Köln, 6.4.2005 - 'In Sachen Alfred Freiherr von Oppenheim' - Lesung von Werner Rügemer im Cafe HimmelsblickBilder

In Sachen Alfred Freiherr von Oppenheim

Nachgereichter Nachruf auf den ehemals reichsten Mitbürger der Stadt - Szenische Lesung im Café Himmelsblick, Fachhochschule Köln, Claudiusstr. 1, Text: Werner Rügemer, Regie: Wolfram Zimmermann (Theater „tiefrot“)

Alfred Freiherr von Oppenheim, der im Januar 2005 starb, war mit einem Vermögen von 3 Mrd. Euro der bei weitem reichste Bürger der Stadt Köln, in der Liste der reichsten Deutschen stand er auf Platz 25, in der Weltliste auf Platz 256. Obwohl er auch Seniorchef der Bank Oppenheim, Präsident der IHK und großer Mäzen des Karnevals und der Kölner Museen war, blieb er den meisten Kölnern unbekannt. „Wir arbeiten diskret, geheimer als geheim“ war sein Lieblingsspruch.

Die Lesung führt durch die verschiedenen Tätigkeiten des Bankiers: er füllte die schwarze Kasse von Helmut Kohl, er kämpfte gegen die Wehrmachtsausstellung, er war Ratgeber des Oberbürgermeisters. Er entwickelte die Bank zum Vermögensverwalter der 6.000 reichsten Deutschen. Unter seiner Verantwortung trieb die Bank mithilfe willfähriger Politiker die Privatisierung öffentlichen Eigentums voran, sowohl in Köln und zahlreichen Städten wie auch auf Bundesebene. Die Stadt Köln wohnt bei der Bank mindestens bis 2028 zur (sehr ungünstigen) Miete.

Die Lesung ist als Nachruf gestaltet. Er hebt sich von den Nachrufen ab, die bei der Trauerfeier im Kölner Dom gehalten wurden. Der Bankier jüdischer Herkunft war der erste Protestant, dem das Kölner Domkapitel den Dom für eine Trauerfeier zur Verfügung stellte.


Florida Alfred:
Er lacht uns alle aus

Text aus einem Exponat der Ausstellung 'Rettet den Reichtum'

Der Mann, der uns alle wütend macht, ist gefunden: in seiner Villa unter den Palmen Floridas. Florida-Alfred, der reichste Kölner mit einem Vermögen von 2,6 Millarden Dollar lacht sich ins Fäustchen. Denn seine Stadt, die hat er kräftig abgezockt. Weil die Stadt Köln nämlich eigentlich gar kein Geld hat, gründet er eine sogenannte Beteiligungsgesellschaft und baut für eine halbe Milliarde Euro ein Rathaus und eine Mehrzweckhalle. Diese Kombination, die es sonst nirgendwo auf der Welt gibt, vermietet er mit Hilfe des zu Diensten stehenden SPD-Oberstadtdirektors Lothar Ruschmeier den Kölnern für 30 Jahre, inclusive 2800 Parkplätzen, die meistens leerstehen. OB Blum (CDU) vor seinem plötzlichen Herztod: 'Der ungünstigste Mietvertrag ganz Kölns'.

Jetzt wohnt die Stadt bei den reichsten Kölnern zur Miete (darunter ‘Klein-Alfred’ Neven DuMont, der rheinische Medienfürst) und muß deshalb an den ärmsten Bürgern sparen. "Es ist höchste Zeit, die Gesellschaft auf ein langjähriges Entzugsprogramm einzustellen." tönt Florida-Alfred, alias Alfred Freiherr von Oppenheim, Chef von Europas größter Privatbank, während er sich in der Sonne Miamis im US-Promi-Staat Florida in Nachbarschaft zu Spekulant Donald Trump in der Sonne aalt.


Mit Werner Rügemer durch Köln-Marienburg

Aus der Ausstellung 'Rettet den Reichtum'

Köln, Marienburger Straße 19 - Otto Wolff von Amerongen (*1918)

