Köln, 20.5.2005 - Protest der Initiative 'Agenturschluss' gegen Ein-Euro-Jobs - beim Ehrenfelder Verein für Arbeit und Qualifizierung (EVA) |
Bundesweiter Aktionstag Ankündigung von Agenturschluss Köln Am Freitag, den 20. Mai wird es in mehreren Städten Aktionen gegen die Vermittlungsstellen und Beschäftigungsträger von Ein-Euro-Jobs geben. Unsere deutliche Forderung lautet "Finger weg vom Geschäft mit den Zwangsdiensten!" In Köln wollen wir früh morgens für Überraschung sorgen. Wo es hingeht, wird hier genau deswegen noch nicht verraten! Nur soviel - das ungewohnt frühe Aufstehen und das hoffentlich pünktliche Erscheinen "lohnt" sich! 20. Mai - morgens 6.30 Uhr. Treffpunkt: Friesenplatz (vor dem Strauss-Laden) [von da aus werden wir uns per Straßenbahn und zu Fuß auf die Socken machen.] Wir lehnen die Disziplinierung des "Forderns statt Förderns" der Hartz-Gesetze und insbesondere den Zwang zu entrechteten Pflichtdiensten ohne wenn und aber ab! Wir halten darüber hinaus die unverschämt niedrige "Entschädigung" von teilweise nur 70 Cent die Stunde für eine nicht hinnehmbare Zumutung und lassen uns diese Frechheit weder von Herrn Clement noch von den Kölner Beschäftigungsträgern schönrechnen. Und weil die meisten Beschäftigungsträger immer noch vorgeben, sie selbst wären nicht verantwortlich für den Zwangscharakter dieser Ein-Euro-"Jobs" (sondern lediglich die ARGE Köln, mit der sie freiwillg zusammenarbeiten) müssen wir wohl etwas deutlicher werden gegenüber den"Kopfgeldjägern" von Allerhand gGmbH, arbeit sozial, AWO, Diakonie Michaelshoven, inab, Konsortium Kölner Beschäftigungsträger, Zentren für Senioren und Behinderte der Stadt Köln und Kölner Gesellschaft für Arbeits- und Berufsförderung mbH. Quelle: |
EVA stinkt zum Himmel! Flugblatt der Kölner Kampagne Agenturschluss Liebe Arbeitslose und Ein-Euro-Jobber! Wir kommen euch heute bei EVA aus drei Gründen besuchen: Wir sind gegen Ein-Euro-Jobs, weil sie eine Form von Zwangsarbeit sind. Viele von uns sind selbst arbeitslos. Keine und keiner von uns will irgendwann einmal in einer Klitsche wie der EVA landen. Wir wollen mit euch überlegen, wie wir gemeinsam diesen scheinheiligen Verein bekämpfen können. Reden wir nicht lange drum herum: Die Arbeit bei EVA ist doch der letzte Käse, oder etwa nicht? Offiziell ist das, was ihr da macht, auch gar keine Arbeit, sondern eine „Arbeitsgelegenheit". Ihr macht eine „Maßnahme" die euch „qualifizieren" und in den Arbeitsmarkt „integrieren" soll. Die Realität hinter diesem Sozialpädagogen-Geschwafel sieht ja wohl ganz anders aus. Die Werkstätten sind hoffnungslos unterversorgt. Niemand hat wirklich Bock, hier was zu machen. Es fehlt an Material und vernünftigem Werkzeug. Man langweilt sich zu Tode und lernt überhaupt nichts außer einer Sache: So zu tun als würde man arbeiten. Und pünktlich um kurz vor 7 Uhr morgens zu stempeln. (Warum eigentlich so früh? Warum nicht um 8 oder 9 Uhr? Die Antwort: Aus reiner Schikane.) Arbeitsmarkt? Welcher Arbeitsmarkt? Den Arbeitsmarkt, in den ihr angeblich integriert werden sollt, den gibt es da draußen sowieso nicht. Eher machen eure Tätigkeiten, wenn ihr denn mal auf eine Baustelle verschickt werdet oder ein paar Waschmaschinen oder Computer repariert habt, den Arbeitsmarkt kaputt, indem