Hattingen, 17.5.2005 - Protest gegen die Schließung des Kone-Rolltreppenwerks |
Jetzt reicht’s! Gemeinsam Widerstand leisten! Verteidigen wir die Arbeitsplätze bei KONE Aufruf zum Protest am 17. Mai 2005 Wir sagen nein zur Arbeitsplatzvernichtung in unserer Stadt! Wir sagen ja zum Erhalt der Rolltreppenfertigung in Hattingen! Wir sagen ja zu einem Konzept, dass den Standort in Hattingen zu einem „Europäischen Kompetenzzentrum mit Entwicklung, Konstruktion und Fertigung" ausbaut und damit Arbeits- und Ausbildungsplätze sichert! Liebe Bürgerinnen und Bürger, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir rufen Sie auf: Bekunden Sie Ihre Solidarität mit den KONE- Beschäftigten und leisten Sie mit uns Widerstand gegen die geplante Arbeitsplatzvernichtung. Nehmen Sie teil an der 14.30 Uhr - Demonstration ab Kone/ Nierenhoferstrasse 15.30 Uhr - Kundgebung der IG Metall Untermarkt/ Heggerstrasse/Fußgängerzone Hattingen Es sprechen:
1987 wird die O&K Rolltreppen GmbH in Hattingen gebildet. Der finnische Konzern KONE OY in Helsinki erwirbt 26 Prozent der Anteile. 1996 kauft KONE vom Krupp-Hoesch-Konzern die restlichen Anteile. 1999 wird mit öffentlichen Zuschüssen eine neue Fertigungshalle für die Eco-Rolltreppen an der Nierenhoferstrasse in Hattingen gebaut. 2000 nennt sich die O&K Rolltreppen GmbH mit noch 680 Beschäftigten in KONE GmbH um. 2002 bekommen der Betriebsrat und die IG Metall die ersten Pläne zum Abbau von 160 Arbeitsplätzen präsentiert. Es muss ein Interessenausgleich und Sozialplan abgeschlossen werden. Parallel wird mit Know-how aus Hattingen in Kunshan / China ein Rolltreppenwerk aufgebaut. 2003 erhält KONE einen Großauftrag für den Hauptstadtbahnhof in Berlin. 2004: Das Hattinger Werk schreibt schwarze Zahlen. Am 17. März 2005 verkündet die Geschäftsleitung/ Konzernleitung: "Die Rolltreppenfertigung in Hattingen soll stillgelegt werden." Die Fertigung der Eco- (Kaufhaus-)treppen soll aus Kostengründen nach Kunshan/China und die Fertigung der Schwerlasttreppen (u.a. für U-Bahnen) aus Auslastungsgründen nach Keighley/ Großbritannien verlagert werden. Die Umsetzung der Pläne würde bedeuten: 325 Beschäftigte verlieren ihren Arbeitsplatz. Hinzu kommen nochmals die gleiche Anzahl von Arbeitsplätzen in Zulieferfirmen. Der Verlust von Arbeitsplätzen in dieser Dimension hat katastrophale Auswirkungen auf die Stadt Hattingen. Er wäre ein schwerer Rückschlag für eine Region, die sich im Strukturwandel befindet. Am 04. April 2005 fordert deshalb der Rat der Stadt Hattingen die Konzernleitung KONE in Helsinki auf, „die Entscheidung über die Produktionsverlagerungen auszusetzen und mit den Beschäftigten alternative Vorstellungen zu einem wettbewerbsfähigen Standort der KONE GmbH in Hattingen zu entwickeln." Jetzt reicht’s! Wir dürfen nicht kampflos hinnehmen, dass ein internationaler Konzern deutsche Steuergelder einstreicht, einen modernen Produktionsbetrieb ausschlachtet, sich das Wissen der Menschen aneignet und nun verbrannte Erde hinterlassen will. Leisten wir gemeinsam Widerstand! KONE will eine zweistellige Rendite. Es darf nicht sein, dass 325 Arbeitsplätze der Profitgier finnischer Aktionäre geopfert werden. Verteidigen wir gemeinsam die KONE-Arbeitsplätze. Kommt alle zur Kundgebung am 17. Mai 2005. Quelle: |
