Berlin, 7.-31.1.2005 - Ausstellung 'Der Palast lebt'Bilder

Gegen die politisch motivierten Abrissabsichten

Erklärung der Freunde des Palastes der Republik, Berlin, 24. Januar 2005

Seit nunmehr 15 Jahren ist der Palast der Republik, dieses in Europa einmalige Volkshaus mit seinen großartigen Möglichkeiten, geschlossen.

Für 70 Mio. Besucher bot er Entspannung, Freude, eine unvergleichliche Erlebniswelt, deren Erinnerungswert noch heute nachhaltig wirkt. Sie reagieren darauf mehrheitlich mit Zorn und Unverständnis.

Der seit 1990 durch Politiker organisierte Vernichtungsfeldzug gegen dieses Haus wurde und wird mit fadenscheinigen Argumenten geführt, die die politisch begründeten Abrissabsichten nur notdürftig verdecken.

Sie können deshalb nicht überzeugen.

Langfristig und parteiübergreifend angelegt, werden Grundziele dieser Politik sichtbar.

Die Akteure vereint ihr Hass auf alles, was die DDR hervorgebracht hat.

Einige der sogenannten ehemaligen Bürgerrechtler und Oppositionelle der DDR, heute mit einträglichen Bundestagsmandaten oder anderen Funktionen bedacht, ebenso Politiker, denen Wahlversprechen nichts bedeuten, betreiben Abrissvandalismus und Kulturbarbarei.

Entsorgt werden soll ein Stück Architekturgeschichte der DDR.

Praktiziert wird auf dem Schlossplatz die 1991 verkündete Delegitimierungsstrategie gegen die ehemalige DDR am konkreten Beispiel.

Die Freunde des Palastes sind prominente Architekten, Denkmalschützer, Vereine und Interessengruppen, Historiker, ehemalige Mitarbeiter des Palastes, die Bürgerinitiative „pro Palast“, Kulturwissenschaftler, viele ehemalige Palastbesucher und wachsame Bürger aller Altersklassen, Berufe und sozialen Schichten aus Ost und West sowie dem Ausland.

Sie wenden sich mit Empörung und Sachverstand gegen den politisch motivierten Abrissvandalismus, gegen ein Kulturverbrechen und gegen die damit verbundene Volksverdummung.

Die Mehrheit der Abgeordneten des Deutschen Bundestages hat unter Missachtung der mehrheitlichen Meinung der Bürger und auf Basis mangelhafter Entscheidungsgrundlagen den Abriss des Palastes der Republik beschlossen und dies in weiteren Sitzungen bekräftigt.

Das zeigt die Dimension des Demokratiedefizits der Herrschenden in Deutschland und ihre Realitätsferne zu demokratischen Grundprinzipien.

Der Bundestagspräsident hat die Neutralität seines Amtes missachtet, indem er einseitig ein nostalgisches Schlossplagiat nach Kräften fördert, sachliche Gespräche mit Freunden des Palastes ablehnt und rigoros den Palastabriss verlangt.

Als Mitglied des Parteivorstandes der SPD haben er und andere Wahlversprechen ihrer Partei gebrochen.

Der politische Umgang mit diesem Haus seit 1990 ist eine Beleidigung der Mehrheit der ostdeutschen Bevölkerung, der Gäste dieses Hauses, der Mitarbeiter, Künstler, Interpreten u.a., die dort wirkten.

Er ist gleichzeitig ein Verstoß gegen die wirtschaftliche Vernunft und Ausdruck einer barbarischen Bilderstürmerei, die die Unfähigkeit der politisch führenden Kreise im Umgang mit der deutschen Geschichte zum Ausdruck bringt.

Der Palast der Republik wird so zum herausragenden für alle sichtbaren Beispiel für den undemokratischen Prozess der deutschen Wiedervereinigung.

Gegen die politisch motivierten Abrissabsichten und den Umgang mit dem Palast durch die Politik erheben wir scharfen Protest und fordern:
  • Die öffentliche Aufklärung der dubiosen Umstände, die zur Schließung des Palastes führten.
  • Die vollständige Veröffentlichung des Asbestgutachtens und der ermittelten Messwerte der Asbestbelastung sowie die konkreten Umstände der Auftragsvergabe.
  • Die Offenlegung der Hintergründe für die Vorgaben der Sanierung nach Methode I und die Begründung, warum preiswertere Sanierungsmethoden sowie entsprechende Angebote ausgeschlossen wurden.
  • Konkrete Informationen über die 4.000 asbestbelasteten öffentlichen Gebäude Berlins durch den Berliner Senat.
  • Die Begründung, warum die ehemaligen Mitarbeiter des PdR nicht rechtzeitig und unter Missachtung rechtlicher Bestimmungen über den Verlust ihres Arbeitsplatzes informiert wurden.
  • Die Begründung, warum die damalige Kohlregierung 1995 einer Empfehlung des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages zum Palasterhalt nicht entsprach.
  • Die Offenlegung der bisher entstandenen Kosten, die aus der Stillegung seit 1990 und der sogenannten „Asbestsanierung“ entstanden sind, die die Steuerzahler zu tragen haben.
  • Die Offenlegung der Vorgaben an die sogenannte „Internationale Expertenkommission“ durch die SPD-geführte Regierung.
  • Die Offenlegung der Rolle der „politischen Moderatoren“ dieser Kommission und der politische Auftrag durch ihre Erfinder.
  • Ein langfristig in sich geschlossenes Nutzungskonzept für das Areal der Spreeinsel - Mitte sowie ein mittelfristiges Nutzungskonzept des Palastrohbaus.
  • Die sinnvolle Einbeziehung des Palastrohbaus in die Gestaltung des Spreeinsel - Mitte Areals.
  • Die Aufhebung des Abrissbeschlusses des Deutschen Bundestages.
  • Die korrekte Einhaltung der Artikel 14.2 des Grundgesetzes und des Artikels 35.2 des Einigungsvertrages hinsichtlich des Palastes der Republik.
An der Bereitschaft zur Beantwortung dieser und weiterer Forderungen werden wir die politische Glaubwürdigkeit verantwortlicher Politiker messen.