übernimmt 1940 nach dem Tod seines Vaters den zum 'nationalsozialistischen Musterbetrieb' ernannten Otto-Wolff-Stahlkonzern

wird Offizier des Geheimdienstes 'Abwehr' und übernimmt 1940/41 von der unter der Leitung von Reichsmarschall Hermann Göring stehenden Vierjahresplanbehörde Geheimaufträge: so spekuliert er für den NS-Staat mit Aktien; sorgt für die Verwertung von durch sog. Devisenschutzkommandos in den besetzten Ländern geraubten Aktien, u.a. durch Einrichtung von Tarnfirmen in der Schweiz und in Monte Carlo; organisiert in Portugal die Lieferung des kriegswichtigen Edelmetalls Wolfram an das Deutsche Reich und sorgt dafür, daß der Otto-Wolff-Konzern durch seine Monopolstellung zu den großen Kriegsgewinnlern wird: "Das war meine beste Zeit, nachher machte ich keine Karriere mehr im Vergleich zu damals."

wird 2001, als seine Zusammenarbeit mit dem Nazi-Regime bekannt geworden ist, von Bundespräsident Rau mit dem Großkreuz des Bundesverdienstordens, der höchsten Stufe des Bundesverdienstkreuzes ausgezeichnet

Köln, Pferdmengesstraße 52 - Robert Pferdmenges (1880-1962)

ist zusammen mit Kurt Freiherr von Schröder, den Großbanken, Siemens, Bosch, Flick, IG Farben u.a. Förderer der Dirksen-Stiftung (Victoria v. Dirksen: Anhängerin Hitlers mit Beziehungen u.a. zum Bankhaus J.H.Stein; Mitglied im Kuratorium der Stiftung sind u.a. der Reichsführer SS Himmler und SA-Chef Röhm)

sorgt 1933 als Mitglied des Vorstands der ev. Kirche Köln-Bayenthal dafür, daß der Eingang des Gemeindehauses mit Hakenkreuz und Relief eines SA-Mannes versehen wird

ist 1931 bis 1954 Teilhaber des Kölner Bankhauses Sal. Oppenheim jr. & Cie (1938-47 'Pferdmenges & Co' genannt)

bekleidet 1954 25 Aufsichtsrats- und Präsidentenposten, ist Präsident des Bankenverbandes, wird 1954 mit dem Großen Bundesverdienstkreuz mit Stern ausgezeichnet

führt die schwarzen Kassen der CDU (der Flick-Spenden-Skandal bringt davon einiges an die Öffentlichkeit)

Köln, Lindenallee 47 - Alfred Freiherr von Oppenheim (*1934)

ist gemäß Forbes-Liste (in der sein Name inzwischen getilgt ist) mit 2,6 Milliarden US-Dollar Vermögen der reichste Kölner Bürger

betreibt die Verhinderung der Ausstellung über die Wehrmachtsverbrechen, bringt 1998 in den Freundeskreis des Kölner Stadtmuseums eine Resolution ein, in der von "Zweckentfremdung des Museums durch eine... private, parteiische und wissenschaftlich unhaltbare Ausstellung" gesprochen wird.

vermittelt mit seiner Bank (Sal. Oppenheim jr + Cie) 1998 die Fusion von Daimler-Benz und Chrysler (Umsatz zusammen über 230 Milliarden Mark).

findet Wege, seinen Reichtum aus der Kölner Stadtkasse zu mehren, schließt mit der Stadt über einen Immobilienfond (Tochter der Oppenheim-Bank) mit Hilfe von Oberstadtdirektor Lothar Ruschmeier (SPD) einen Mietvertrag ab, der für die Dauer von 30 Jahren eine überhöhte Miete für die Nutzung des technischen Rathauses garantiert. Es ist der ungünstigste Mietvertrag von ganz Köln - äußert der Kölner Oberbürgermeister Harry Blum (CDU). Kurz darauf lebt er nicht mehr.


Brief an Alfred Freiherr von Oppenheim unerwünscht

Aus 'Lokalberichte Köln' vom 14.4.2005

Es sollte eine Lesung werden: aus dem Buch 'Briefe an den Reichtum', zusammengetragen von Carl Amery für den Luchterhand-Verlag - darin der zum Vortrag vorgesehene Beitrag des Kölner Autors Dr. Werner Rügemer über den bis zu seinem Tode reichsten Kölner und gleichzeitig eine der reichsten Personen der Welt: Alfred - genannt Baron Freiherr von - Oppenheim. „Wir arbeiten diskret, geheimer als geheim“, war der Lieblingsspruch des auch in Florida ansässigen Alfred O.. Und so blieb es dank der 'ausgewogenen' Kölner Presse und allen üblichen Nachrufen zu seinem irdischen Ableben im Januar 2005 im Dunkeln, wie der übermäßige Reichtum eines Mannes, der fast Ehrenbürger von Köln geworden wäre, und die leeren Stadtkassen im Zusammenhang zu sehen sind.