...unternehmerisches Raubrittertum im Gewandte des modernen Kapitalismus Eröffnungsrede von Otto König, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Gevelsberg-Hattingen Liebe Bürgerinnen und Bürger, liebe Kolleginnen und Kollegen, seit acht Wochen kämpfen die Beschäftigten des Rolltreppenherstellers KONE in Hattingen gegen die raffgierigen Beutelschneider in Helsinki. Weil die finnische Konzernleitung unter Herrn Mitta Alahuchta die Wertschöpfung nur noch an den Dividenden der Aktionäre orientieren will, soll das Rolltreppenwerk trotz schwarzer Zahlen in Hattingen stillgelegt und die Produktion nach China und Großbritannien verlagert werden. Ich sage hier und heute: Es ist pervers, wenn der Kurs der Aktien immer höher steigt, je mehr Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren. Das ist unternehmerisches Raubrittertum im Gewandte des modernen Kapitalismus. Hier werden sinnvolle langfristige Strategien zum Arbeitsplatzerhalt in einer gebeutelten Region, die den Strukturwandel noch nicht bewältigt hat, geopfert für die Jagd nach dem schnellen Profit. Eine solche menschenverachtende Politik, die die KONE-Beschäftigte auf die Funktion Kostenfaktor reduzieren will, dürfen wir gemeinsam nicht zu lassen. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Existenz der arbeitenden Menschen und ihrer Familien und die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt, unserer Region in der Konzernzentrale in Helsinki zur Disposition gestellt wird. Kolleginnen und Kollegen, der aktuelle Konflikt bei KONE zeigt das Problem auf, wenn unternehmerische Entscheidungen nicht mehr vor Ort, sondern fernab in Konzernzentralen im Ausland gefällt werden, wo die Bindung an den Standort fehlt. Das ist übrigens in Finnland nicht anders wie hier. Das ungezügelte Kapitalismusbild des finnischen Konzerns setzt nur auf schnellen Profit und nicht auf nachhaltige Unternehmens-, Wachstums- und Innovationsstrategien im Rolltreppen-Markt, den es trotz anderslautender Behauptungen in Europa nach wie vor gibt. Hinzu kommt, dass die hiesige Geschäftsführung nur willfährige Statthalter der KONE- Konzernpolitik sind. Sie fahren den Hattinger Betrieb bewusst gegen die Wand. Sie schleusen an Hattingen Aufträge vorbei. Sie trocknen den Betrieb aus. Wohlwissend, dass es in Europa und in den Golf-Staaten Kunden gibt, die nur von Hattingen beliefert werden wollen. Wenn sie nur einen Funken Ehre im Leib hätten, würden sie ihren Posten freiwillig räumen. Liebe Bürgerinnen und Bürger, hier wachsende Arbeitslosigkeit und Armut, dort schamlose Selbstbedienung eines Teils der Managerkaste. Das zerstört den gesellschaftlichen Zusammenhalt und untergräbt das Vertrauen in die Demokratie. Deshalb können wir nicht akzeptieren, wenn Politiker immer wieder betonen, sie seien angesichts solcher Entwicklung hilflos. Nein. Politik muss auch in Zukunft dafür sorgen, dass die Wirtschaft weiterhin dem Primat der demokratischen Willensbildung unterworfen bleibt. Ich begrüße auf dieser Kundgebung unsere Bürgermeisterin Dagmar Goch, den Landrat Arnim Brux, den Präsidenten des Landtages Uli Schmidt und Minister Wolfram Kuschke. Zunehmende Ungleichheit, Lohndumping, und kurzfristige Renditeorientierung sind Symptome eines ungezügelten Kapitalismus. Diese Form des Wirtschaftens entspricht nicht den Interessen der Beschäftigten von KONE, den Interessen der arbeitenden Menschen in dieser Region. Deshalb rufen wir allen Menschen in Deutschland und in Finnland zu: „Von Hattingen geht das Signal aus, dass Menschen wichtiger sind als Profitgier!" Das beweist, euere Anwesenheit hier auf dem Untermarkt. Das beweist die großartige Solidarität der Bevölkerung. Das beweist das Engagement der Kirchen vor Ort. Stellvertretend darf ich sehr herzlich Superintendent Ernst Vosswinkel begrüßen. Diese Auseinandersetzung mit dem Global-Player KONE hat eine internationale Dimension. Ich begrüße sehr herzlich die Vertreter des Europäischen KONE-Forums - die Kollegen Johani Kouhia aus Finnland, Salvatore Casatta aus Italien und Kees Braber aus den Niederlanden. Sie alle stehen mit ihren nationalen Gewerkschaften, den Schwestergewerkschaften der IG Metall solidarisch an der Seite der Hattinger KONE-Beschäftigten, gegen die Profitgier des Konzern für eine Gesellschaftsordnung, in der die menschliche Arbeit eine