Köln, 16.10.2004, 'Kalk stellt sich quer' - Nazi-Aufmarsch und der Protest dagegen |
Müllbeutel-Nazis machten wenig Eindruck in Köln Jörg Detjen und Ulrike Bach in 'Antifaschistische Nachrichten' vom 21.10.2004 Köln-Kalk war am Samstag, den 16. Oktober schon früh auf den Beinen. Ca. 1000 bis 1500 Demonstranten waren dem Aufruf von "Köln stellt sich quer" gefolgt, darunter viele Leute aus dem Stadtteil. Sie demonstrierten gegen einen Aufmarsch des "Nationalen Widerstandes", angeführt von Christian Worch und dem sog. "Gauleiter Rheinland" Axel Reitz vom "Kampfbund deutsche Sozialisten". Auf der Auftaktkundgebung griff der stellvertretende Bezirksvorsteher von Kalk, Wolfgang Schneider, das Motto des Nazi-Aufmarsches "180 Nationen leben in Köln. Das sind 179 zu viel!" an und erklärte: "Wir sind stolz darauf, dass 180 Nationen hier leben. Schließlich hat das seit der Römerzeit in Köln Tradition". Der ver.di-Vorsitzende Peter Densborn meinte: "Gewerkschaften müssen ihrer Verantwortung gerecht werden und mit allen Mitteln Rassismus, Faschismus und Rechtsextremismus bekämpfen." Heinz Bensberg von den Naturfreunden forderte, "die Kürzungen in Bildungs- und Freizeiteinrichtungen zu stoppen. Das ist ein wesentlicher Baustein im Kampf gegen Rechts." Özgür Demirel, Mitglied der Bezirksvertretung Kalk sprach für DIDF sowie ein Vertreter des schwul-lesbischen Bündnisses "queergestellt". Nach der Auftaktkundgebung bildete sich ein kurzer Demonstrationszug Richtung Nazi-Aufmarsch, der dann aufgelöst wurde. Die Demonstranten versammelten sich nun an den verschiedenen Polizeisperren, die schon früh errichtet wurden, um den Naziaufmarsch gekesselt durch den Stadtteil zu bringen. Gegen Mittag trafen dann die Nazis ein und mussten sich umfangreichen Auflagen unterziehen. Der Redakteur des Kölner Stadt-Anzeigers sieht das so: "Die Auflagen des Kölner Polizeipräsidenten sind streng: keine Uniformen, keine Springerstiefel, keine Bomberjacken, keine Nazi-Symbole. Was zur Folge hat, das etliche Rechtsextreme ihren Marsch durch die Straßen von Kalk mit blauen Mülltüten über der Schulter und an den Füßen und mit nach außen gekehrtem orangefarbenen Innenfutter ihrer Bomberjacken antreten müssen, was dem armseligen Zug den Charakter verleiht, als hätte die Müllabfuhr für diesen Samstag eine Putzaktion im Veedel angeordnet." Kurz bevor der Nazi-Aufmarsch losgeht, kesselt die Polizei auch einen Teil der Gegendemonstranten ein, die versuchen, durch die Absperrungen zu kommen. Für den gesamten Einsatz waren 1600 Polizisten aus ganz NRW zusammengezogen worden, eine ziemlich kostspielige Strategie, die auch bei vorangegangenen Aufmärschen bereits angewandt wurde, um den diesmal genau 142 braunen Hanseln den Weg frei zu halten. Einmal gelingt es ca. 25 Gegendemonstranten den Marsch der Nazis für zehn Minuten aufzuhalten. Viele Anwohnerinnen und Anwohner zeigen ihre ablehnende Haltung, hängen Transparente aus dem Fenster und protestieren lautstark. Im strömenden Regen wird der Nazi-Aufmarsch immer wieder mit Obst und Gemüse beworfen. "Auch manches Ei verfehlte nicht sein Ziel" schreibt die taz. Junge Migrantinnen und Migranten riefen: "Deutscht uns nicht voll" und "Eure Opas sind Verlierer". Gegen 17 Uhr ist dieser Spuk vorbei. Trotzdem müssen sich ca. 100 noch eingekesselte Demonstranten immer noch überprüfen lassen. Hatte man zu Beginn die TeilnehmerInnen nach Ausweiskontrollen noch rausgehen lassen, hatte die Polizei inzwischen Fotos von Demonstranten ausgedruckt, die Gegenstände geworfen hatten. Nach Gesichtskontrollen wurden 28 Personen festgenommen. Das trübt die Bilanz des Tages, bei dem der "nationale Widerstand" ein eher blamables Bild bot. |