einer Globalisierung der Gier gibt: das sind zum Beispiel jene, die täglich für den Preis einer Kaugummipackung unsere Kleider und Computerchips herstellen. Die Arbeitenden und Armen sind überall von der brutalen Weltwirtschaft betroffen und müssen global zusammenstehen. Die Deutschen Bischöfe haben in ihrem Hirtenwort „Gerechter Frieden“ im Jahr 2000 den Zusammenhang zur Militärpolitik der reichen Blöcke angesprochen: „Es wäre fatal, wenn die Länder des Nordens ihre vordringliche Aufgabe darin sähen, sich vor den Armen, die in besonderer Weise der Erfahrung von Not, Gewalt und Unfreiheit ausgesetzt sind, zu schützen statt ihnen beizustehen“ (S. 80). Weiter heißt es: „Die Solidarität mit den Armen ist Teil unseres kirchlichen Engagements. ... Die wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Stärkung der Armen ruft ihrerseits in vielen Fällen gesellschaftliche Konflikte hervor. Denn wenn bestehende Machtverhältnisse in Frage gestellt werden, trifft dies regelmäßig auf den Widerstand der bislang Mächtigen und Privilegierten.“ (S.97). Das gilt hier wie international.

Auch angesichts von Medien, die nicht die Drahtzieher der neoliberalen Profitreligion, sondern ihre Opfer kritisieren, scheinen mir Friedensbewegung wie ChristInnen manchmal ratlos erstarrt zu stehen. Es gilt für uns, aus Apathie und Duldung aufzuwachen und aufzustehen und viele dabei mitzunehmen, wenn wir uns auf christliche und soziale Werte besinnen, wenn wir die Augen öffnen und handeln. Gegen die Terrorbereitschaft unserer Welt hilft nur eine Dialogkultur der Gerechtigkeit, wie sie Papst Johannes Paul II. und die Ökumene der ganzen Christenheit mit Nachdruck fordern: der Terror von oben gegen die Armen muss beendet werden, Frieden und Freiheit dürfen nicht länger als Parolen zur Sicherung von Reichtum missbraucht werden. Europa braucht eine Verfassung, die wie unser Grundgesetz schon die geringste Vorbereitung von Angriffskriegen unter Strafe stellt. Die oberste Leitlinie eines glaubwürdigen Europas wäre soziale Gerechtigkeit. Wenn wir Frieden wollen, gibt es dazu keine Alternative.

Quellenangaben:
  • Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hrsg.), Gerechter Friede, Bonn 2000
  • Sören Widmann: Der EU-Verfassungsentwurf, in: Ohne Rüstung leben - Informationen 2/2004
  • Clemens Ronnefeldt (2004): Krieg ist keine Lösung - Alternativen sind möglich www.versoehnungsbund.de
Zur Person:

Wolfgang Sieffert OP, Jahrgang 1957, ist Gefängnisseelsorger und gehört dem kath. Dominikanerorden an, der sich weltweit für Dialog und Gerechtigkeit einsetzt. Selbst ist er Mitglied bei den Ordensleuten für den Frieden, Pax Christi und im Ökumenischen Friedensnetz Düsseldorfer Christinnen & Christen (www.ofdc.de). In Düsseldorf setzt er sich für Arme ein, z.B. als Mitbegründer der Altstadt-Armenküche und im Rahmen der Ökumenischen Erklärung für die Rechte von Menschen auf der Straße.
Anschrift: Dominikanerkloster, Andreasstr. 27, 40213 Düsseldorf, paterwolfgang@gmx.de


Alternativen zur herrschenden zerstörerischen Politik - Ostermärsche für Frieden und globale Gerechtigkeit

Pressemitteilung des Netzwerk Friedenskooperative vom 07. April 2004

Militärischer Kampf gegen Terrorismus gescheitert

Unter Bezug auf die weltweiten Protestaktionen zum Jahrestag des Irak-Krieges am 20. März und den Großdemonstrationen gegen Sozialabbau vom 3. April stellen die traditionellen Ostermärsche der Friedensbewegung dieses Jahr "Frieden und Gerechtigkeit" in den Mittelpunkt. Vielerorts werden die sozialen Proteste unter dem Motto "Abrüstung statt Sozialabbau - Nein zum Krieg!" aufgegriffen und in den internationalen Zusammenhang einer gerechteren Weltwirtschaftsordnung und fairen Kooperation insbesondere zu den Völkern der arabisch-islamischen Welt gestellt. Bei vielen der mehr als 60 Veranstaltungen sind RednerInnen aus den Gewerkschaften und der globalisierungskritischen Bewegung beteiligt.

Die Friedensinitiativen wenden sich gegen die "Präventiv"-Kriegsdoktrin von USA und NATO, das desastr"se Besatzungsregime im Irak und die auch im EU-Verfassungsentwurf festgeschriebene Aufrüstung der EU - und dem entsprechenden Umbau der Bundeswehr - für weltweite Kriegseins,tze als fatal falsche europäische Antwort auf die Dominanz der einen Supermacht.

Das Netzwerk Friedenskooperative sieht die Friedensbewegung gefordert, Alternativen zum gescheiterten "Krieg gegen den Terrorismus" zu formulieren. Erinnert wird daran, dass die weltweite terroristische Bedrohung zum großen Teil Resultat falscher Globalpolitik "des Westens" ist und auch konkret die gefährlichsten Terrorbanden sich aus den damals von den USA gegen die Sowjetunion aufgestellten Afghanistan-Veteranen rekrutieren. Die US-geführten Kriege gegen Afghanistan und insbesondere gegen den Irak haben nach Ansicht der Friedenskooperative nur weiteren Hass hervorgerufen und den islamistischen Terrorismus gestärkt. Zur Eindämmung dieses Terrorismus sind neben einer politischen Lösung des "Schlüsselkonflikts" Israel-Palästina viele politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Anstrengungen zu den Menschen in den arabisch-islamischen Ländern nötig. Nach Einschätzung aller OrganisatorInnen werden die diesjährigen Ostermärsche nicht die Teilnehmer-Innenzahlen des Vorjahres - bei Beginn des Irakkrieges - erreichen.