ihr in Konkurrenz zu den Firmen tretet, die keine Zuschüsse von der Stadt oder dem Arbeitsamt kriegen. Und diese Firmen senken dann wieder die Löhne oder machen Pleite. Und wo landen die Entlassenen dann? Bei EVA oder vergleichbaren Verwahranstalten, die mittlerweile wie Pilze aus dem Boden sprießen. Das ist alles der komplette Schwachsinn. Es hat nur einen Grund: Ihr sollt aus der Statistik verschwinden. Denn wer eine Maßnahme macht, wird nicht als arbeitslos gezählt. Zum anderen werden durch diese Maßnahmen viele abgeschreckt, überhaupt Leistungen zu beziehen. Manchen ist der Laden einfach zu blöd und die Lebenszeit zu schade, um sie hier zu vergeuden, andere kennen ihre Rechte nicht und werden gesperrt. Sie alle beschönigen die Statistik. Und die Politiker stellen sich bei der nächsten Wahl frech vor die Kameras und feiern das als Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. („Hartz IV beginnt zu greifen.") Zum Kotzen ist das. Reden wir vom Geld: Für eure Anwesenheit kriegt ihr eine „Mehraufwandsentschädigung", die noch nicht einmal reicht, die Fahrt zu EVA und ein ordentliches Mittagessen zu bezahlen. Acht Stunden mal 70 Cent ergibt 5,60 €. Eine Fahrt mit der KVB kostet mittlerweile 2,10 €. Der größte Witz: Diesen Mehraufwands-Pseudo-Lohn unterteilen sie noch in verschiedene Kategorien: Manche kriegen 70 Cent, andere 1,20 € und wieder andere 1,50 €. Warum diese Unterschiede? Hat das irgend einen logischen Grund? Der „Mehraufwand" ist für einen Arbeiter unter 25 ja wohl der selbe wie für einen gelernten Maschinenschlosser im Alter von 55. Wir alle müssen irgendwie mit der Bahn oder dem Auto fahren, wenn wir nicht zufällig um die Ecke wohnen, und wir essen auch alle gern zu Mittag. Der einzige Grund ist, dass die EVA-Sozialpädagogen-Strategen in ihren schlauen Seminaren gelernt haben, dass man eine Gruppe von Menschen besser lenken kann, wenn man sie in verschiedene Kategorien einteilt: Teile und herrsche. Im Gesetz steht übrigens, dass für solche „Maßnahmen" 1 bis 2 Euro pro Stunde gezahlt werden sollen. EVA kriegt für jeden von euch mindestens 300,- € im Monat. Bei jeder Stunde, die ihr unentschuldigt fehlt, klingelt dann die Kasse. Dann werden 2,77 € pro Stunde abgezogen. Irgendwie komisch: Man kann nur 0,70 € verdienen, aber fast das Vierfache abgezogen bekommen. Klingt nach einem schlechten Deal. (Wieviel kriegen eigentlich die Damen und Herren Sozial-Pädagogen pro Stunde?) Was wollen wir eigentlich? Zunächstmal betrachten wir die Vereinbarungen, die ihr bei EVA oder Sprungbrett unterschrieben habt, als unzumutbar. Für uns sind das Zwangsmaßnahmen, die wir grundsätzlich ablehnen und die auch juristisch auf wackligen Beinen stehen. 345,- Euro Alg II im Monat plus Miete stehen euch einfach zu. Grundsätzlich gilt:
