Düsseldorf, 2.6.2005 (1) - Demonstration gegen die drohende Schließung der Glashütte Gerresheim |
Nicht im Sozialismus Artikel von Werner Rügemer in 'junge Welt' vom 2.6.2005 »Heuschrecken« pflegen ihr Image: Der US-Konzern O-I hat die Glashütte in Düsseldorf vom Investor CVC gekauft und will sie schließen Bis Donnerstag letzter Woche wehte am Werkseingang der Glashütte im Düsseldorfer Stadtteil Gerresheim die US-Nationalflagge. Die empörten Beschäftigten haben die »stars and stripes« gegen eine pechschwarze Fahne ausgetauscht und sie auf halbmast gesetzt. Davor haben sie eine ständige Mahnwache aufgebaut. Der US-Eigentümer Owens-Illinois (O-I) hat angekündigt, den Betrieb zum Jahresende zu schließen. Am 25. Mai erhielten alle Beschäftigten einen Brief von Geschäftsführer Derek Whiteside. Er ist in O-I für Deutschland und Tschechien zuständig. Whiteside begründet die Schließung mit Überkapazitäten bei Glasbehältern in Deutschland. Sie sei wegen »Zwangspfand«, Alcopops-Besteuerung, PET-Flaschen und Kartonverpackungen entstanden. Die Schließung kommt auch deshalb unvermittelt, weil erst zum 1. April dieses Jahres 107 Beschäftigte entlassen wurden. Weiteren 40 wurden die Zeitarbeitsverträge nicht verlängert, einige gingen in Vorruhestand. Die Zustimmung zum Sozialplan und zur Überführung in die Transfergesellschaft PEAG, die für ein Jahr 85 Prozent des bisherigen Gehalts sichert, war als Bedingung genannt worden, um die verbliebenen Arbeitsplätze zu retten. »Trittin mit seinem Zwangspfand ist schuld«, diese Argumentation von O-I verfängt auch bei den Beschäftigten. Gleichzeitig zählen sie die Fakten auf, die dagegen sprechen: Dosenpfand, Steuern auf Alcopops, PET-Flaschen und Kartonverpackungen gab es auch schon vor elf Monaten, als O-I Ende Juni 2004 die Glashütte kaufte. Umgekehrt werde deshalb ein Schuh draus: Weil dies alles klar war, hat O-I gekauft. Prügelknabe Dosenpfand Weitere Fakten sprechen gegen die O-I-Argumentation: zur Glashütte Gerresheim gehören vier kleinere Produktionsstandorte in Deutschland: Achern, Holzminden, Rinteln und Bernsdorf. Sie alle werden nicht geschlossen. »Dort sind die Grundstücke nichts wert, im Gegensatz zur citynahen Lage in Düsseldorf«, vermutet Betriebsrat Jürgen Weide. Mit einem Quadratmeterpreis von 600 Euro könne man hier rechnen. Düsseldorfs Oberbürgermeister Joachim Erwin (CDU) schiebt die Schuld ebenfalls Trittins Dosenpfand zu. Gegen die Schließung will er nichts unternehmen. »Wir leben ja nicht im Sozialismus«, unternehmerische Entscheidungen respektiere er. Mit der Geschäftsleitung habe er schon vor Monaten über die Vermarktung von Grundstücken der Glashütte gesprochen. Für die Immobilienbranche wäre das die lang erwartete Gelegenheit, den »Umstrukturierungsprozeß« im ehemaligen Industriegebiet zu vollenden. Noch Anfang der 70er Jahre hatten hier 5 500 Menschen Arbeit. Der britische Finanzinvestor CVC kaufte 1999 die Glashütte, gleichzeitig auch den französischen Konkurrenten BSN, damals eine Tochtergesellschaft von Danone. CVC machte BSN-Manager zu Mitinhabern der Glashütte und ließ die besten Maschinen aus Düsseldorf nach Reims in Frankreich schaffen. In den deutschen Standorten wie Gerresheim wurden einfachere Ersatzproduktionen angesiedelt. CVC wollte einen verschlankten europäischen Glaskonzern, umbenannt in BSN Glasspack, an die Börse bringen. Doch 2000 kam der Börsencrash dazwischen, Börsengänge wurden schwierig. CVC hatte die Glashütte und BSN für 900 Millionen Mark gekauft. Um sie für den Weiterverkauf herzurichten, wurde das Personal in Gerresheim von 1750 auf 380 reduziert. Im Juni 2004 wurde die Glashütte mit den vier anderen