Die Friedensgruppen fühlen sich aber nicht als randständige Minderheit, sondern als Teil einer weltweiten Bewegung, die Alternativen zur herrschenden zerstörerischen Politik einfordert und benennen kann.

Die meisten lokalen Osteraktionen finden am Samstag statt. Zu den wahrscheinlich größten Veranstaltungen gehört der Ostermarsch gegen das "Bombodrom" in der Kyritz-Ruppiner Heide, zu dem am Sonntag auch Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck erwartet wird. Der Schauspieler und Intendant Peter Sodann spricht ebenfalls am Sonntag beim Ostermarsch in Colbitz. Abschlussveranstaltungen am Ostermontag finden u.a. in Berlin, Dortmund, Frankfurt/M, Hamburg und Kassel statt.

Eine komplette Veranstaltungsliste sowie Aufruftexte der Veranstalter finden sich unter , weitere Infos auch unter .

Manfred Stenner (Geschäftsführer des Netzwerk Friedenskooperative)

Quelle: www.friedenskooperative.de/netzwerk


Trotz Regen fast 600 Friedensbewegte auf einer langen Strecke

Pressemitteilung der AG Ostermarsch Rheinland zum Ostermarsch Rheinland in Düsseldorf, 10.4.2004

In Düsseldorf nahmen trotz Dauerregen fast 600 Friedensbewegte am diesjährigen Ostermarsch Rheinland teil. Irene Lang vom Organisationskreis zeigt sich sehr zufrieden: „Keine kommerzielle Veranstaltung hätte bei diesem Hundswetter so viele Leute auf die Straße gelockt. Auch bei Sonnenschein wären unsere Erwartungen bescheidener gewesen.“ Auf dem zweistündigen Weg durch die Innenstadt hielten sich die Teilnehmer vor allem mit Musik bei guter Laune.

In den Beiträgen zur Abschlusskundgebung vor dem Rathaus wurde das Motto „für ein soziales und friedensförderndes Europa“ aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet. Friedensforscher Tobias Pflüger wies auf, dass die EU-Militärdoktrin und der EU-Verfassungsentwurf im Grunde ein Spiegelbild der US-Supermachtspolitik hergeben. Die Bestimmungen des Grundgesetzes gegen jegliche Angriffskriege seien nach einer Verabschiedung dieses Entwurfs nichts mehr wert. Von den Idealen eines nach innen sozial gestalteten Europa, so Dominikanerpater Wolfgang Sieffert als Sprecher der christlichen Friedensgruppen, bleibe nichts mehr übrig. Auf der ganzen Erde und auch in Europa werde eine Weltordnung der Gier und der Rüstungsmilliarden gegen die Armen und Verhungernden durchgesetzt. Die bekannte Globalisierungskritikerin Prof. Maria Mies aus Köln stellte fest: „Die >unsichtbare Hand< des globalen Marktes kommt eben nicht ohne die >gepanzerte Faust< des Krieges aus. ... Globalisierung führt nicht nur zum Krieg, sondern braucht auch Krieg.“

Kurt Bender (Friedensforum) zeigte speziell am Beispiel Irak, welche verheerenden Folgen ein militaristisches Konzept von Weltpolitik im Dienste von Wirtschaftsinteressen nach sich zieht.

Stimmen der Friedensbewegung setzten dem in Düsseldorf konkrete Forderungen entgegen. Nach demokratischen Grundsätzen müssten die Menschen in Europa in Form eines Referendums über die neue EU-Verfassung selbst abstimmen. Die vorgesehene Pflicht zur Aufrüstung und die Pläne für weltweite Militäreinsätze müssten ersatzlos gestrichen werden. Stattdessen brauche die EU eine herausragend ausgestattete Stelle für Abrüstung, Rüstungskontrolle und zivile Konfliktlösung.

Viel Beifall bekamen die Musiker „Klaus der Geiger & Sascha“ (Köln), Carsten Müller mit Dulcimer-Folk (Aachen) und Regina Weiss aus Remscheid. Die Moderatoren Elvira Hoegemann (Köln) und Detlef Peikert (Aachen) dankten allen Teilnehmern, die bis zum frühen Abend durchnässt am Rathaus durchgehalten hatten.

Wie in Düsseldorf gab es bundesweit hunderte kleinerer und größerer Aktionen und Veranstaltungen, die die Tradition der hierzulande seit 1960 begangenen Friedensmärsche fortsetzen. Ursprünglich stand die atomare Rüstung im Mittelpunkt. Angesichts der neuen Generation sogenannter Mini-Atombomben, die in den USA und auch Frankreich ausdrücklich für einen Einsatz konzipiert werden, hält die Friedensbewegung auch dieses Thema für dringlicher denn je. Peter Bürger von der „AG Ostermarsch Rheinland“: „Wer auf die Kinder sieht und das Leben nicht nur in seinem kurzen Horizont betrachtet, kann nur wünschen, dass die Ostermärsche mit jedem Jahr wieder wachsen. Der Krieg ist ein Steinzeit-Programm von vorvorgestern. Das Überlebensprogramm für die Zukunft heißt: intelligente, nichtmilitärische Friedenspolitik und globale Gerechtigkeit.“

Pressekontakt der AG Ostermarsch Rheinland: Peter Bürger, Düsseldorf – Mail: peter@friedensbilder.de