wichtige Rolle spielt. Für eine solche Gesellschaftsordnung streitet auch und gerade in unserer Region die IG Metall. Ich darf heute ganz besonders Jürgen Peters, den Vorsitzenden der IG Metall, in unserer Mitte begrüßen. Liebe Bürgerinnen und Bürger, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Sie heute auf den Untermarkt gekommen sind, wir brauchen auch in den kommenden Wochen Ihre Unterstützung. Mit der heutigen Aktion beginnt unser Kampf für ein menschenwürdiges Leben! Darum sagen wir: Jetzt reicht's! Gemeinsam Widerstand leisten! Verteidigen wir die Arbeitsplätze bei KONE! |
Menschen sind wichtiger als Profite Rede von Jürgen Peters, Erster Vorsitzender der IG Metall Weil einstellige Renditen nicht genug sind. Weil die ferne Konzernzentrale in Finnland mehr will. Dafür werden Menschen arbeitslos. Dafür werden über 300 Familien in eine Ungewisse Zukunft gestoßen. Ohne Perspektive. Das ist es, was wir anprangern: diese Profitgier, diesen asozialen, entfesselten Shareholder-Kapitalismus! Renditeziele über alles. Und wer eine solche Unternehmenspolitik kritisiert wird verunglimpft, wird stigmatisiert, wird als Klassenkämpfer in die Ecke gestellt. Ich aber sage: Wer eine solche Unternehmenspolitik verteidigt, dem gehen Profite über Menschen. Der macht sich schuldig - mitschuldig, dass sich unsere Gesellschaft immer mehr den Wolfsgesetzen dieser kapitalistischen Gesellschaft beugt. Kolleginnen und Kollegen, die Beschäftigten bei Kone, ihre Familien, die Menschen in dieser Stadt stehen auf gegen die Logik der Konzernzentralen, gegen die Logik des ungezügelten Profitstrebens. Die Beschäftigten hier bei Kone und die Bürgerinnen und Bürger hier in Hattingen setzen Zeichen: Menschen sind wichtiger als Profite! Kolleginnen und Kollegen, ich fordere Sie auf, Hattingen zu einem „Europäischen Kompetenzzentrum mit Entwicklung, mit Konstruktion, mit Fertigung" auszubauen. Das ist machbar, das ist vernünftig und das ist wirtschaftlich tragfähig. Kolleginnen und Kollegen, das Wissen der Beschäftigten ist zu nutzen. Und es müsste schon „mit dem Teufel zugehen", wenn es uns nicht gelingen würde auch mit externem Sachverstand in den nächsten Wochen ein tragfähiges Konzept für den Standort zu entwickeln. Unser Slogan lautet: Besser statt billiger! Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen Hilfe. Wir brauchen Unterstützung aus der Politik. Von den Medien. Wir brauchen mehr als eine Debatte um die Auswüchse des entfesselten Aktionärskapitalismus. Wir brauchen eine andere Ausrichtung der Wirtschaftspolitik, der Finanz- und der Steuer. Wir brauchen eine Politik, die auf Beschäftigung und Beschäftigungssicherung abzielt. Deshalb unser „Arbeitnehmerbegehren". Deshalb unser Aktionsprogramm für „Arbeit und soziale Gerechtigkeit'. Wir sagen: Arbeitsplätze schafft man nicht durch Sozialabbau, nicht durch Sparorgien und auch nicht durch den Abbau von Arbeitnehmerrechten. Wir müssen die einseitige Exportorientierung der deutschen Wirtschaft aufbrechen und die Binnennachfrage wieder stabilisieren. Mit guten Löhnen für gute Arbeit. Mit angemessenen Renten und Sozialieistungen. Wir brauchen einen Staat, der seinen Verpflichtungen nachkommt - einen aktiven Staat. Der selbst Nachfrage schafft. Durch Investitionen, z.B. in Bildung, in Infrastruktur, in Verkehrssysteme. Wenn der Staat wieder mehr investiert, wenn die Kommunen, die Länder oder der Bund wieder die notwendigen öffentlichen Ausgaben tätigt, dann bringt das nicht nur das Land wieder nach vorn. Das schafft Beschäftigung. Das sichert Beschäftigung. Zum Beispiel durch Auftragsvergabe. Nehmen wir zum Beispiel die Deutsche Bahn AG. Die Deutsche Bahn AG als 100%ige Tochter des Bundes ist hier in einer besonderen Verantwortung. Die Bahn hat bislang Schwerlasttreppen von Kone gekauft. Das