Betriebsstätten für 1,4 Milliarden US-Dollar an O-I losgeschlagen. O-I mit der Zentrale in Toledo/Ohio und dem juristischem Sitz in der US-Finanzoase Delaware hat in den letzten Jahren Dutzende Produktionsstätten in Europa und Asien zusammengekauft und baut seine globale Marktführerschaft bei Glas- und Plastikbehältern aus. Der Konzern richtet eine Europa-Vertriebszentrale in Lausanne ein und baut die Produktion mit Niedriglöhnern in Estland, Polen und Tschechien neu auf. Die Glashütte ist wichtig, um deutsche Kunden zu behalten. Ziel: Nicht zahlen Die Belegschaft vermutet noch einen anderen Zusammenhang. Zum 1. Juni 2005 ist mit 250 Millionen US-Dollar die Schlußzahlung von O-I an CVC fällig. O-I will um die Zahlung möglichst herumkommen. Das wäre möglich, wenn O-I nachweisen kann, daß die Marktverhältnisse sich anders darstellen als beim Kauf angenommen. Ein Nachweis würde darin bestehen, daß der Standort Gerresheim wegen Überkapazitäten geschlossen werden muß. Es könnte sich dabei auch um ein abgekartetes Spiel der beiden Investoren handeln, so die Vermutung. Norbert Ziegert war 14 Jahre lang Betriebsratsvorsitzender. Er ist am 1. April mit auf den Sozialplan und in die Transfergesellschaft gegangen. Im Beisein eines Rechtsanwalts habe er Whiteside Lüge vorgeworfen. Der gehe nicht dagegen vor. O-I habe sich unter der US-Nationalflagge in Gerresheim wie auf US-Territorium verhalten, deutsche Gesetze hätten wenig gegolten. »Das erinnert sehr an Münteferings Heuschrecken.« Quelle: |
Kollegen von der Hütte, laßt Euch nicht billig verkaufen! Erklärung der DKP Düsseldorf vom 28.5.2005 Schon in den vergangenen Jahren war der Charakter der Glashütte durch Zukäufe und Verkäufe kaum noch kenntlich. Schritt um Schritt ist die Belegschaft reduziert worden. Jetzt steht die Entlassung der letzten 230 Kollegen und die Schließung der Hütte an. Die nächste Generation wird hier vor verschlossenen Toren stehen. Keine sieben Jahre ist es her, daß der damalige Vorstands-vorsitzende Rambow versicherte, daß für die gegenwärtige Produktion in Gerresheim immer ein Markt bestünde. Er selbst hat sich bald darauf recht auskömmlich abfinden lassen. Noch vor zwei Monaten ist mit dem Versprechen des Erhalts der Hütte die Hinnahme der Entlassung von 107 Kollegen betrügerisch erkauft worden. Nur schwer werden die Kollegen woanders unterkommen können. Es droht Arbeitslosigkeit und die Verarmung entsprechend Hartz IV. Die drohende Schließung wirft nun eine ganze Reihe von Fragen auf. Sie betreffen nicht nur Abfindungen und Sozialpläne. Über die werden sich Manager eines weltweit agierenden amerikanischen Konzerns wie Owens vermutlich erst einmal wenig Gedanken machen. Dazu sind wirksame Solidaritätsaktionen der Betroffenen nötig. Die Fragen betreffen aber auch die Betriebsrenten. Wie können die gesichert werden? Fragen, die sich auch an die Gerresheimer und Düsseldorfer Politiker richten. Mit der Gerresheimer Glashütte verschwindet ein weiteres Stück traditioneller Düsseldorfer Industriekultur. 1864 gegründet, stellte das Werk schon 14 Jahre später 14 Millionen Flaschen her, weitere 10 Jahre später 47 Millionen. Ferdinand Heye ließ Siedlungen erstellen für die Arbeiter, die er zu großen Teilen aus weit entfernten Gebieten, aus dem Osten Preußens, aus Polen, selbst aus Rußland, anwarb. Die Siedlungshäuser prägen heute noch den Charakter von Untergerresheim. Bis zu 6000 Arbeiter beschäftigte in den besten Jahren die Glashütte. Gerresheim, das bedeutete vor allem: die Glashütte, ihre Arbeiter und deren Familien. In den zwanziger und dreißiger Jahren waren hier die Arbeiterparteien, insbesondere die KPD, sehr stark, von hier