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Ein-Euro-Klitschen dicht machen! EVA stinkt zum Himmel. Bericht von Heiner Stuhlfauth, 20.05.05 Im Rahmen der Kampagne "Agenturschluss" haben etwa 30-40 Personen (darunter Kölner Anarcho-SyndikalistInnen) am Morgen des 20. Mai ab 6.45 Uhr einen "Maßnahmeträger" in Köln-Ehrenfeld aufgesucht, um den Betrieb dort lahm zu legen und mit den Arbeitslosen in Kontakt zu treten. Das ist auch für etwa 2 Stunden gelungen. Die Frage ist allerdings, ob man einen Betrieb überhaupt lahm legen kann, in dem zumeist sowieso nichts passiert außer organisierte Langeweile. Der Laden namens EVA (Ehrenfelder Verein für Arbeit und Qualifizierung e.V + gGmbH) hat sich auf das neue Segment der Ein-Euro-Jobs und Pseudo-Arbeit spezialisiert. Die Betreiber kassieren Geld vom Arbeitsamt dafür, dass sie Arbeitslose in verschiedenster Form bearbeiten und vom Leistungsbezug abschrecken. Zwischen 150-300 Leuten sind dort untergebracht. Die Tätigkeiten bei EVA sind recht unterschiedlich, gleichen aber eher Verhaltenstherapien oder Resozialisierungsmaßen als sinnvoller Qualifizierung oder gar kapitalistischer (also irgendwie profitabler und halbwegs effektiv organisierter) Lohnarbeit. Recht unterschiedlich und in sich gespalten ist auch die „Belegschaft" und deren Interessenslage. Genoss die Blockade besonders bei den Jugendlichen unter 25 – der am schlechtensten gestellten Fraktion des EVA-Proletariats – große Sympathien, gab es auch zwei hässliche Angehörige der Arbeiterklasse zu bestaunen, die von Solidarität, Nachdenken über die eigene Lage, oder gar Streik nichts wissen wollten, sondern auf ihrem Recht auf Arbeit (hier in der sinnlosesten und billigsten Form) bestanden. „Lasst mich hier durch, sonst schlag ich euch kaputt." Sowas gibt es auch! White trash, deutsche Asis – im konkreten Fall im Alter über 50 und dumm wie Bohnenstroh. Solche Typen haben damals mit Freude den Westwall und Hitlers Autobahnen gebaut und sind stolz auf einen Dreck. Hauptsache Arbeit. Dazwischen waren jede Menge Unentschlossene und Interessierte und natürlich auch redselige SozialarbeiterInnen und BetreuerInnen, die versuchten mit warmer weicher Stimme an unsere Vernunft zu appellieren. Die Aktion bietet Anlass, genauer darüber nachzudenken, wie sich der Arbeitslosenkampf in der neuen Epoche der Pseudo-Arbeit entwickeln könnte und wie eine militante Arbeitslosen-Bewegung quasi von außen in einen Betrieb intervenieren kann. Ferner sollten wir uns die Spaltungs- und Lenkungsmechanismen (Lohnunterschiede, Gratifikationen etc.) in solchen Betrieben anschauen, wie sie von den Insassen dort reproduziert werden und wie sich dem entgegen wirken ließe. Mehr dazu werde ich in der nächsten Ausgabe der DA (anarcho-syndikalistische Zeitung) veröffentlichen - falls die Redaktion einverstanden ist ;) . Quelle: |
Ein-Euro-Jobs im Visier Artikel von Axel Denecke und Jürgen Schön in der 'taz Köln' vom 21.5.2005 Die Initiative "Agenturschluss" protestiert in Ehrenfeld gegen unzumutbare Billigjobs und kündigt weitere unangemeldete "Kontrollen" in Köln an Ungewöhnliches Gedränge gab es am Freitagmorgen um 7 Uhr vor der EVA GmbH in Ehrenfeld. Unbekannte hatten das Tor des Haupteingangs mit einem Fahrradschloss verriegelt, die Beschäftigten mussten den Nebeneingang nehmen. Vor dem Tor hatten sich etwa 40 Demonstranten der Kölner Kampagne "Agenturschluss" versammelt. Der Grund für den Protest: die nach Meinung der Demonstranten unzumutbaren Bedingungen in den Qualifizierungsmaßnahmen der EVA. "Die EVA ist uns auf einem unserer Ein-Euro-Spaziergänge aufgefallen", erklärte Heiner Stulfauth von der Kampagne, "wir haben mit Beschäftigten gesprochen und viele waren sehr sauer, weil sie hier erstens gar keine