soll auch so bleiben. Einige Kostenrechner bei der Bahn wollen das nicht mehr. Gegen den Willen gerade der Techniker wollen die Kostenrechner nur billig. Ohne Qualität. Kolleginnen und Kollegen, wir aber wollen, dass das Unternehmen Bahn weiter auf Kone-Wertarbeit aus Hattingen setzt. Deshalb sage ich: Herr Mehdorn stärken Sie mit ihrer Vergabepolitik den Standort Hattingen. Helfen Sie mit, den Leuten hier eine Zukunft zu sichern. Kolleginnen und Kollegen, das Beispiel Kone zeigt wieder einmal: Die Profite werden privatisiert. Die Kosten - vor allem Folgekosten unternehmerischen Handelns solidarisiert. 1999 wurden noch öffentliche Zuschüsse für eine neue Fertigungshalle gezahlt - heute zählt das alles nicht mehr. Ich sage: Wer öffentliche Zuschüsse kassiert, der hat auch ein Verpflichtung. Eine Verpflichtung der Gesellschaft gegenüber. Der schuldet der Gesellschaft etwas. Kolleginnen und Kollegen, wir wissen nicht wie der Konflikt ausgehen wird. Wir wissen aber: Ihr seid nicht allein! Ihr habt die Unterstützung der IG Metall, die Solidarität einer ganzen Stadt, einer ganzen Region. Das ist gut so! Lasst uns zusammenstehen. „Gemeinsam sind wir stark!" Glück auf! |
...unternehmerisches Raubrittertum im Gewandte des modernen Kapitalismus Rede von Uli Schmidt, Präsident des Landtages NRW (SPD) Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, liebe Bürgerinnen und Bürger. Diese Stadt, ihre Bevölkerung und unsere Region zeigen heute, dass sie nach den Kämpfen bei Mönninghoff, der Hütte, der Bergbauzulieferer, wieder an der Seite einer kämpfenden Belegschaft stehen. Der KONE-Belegschaft. 1999 haben wir noch alle gedacht, mit den öffentlichen Zuschüssen durch die Landesregierung für den Bau einer neuen Montagehalle, langfristig Arbeitsplätze zu sichern und zu schaffen. Der Aufsichtsratsvorsitzende Herr Dr. Körnig hat damals für diese Investitionen am Standort Hattingen geworben - und das mit Erfolg. Keine 6 Jahre später erklärt er in der Öffentlichkeit, dass dieser Standort nunmehr geschlossen werden muss. Man muss wohl heute und öffentlich feststellen, dass eine soziale und regionale Verantwortung für die Beschäftigten, die Familien und für diese Region, bei der Konzernspitze, der hiesigen Geschäftsleitung und bei dem Aufsichtsratsvorsitzenden, keine Rolle mehr spielen. Bei einem Gespräch mit Schulvertretern in den letzten Tagen wurde darauf hingewiesen, dass in den 80er Jahren an der Berufsschule noch pro Jahrgang 8 Klassen für Metallberufe gebildet wurden. In 2005 wird gerade noch eine Klasse pro Jahrgang gebildet. Sollte die Erstausbildung bei KONE nicht mehr erfolgen, wird es künftig nur noch für wenige ausgewählte Jugendliche, in Hattingen eine Möglichkeit geben einen Metallberuf zu erlernen. Wir brauchen in dieser Stadt keine weiteren Flächen für stadtnahe Wohnbebauung. Was wir brauchen ist ein Angebot an Arbeitsplätzen in der Metallindustrie. Ich fordere daher im Namen Hattingens über alle Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg, für unsere Region und auch als Präsident des Landtages die Konzernspitze in Helsinki auf:
Meine letzte Aufforderung geht an die Geschäftsleitung am Standort Hattingen:
Damit auch unsere Kinder und Enkelkinder noch eine Zukunft haben. Glück Auf! |