aus ging immer wieder Widerstand gegen die Nazipartei aus, der auch durch die berüchtigte Razzia und die Justizmorde vor 60 Jahren nicht gebrochen werden konnte. Kommunisten haben aber auch nach 1945 im Werk und in den Wohnvierteln die Interessen der Hüttenarbeiter vertreten. Wir waren zur Stelle, als die Werkswohnungen verkauft wurden, in den Mieterbewegungen und bei anderen sozialen Fragen. Als Kommunisten haben wir unsere Aktivitäten im Interesse der Arbeiter immer auch verbunden mit der Erkenntnis, daß der Kapitalismus nicht das letzte Wort der Geschichte sein kann. Und heute wird es besonders deutlich: So kann es nicht weiter gehen! Wenn sogar sozialdemokratisch geführte Regierungen durch ihre Steuerpolitik (Steuerfreiheit von Aktienverkäufen) die Zerlegung von traditionellen Betrieben befördern, den großen Konzernen durch die Senkung der Körperschaftsteuern Rationalisierungen subventionieren, angeblich um sie für den globalen Wettbewerb fit zu machen, dann steuern wir auf große politische Krisen zu. Um so mehr muß es gegenwärtig darum gehen, solidarisch für die die Rekonstruktion von Alters- und Krankenversorgung zu kämpfen. Keine Verlängerung der Arbeitszeiten! Arbeitszeitverkürzung ist die Forderung der Stunde! Gegen den Sozialabau! Hartz IV muß weg! Quelle: |
Solidarität mit den Kollegen der Glashütte! Aus dem Flaschenpost Extra "Solidarität mit den Kollegen der Hütte!", 2. Juni 2005 Demonstration: Auftakt am Donnerstag um 17 Uhr am Roten Platz (Heyestraße/Ecke Hatzfeldstraße) Die DKP unterstützt aktiv die weiterhin von der Entlassung bedrohten Kolleginnen und Kollegen der Gerresheimer Glashütte. Vor dem mit Trauerflor dekorierten Werkstor überbrachte Uwe Koopmann, Vertreter der DKP im Gerresheimer Rathaus, in einem Gespräch mit dem Betriebsratsvorsitzenden Paul Steffens die solidarischen Grüße der Gerresheimer DKP. Nach der Betriebsversammlung am Mittwoch, 25. Mai, noch in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag, hatte Koopmann eine Mail an die Bezirksverwaltungsstelle 7 im Gerresheimer Rathaus geschickt und den Bezirksvorsteher Günter Pruchniewski (CDU) gebeten, eine Sondersitzung einzuberufen. Antwort bis letzten Sonntagabend: keine. Den SPD-Fraktionsvorsitzenden im Gerresheimer Rathaus, Karsten Kunert, hatte Koopmann aufgefordert, das Anliegen einer Sondersitzung in seiner Fraktion zu diskutieren und zu unterstützen und den DKP-Antrag auch gemeinsam einzubringen. Antwort bis Sonntagabend: keine. Die Fraktionsvorsitzende von B'90/Grüne, ebenfalls um Unterstützung gebeten, sah das Gerresheimer Rathaus nicht zuständig. Sie verwies auf den Rat der Stadt Düsseldorf und auf Oberbürgermeister Joachim Erwin (CDU). Erwin lehnte es jedoch inzwischen öffentlich ab, sich gegen die „unternehmerische" Entscheidung der Massenentlassung und Betriebsvernichtung zu engagieren. Als Voraussetzung für einen Eingriff in diese kapitalistische Konzernpolitik nannte Erwin sogar ein alternatives Gesellschaftssystem: den Sozialismus. Aber Erwin will nicht eingreifen, und er will auch nicht den Sozialismus und betont: „...wir leben ja nicht im Sozialismus". Während Erwin sich auf jeder Prominenten-Party sehen lässt, können die Kollegen und Kollegen der Glashütte lange vor dem Werkstor darauf warten, dass er sich sehen lässt und ihnen eindeutig seine Solidarität ausspricht. Neben der Gerresheimer DKP überbrachte auch die Gruppe der PDS/Linke Liste im Düsseldorfer Stadtrat, Frank Laubenburg (PDS) und Gundel Kahl (DKP), ihre solidarischen Grüße. Laubenburg und Kahl haben beantragt, dass der Rat der Stadt Düsseldorf, der ebenfalls am Donnerstag tagt, seine Sitzung unterbricht und sich der