Da den Toten nur Gutes nachzusagen ist, erübrigt sich das unwürdige Gezerre des Verlages um den konkreten Vorwurf von Steuerflucht, der in 'Steueroptimierung' umgedichtet werden sollte. Der von Luchterhand begrabene Nachruf Werner Rügemers auf Alfred Oppenheim wurde in einer szenischen Lesung unter Regie von Wolfram Zimmermann im Café Himmelsblick unter dem Beifall des dichtgedrängt lauschenden Publikums wieder zum Leben erweckt. (af)


Reichtum inkognito

Evangelische Trauerfeier für den Privatbankier Alfred Freiherr von Oppenheim am 15. Januar im Kölner Dom - aus 'Lokalberichte Köln' vom 21.1.2005

Während die Armut sozusagen auf der Straße liegt, bleibt der ursächliche Zusammenhang zwischen Armut und Reichtum weiterhin als Tabu im Verborgenen (Werner Rügemer: arm und reich, transcript-verlag 2002). Dies wurde einmal mehr besonders deutlich bei der Trauerfeier für den neben in Miami/Florida auch in Köln ansässigen, am 5. Januar verstorbenen Seniorchef der größten europäischen Privatbank, Alfred (genannt: Freiherr von) Oppenheim.

Fotografieren verboten! Adel und Geldadel bestellten ein Großaufgebot privater Security, die den Roncalli-Platz weiträumig sperrte für die Vorfahrt und als Abstellplatz schwarzer Luxuslimusinen. 'A big boss of a big bank' raunten englischsprachige Touristen, denen die Besichtigung des Kölner Doms verwehrt blieb.

2000 Trauergäste inklusive Zaungäste versammelten sich zum ersten evangelischen Gottesdienst im Kölner Dom, in dem es vor schwarzbemäntelten 'Sicherheitskräften' nur so wimmelte. Sie hatten dafür Sorge zu tragen, dass niemand Unbefugtes den Fotoapparat zückte ("dann packe ich Sie am Schlafittchen") und dass die strikte Abtrennung zu den vorderen Reihen eingehalten wurde. Domprobst Norbert Feldhoff lobte in seiner Begrüßungsansprache das Engagement des Vorstorbenen für den Kölner Dom, zuletzt ein gespendetes Domfenster. Dass diesem Engagement die Plünderung der Stadtkasse unter tatkräftiger Mithilfe des ehemaligen Oberstadtdirektor Lothar Ruschmeier vorausging, blieb in diesem wie in anderen vorangegangenen Festreden unerwähnt. Sie wollten unerkannt bleiben, die Einleger des Esch-Fonds, darunter 'Klein-Alfred' Neven Du Mont. Deren Extremrendite von mindestens 10 Prozent im Zusammenhang mit der überteuerten Miete für das neue Kölner 'Technische Rathaus' veranlaßte den spontan verstorbenen Oberbürgermeister Harry Blum zu der Äußerung, es handele sich um den "vermieterfreundlichsten Vertrag in ganz Köln". "Unsere Aufgabe ist es nicht, Gewinne zu privatisieren und Verluste auf die Allgemeinheit abzuwälzen," entlarvte Blum den hinter sogenannten Reformen und Sparpaketen versteckten blanken Neoliberalimus eines 'Baron' Alfred Oppenheim, der beim Neujahrsempfang der Industrie- und Handelskammer 2004 forderte: „Es ist höchste Zeit, die Gesellschaft auf ein langjähriges Entzugsprogramm einzustellen.“ Pläne gab es reichlich, glücklicherweise scheiterte bisweilen die Umsetzung: so z.B. sein Vorschlag, die Stadt Köln solle nicht nur die 42.000 städtischen Wohnungen verkaufen, sondern auch möglichst die Stadtwerke, die Strom, Gas und Wasser liefern und den Nahverkehr organisieren: „Köln besitzt nicht nur Wohnungen und Liegenschaften, sondern auch einen Stadtwerke-Konzern mit 50 Unternehmen und 10.000 Beschäftigten.“