»Schließung des Rolltreppenwerks wäre katastrophal« Interview mit Otto König, erster Bevollmächtigter der Industriegewerkschaft Metall Gevelsberg-Hattingen, geführt von Peter Wolter, 'junge Welt' vom 14.05.2005 Hattingen geht am Dienstag gegen den Rauswurf von 325 Beschäftigten auf die Straße. Selbst Kirchengemeinden rufen zur Demo auf. Ein Gespräch mit Otto König F: Der finnische Kone-Konzern will die Rolltreppenfertigung in Hattingen einstellen und nach China und Großbritannien verlagern. Ist der Betrieb pleite oder unrentabel? Nichts dergleichen. Kone geht es, wie auch anderen »global playern«, darum, daß die einstellige Profitmarge nicht ausreicht. Sie möchten eine zweistellige Marge. Bis Ende letzten Jahres hat der Betrieb schwarze Zahlen geschrieben. F: 325 Leute werden gefeuert – was heißt das für Hattingen, was heißt das für die Entlassenen? Gibt es andere Arbeitsplätze für sie? Nein, die gibt es nicht. Hattingen war immer von der Stahlindustrie geprägt, wir hatten hier mal die Henrichshütte mit 10000 Beschäftigten. Die ist fast vollständig weg – nur 40 Jobs sind geblieben. Kone ist heute in Hattingen mit 413 Arbeitsplätzen der größte Arbeitgeber in der Metallindustrie. Eine Schließung dieses früher zu Orenstein & Koppel gehörenden Betriebes wäre für den Ort eine Katastrophe. Die verbleibenden 88 Arbeitsplätze sind in der Konstruktionsabteilung, die erhalten werden soll. F: Die Betriebsschließung ist für Hattingen offenbar ein Schock. Selbst evangelische Kirchengemeinden rufen zu einer Protestkundgebung auf, die für Dienstag, 17. Mai, geplant ist. Mit wieviel Teilnehmern rechnen Sie? Wir gehen von 4000 bis 5000 Menschen aus. Hattingen hat eine kämpferische Tradition, beim Kampf um den Erhalt der Henrichshütte war damals auch schon die ganze Stadt aufgestanden. F: Dieser Konflikt scheint für die IG Metall große Bedeutung zu haben. Hauptredner am 17. Mai ist Ihr Gewerkschaftsvorsitzender Jürgen Peters ... Kone-Hattingen ist ein Synonym für die aktuelle Debatte über die sogenannten Heuschrecken. Damit sind ja nicht nur die Finanzinvestoren angesprochen, sondern die »Global player« insgesamt. Ähnliche Auseinandersetzungen wie bei uns haben wir zur Zeit in Würzburg bei VDO-Siemens, bei Linde in Mainz oder bei der DEMAG in Nürnberg. Kone-Hattingen könnte zu einem Synonym für Gegenwehr werden – insofern hat der Konflikt für die IG Metall große Bedeutung. F: Stichwort Heuschrecken. Was halten Sie von der plötzlichen Kapitalismuskritik des SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering? Wenn sie nicht nur wahltaktisch gemeint ist, könnte sie dazu beitragen, die seit Jahren fast gleichlautende Kritik aus den Gewerkschaften zu verstärken. Wenn wir so etwas sagen, werden wir gleich als Ewiggestrige oder Besitzstandswahrer abgetan – wenn Müntefering so etwas sagt, berichten plötzlich alle Medien. Ich hoffe, daß seine Äußerungen nicht nur auf die Landtagswahl am 22. Mai gemünzt sind. F: Der Opelstreik in Bochum hat die Unternehmerverbände aufgeschreckt – vielleicht war vor diesem Hintergrund auch die schnelle Einigung in der Stahlindustrie möglich. Warum folgen Sie in Hattingen nicht dem Beispiel Opel? Warum gehen Sie nicht militanter vor? Das Bochumer Opelwerk hat im Gesamtkonzern von General Motors eine andere strategische Funktion als unser Hattinger Werk für Kone. Die Bochumer konnten ganz anderen Druck ausüben, weil sie u. a. Komponenten für andere Werke liefern. Kone hingegen liefert die Rolltreppen als Endprodukte. Wir haben damit eine viel geringere Hebelkraft als die Bochumer Opel-Kollegen. F: Kone wurde erst vor sieben Jahren mit öffentlichen Subventionen saniert, auch damals wurden schon 160 Leute entlassen. Muß der finnische Mutterkonzern diese Subventionen zurückzahlen, wenn er das Werk schließt? Das hatte NRW-Wirtschaftsminister Harald Schartau (SPD) auf einer Protestkundgebung Anfang April angedeutet. Ich hoffe, daß das nicht nur eine leere Drohung war. F: Die Rolltreppen-Fertigung soll nach Großbritannien und China verlagert werden. Will der Konzern die Kosten dafür etwa auch noch von der Steuer absetzen? Das würde mich überhaupt nicht wundern. Entscheidend ist aber etwas anderes: Wenn man die Kosten der Verlagerung und der Sozialpläne berücksichtigt, dürfte es unter dem Strich viel billiger sein, die gegenwärtigen Arbeitsplätze zu erhalten. Quelle: |