sinnvolle Ausbildung bekommen und man sich zweitens zu Tode langweilt, weil so wenig zu tun ist." Eine Beschäftigte mittleren Alters, die vor dem Tor wartete, drückte es so aus: "Früh Aufstehen lernen ist die einzige Qualifikation, die du hier bekommst." Die Geschäftsführerin der EVA, Inge Bahmani erklärte gegenüber der taz, dass das Angebot an Ein-Euro-Jobs erst im Aufbau sei, die EVA derzeit jedoch unter anderem das Qualifizierungsprogramm "Wege in Arbeit" durchführt. In solch einem Programm sollen die von der Arbeitsagentur ausgewählten Kandidaten im Bereich Trockenbau, Elektrik oder Malerei weitergebildet werden. Für eine Vollzeitstelle bekommt jeder Teilnehmer 540 Euro Aufwandsentschädigung. Doch das Geld sei gar nicht das wichtigste für die Teilnehmer, sagt Inge Bahmani: "Viele sagen auch einfach: Gut, dass wir eine Struktur für unseren Tag haben". Doch das eigentliche Ziel, der Zugang zum so genannten ersten Arbeitsmarkt, erreichen damit nur für die wenigsten: Maximal jeder Fünfte aus einer solchen Beschäftigungsmaßnahme bekommt anschließend einen regulären Job. Kein Wunder, denn die Arbeitsagentur Köln zählte im April rund 70.000 Arbeitslose in Köln bei nur 3.900 freien Stellen. Für viele Arbeitslose, die irgendeine Beschäftigung suchen, wird in Zukunft der Billigjob der einzige Ausweg sein. So war es auch bei der 41-jährigen Barbara Rutkowski. Die gelernte Erzieherin wollte es nach anderthalb Jahren Arbeitslosigkeit mit einem Ein-Euro-Job versuchen und wurde im April von der Arbeitsagentur zur EVA geschickt. Über das dortige Qualifizierungsangebot konnte sie sich allerdings nur wundern. "Mir wurde unter anderem ein PC-Anfängerkurs angeboten, obwohl ich meine Abschlussarbeit als Erzieherin am PC geschrieben habe. Außerdem hat man mir noch einen Strickkurs angeboten, oder ein Praktikum im Kindergarten. Ich habe gesagt, nee, ich brauche keine Beschäftigungstherapie." Sie beendete ihre "Qualifizierung" bei der EVA, um in eine andere Ein-Euro-Stelle zu wechseln, die ihr mehr zusagt. Die Aktivisten der Kampagne Agenturschluss werfen der EVA auch vor, nicht zuletzt aus wirtschaftlichem Interesse Ein-Euro-Stellen anzubieten. "Die Betreiber bekommen monatlich 300 bis 500 Euro pro Arbeitslosem, der zu ihnen kommt und aus der Statistik fällt", kritisiert Heiner Stulfauth. Die Kampagne Agenturschluss plant weitere Protestaktionen. Kein sozialer Träger, der Ein-Euro-Jobs anbietet, soll sich vor ihren "Missbrauchskontrollen" sicher fühlen. Letzte Woche hatten die Arbeitsplatz-Beobachter die Jugendwerkstatt und das Umweltzentrum West in Sülz besucht. Sie wollen "Merkwürdigkeiten" aufzuspüren, die selbst unter der Hartz-IV-Gesetzgebung nicht rechtens sind. Bei vergangenen Besuchen hätten sie Ein-Euro-Jobber angetroffen, die andere Ein-Euro-Jobber zur Arbeit qualifizieren, erzählt ein Agenturschluss-Mitglied. Andernorts hätten Ein-Euro-Jobber nur 70 Cent pro Stunde erhalten. Aufgefallen seien auch Unregelmäßigkeiten bei der Bezahlung des ohnehin kärglichen Lohns. So sei verspätet ausgezahlt oder ein Teil des Salärs einbehalten worden - als "Erziehungsmaßnahme". Vor allem will "Agenturschluss" prüfen, ob durch Ein-Euro-Jobs versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen Konkurrenz gemacht wird. Quelle: |