Auf den Kränzen grüßten Bertelsmann/Middelhoff, Karstadt-Quelle und Wagnerianer der Bayreuther Festspiele (Wagners Walkürenritt läßt die US-Armee in ungeschminkter Eroberungsmarnier ertönen beim Einmarsch im irakischen Faludscha). Die Republik-Kapitäne haben den von kritischen Wirtschaftswissenschaftlern wie Albrecht Müller ("Die Reformlüge") und Heiner Flassbeck ("Deutschland wird wirtschaftlich ruiniert") titulierten Reform-Wahnsinn schon lange in der Schublade, wie ein Gespräch mit dem Bertelsmann-Chef Reinhard Mohn im Stern 1996 bereits offenbart: Es gelte "Systemordnungen, die stehen bleiben" und "Gesetze, Regeln und Rituale einer sozialen Marktwirtschaft, die heute angesichts eines globalen Wettbewerbs nicht mehr durchzuhalten sind" auszuhebeln. Bertelsmann-Chef und -Gründer des größten deutschen Medienimperiums verspricht außerdem: "Wir helfen der Politik, dem Staat und der Gesellschaft, Lösungen für die Zukunft zu finden.", die mit Sicherheit nicht im Interesse der wertschöpfenden, arbeitenden Bevölkerung liegen. Der (unsichtbare) moderne Feudalismus gebiert indessen moderne Armutsgesetze (Hartz I - IV). "Der Enteignung der Armen steht eine Entwicklung von 50% mehr Millionären in Deutschland in fünf Jahren (1998 - 2003) gegenüber", formuliert Oppenheims schärfster Kritiker, der Kölner Publizist und Philosoph Werner Rügemer. Selbst Heiner Geißler sieht sich zu drastischen Äußerungen genötigt: "Die Gier zerfrißt den Herrschenden ihre Gehirne." Aber daran ist Baron Alfred Freiherr von Oppenheim - soweit bekannt geworden - nicht gestorben. (af)


Der Bankier der Bosse

Dirk Eckert in der 'taz Köln' vom 8.4.2005

Wie Armut reich macht: Werner Rügemer würdigte in der Fachhochschule den verstorbenen Alfred von Oppenheim

Nun hat der im Januar verstorbene Alfred Freiherr von Oppenheim doch noch seine kritische Würdigung in Köln erhalten. "Nichts als die reine Wahrheit" versprach der Autor Werner Rügemer zu Beginn seines Nachrufs auf Kölns früheren Industrie- und Handelskammerpräsidenten: "den ehemals reichsten Bürger der Stadt". Das Café Himmelsblick in der Fachhochschule hatte sich getraut, den Kölner Korruptions- und Klüngelexperten Rügemer einzuladen. An manch anderen Orten lässt man den taz-Autor erst gar nicht mehr lesen.

Rügemer, der schon in zahlreichen Artikeln und Büchern über die Geschäfte des "Chef-Bankiers der Reichen" geschrieben hatte, wählte für seinen Nachruf die Form der szenischen Lesung. Unterstützt wurde er von Deutschlandfunk-Sprecherin Sabine Lipka und Axel Gehring, dem Leiter des Kleinen Theaters Brühl. Wolfram Zimmermann vom Kölner Theater Tiefrot führte Regie. Die verwendeten Zitate stammten allesamt aus der bürgerlichen Presse.

Collagenartig ging es durch das Lebenswerk des verstorbenen Bankiers, der zuletzt mit einem geschätzten Privatvermögen von rund 3 Milliarden Euro auf Platz 25 der Liste der reichsten Bundesbürger stand: Oppenheim und seine Villen in Marienburg und Palm Beach. Oppenheim und seine Penthousewohnung am Gendarmenmarkt in Berlin, die eine Fußmatte mit Stars and Stripes zierte - ein politisches Statement für die USA während des Irakkriegs.

Oder Oppenheim und die deutsche Geschichte: Das Holocaustmahnmal in Berlin hielt er für "unpassend"; die Wehrmachtsausstellung wollte der Liebhaber von Wagner und Marschmusik nicht im Kölner Stadtmuseum sehen.

Und natürlich: Oppenheim und der Reichtum. Als IHK-Präsident verlangte Oppenheim Kürzungen von Sozialleistungen, gleichzeitig mehrte er sein Vermögen wie das seiner Kunden - ein klassischer Fall von Doppelmoral, befand Rügemer. Und vom Bau des Technischen Rathaus in Köln profitierte ein Oppenheim-Fonds. Die Stadt hat mit ihrem ungünstigen Mietvertrag das Nachsehen.

Damit war Rügemer bei einem Thema, das er in seinem Buch "Arm und reich" schon theoretisch angegangen war: Die Armut der einen ist der Reichtum der anderen. Der Beweis dafür - diesmal am Beispiel des Privatbankiers - ist Rügemer an diesem Abend einmal mehr hervorragend gelungen. Die über hundert ZuhörerInnen dankten es mit viel Applaus.

Quelle: www.taz.de