Wir erwarten vom Bundeskanzler, Bundestagspräsidenten, Bundestagsabgeordneten und weiteren politisch Verantwortlichen eine öffentliche Stellungnahme und Gesprächsbereitschaft.

Wir bitten die Medien um Unterstützung, um diese Forderungen in die Öffentlichkeit unseres Landes zu bringen.

Wir werden diese Erklärung und die Reaktionen der Politiker darauf in geeigneter Form öffentlich machen und auf unseren Internetseiten darstellen.

Für die Freunde des Palastes der Republik Dr. R. Ellereit (Bürgerinitiative „pro Palast“) und K. Wons (Sprecherrat der ehemaligen Mitarbeiter des Palastes)



'Der Palast lebt'

Berlin, 22. Januar 2005

In nicht zu übersehenden Lettern steht gegenwärtig auf dem Palast der Republik das Wort „Zweifel“.

Kein anderes Wort könnte bezogen auf den Schlossplatz und den politisch motivierten, langjährig organisierten Abrissvandalismus gegenwärtig zutreffender sein:
  • Zweifel an der Glaubwürdigkeit von Abrissbeschlüssen und deren Rechtmäßigkeit
  • Zweifel an Politiker wie Bundeskanzler, Bundestagspräsident u.a.
  • Zweifel an der Arbeit der „Volksvertreter“ im Bundestag
  • Zweifel an Schlossplagiate und ihre Befürworter
  • Zweifel an die Pressefreiheit
  • Zweifel an den Einigungsprozeß
  • Zweifel an Demokratie und die freiheitlich demokratische Grundordnung überhaupt.
Ein großer deutscher Dichter schrieb bereits 1867:

„Wir können nicht verkennen, dass wir unter Gewalt leben. Dies ist umso einschneidender, als sie von jenen kommt, die wir gegen die Gewalt zu Hilfe riefen und die uns jetzt, nachdem sie jene bewältigen halfen, wie einen besiegten Stamm behandeln: indem sie wichtige Einrichtungen, ohne uns zu fragen, hier über den Haufen werfen.

Obenan steht ihr schlechtes Gesetzbuch, worin eine Reihe von Paragraphen ehrlichen Leuten gefährlicher sind als den Spitzbuben, den sie angeblich treffen sollen.

Obwohl das Land - sowohl wegen der Art, wie es das neue Gebiet gewonnen, als auch, weil wir zum geistigen Leben der Nation ein großes Kontingent gestellt haben - alle Ursache zu bescheidenen Auftreten bei uns hat, kommt doch jeder Kerl von dort mit der Miene des kleinen persönlichen Eroberers und als müsse er erst die höhere Weisheit bringen.

Unglaublich ist die naive Roheit dieser Leute.
Auf diese Weise einigt man Deutschland nicht.“

Theodor Storm schrieb diese Zeilen 1867, nachdem sich Preußen die beiden ehemaligen Herzogthümer Schleswig und Holstein einverleibt hatte. Sie sind von aktueller Bedeutung.

Den Palast der Republik gab es damals nicht, wohl aber andere Zielobjekte der Politik. In ihrer Borniertheit haben die selbsternannten Sieger auch gegenwärtig nichts begriffen.

Gesunder Menschenverstand ist nicht gefragt sondern Machtkalkül. Sie betreiben heute eine Kulturbarbarei von unvorstellbaren Ausmaßen, die ihre Angst ausdrückt, Angst vor Einrichtungen und Errungenschaften, die von einer anderen Gesellschaft hinterlassen wurden. Diese Angst, gepaart mit Unsicherheit, zeigt sich auch in der fehlenden Bereitschaft zum sachlichen Dialog, die den angebotenen Besuch der Ausstellung „Der Palast lebt“ einschließt. Zweifel sind also angebracht, sie sind Voraussetzung zum Handeln!

Die Ausstellung ist noch bis zum 31.1. 2005 in der KULTschule in Berlin Lichtenberg geöffnet.

R. Denner, Bürgerinitiative „Pro Palast“, Sprecherrat der ehemaligen Palastmitarbeiter