Demonstration der Beschäftigten der Glashütte solidarisch anschließt. Das Abstimmungsergebnis lag bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht vor. Gundel Kahl: „Wenn der Rat zustimmt, gebe ich eine Runde für den ganzen Betriebsrat der Glashütte und den Vertrauensleutekörper der Gewerkschaft aus!" Solidarische Wünsche überbrachte auch Christiane Schnura (DKP), die die PDS/Linke-Liste im Rathaus Eller vertritt. Viele der noch Beschäftigten wohnen im benachbarten Stadtbezirk Eller/Vennhausen. Schnura: „Es geht nicht nur um die, die jetzt aktuell von der Entlassung massiv betroffen sind. Es geht auch um die kommende Generation. Auf einem Arbeitsplatz, der vernichtet worden ist, kann niemand mehr arbeiten!" Auf Auseinandersetzungen mit einem der letzten Glashütten-Kaiser, Rambow, konnte Klaus Stein, Sprecher der Düsseldorfer DKP, am Werkstor und im Solidaritätsschreiben des Düsseldorfer DKP-Kreisvorstandes verweisen. Stein hatte seinerzeit zusammen mit der Arbeitsloseninitiative aus der Flurstraße der Konzernzentrale am Mörsenbroicher Weg einen eindrucksvollen Besuch abgestattet und Rambow auf seine Verantwortung für die damals schon durchgeführten Entlassungen hingewiesen. Mehrere E-Mails und Telefonate gingen bei Uwe Koopmann ein. Ein ehemaliger Hauptschullehrer erinnerte daran, dass er früher die Gelegenheit hatte, seine Schüler zu beraten, sich doch bei der Glashütte um einen Ausbildungsplatz mit sicherer Perspektive zu bewerben. Am Werkstor wird die unglaubliche Geschichte berichtet, dass erst jetzt ein junger Mann einen Ausbildungsvertrag bekommen habe, ohne ihn jetzt überhaupt noch antreten zu können. Ausbildungsplätze soll es nicht mehr geben, wenn es nach dem Willen der Konzernherren aus den USA geht. Um ihre Wut zum Ausdruck zu bringen, haben die Kollegen die US-Flagge „Stars and Stripes" vom Fahnenmast am Werkstor geholt und durch ein schwarzes Tuch ersetzt. Und auch diese Mail erreicht den DKP-Bezirksvertreter: „Hallo Herr Koopmann, ich hatte in den Nachrichten und in der WZ von diesem ungeheuren Vorhaben gehört und gelesen. Die Glashütte steht mit der Gerresheimer Geschichte und mit der Zukunft in direktem Zusammenhang und es wäre schon schade, wenn das durch Ferdinand Heye gegründete Traditionsunternehmen geschlossen werden würde. Ein Riesenverlust für Gerresheim und seine Bürger und die Beschäftigten, die in heutigen Zeiten ja auch nicht so schnell in Lohn und Arbeit zurückfinden. Die neu gewählten Damen und Herren von CDU und FDP hätten hier meines Erachtens die erste Chance, sich zu engagieren, was sie sich im Wahlkampf auf die Fahnen geschrieben haben: Erhalt von Arbeitsplätzen. Die Landesregierung könnte demnach mit Owens Illinois in Kontakt treten. Ich bin deshalb so erstaunt, da die ersten Einsparungen durch O I ja bereits in den späten Siebzigern begannen und man jetzt, ein Vierteljahrhundert später, feststellen muss, dass alles sich doch anders entwickelt hat mit dem Schluss, die Hütte zu schließen. Unvorstellbar. Gruß J.R. Auf die Protestschreiben der DKP an Mr McCracken von der Weltkonzernspitze der O-I in den USA und an Mr. Whiteside liegen der DKP bis Sonntagabend keine Antworten vor. Statt sich der Diskussion der Arbeiter und Angestellten zu stellen, haben die „Heuschrecken" ihre Quartiere verlassen. Die DKP steht weiter an der Seite der Beschäftigten, wenn es gilt diese Plage mit Namen Kapitalismus zu bekämpfen. Quelle: |
"Müntes Kritik war richtig" Kommentar aus dem Flaschenpost Extra "Solidarität mit den Kollegen der Hütte!", 2. Juni 2005 Als Franz Müntefering kürzlich die Wörter „Kapitalismus" und "Heuschrecken" in fast einem Atemzug verwendete, gab es ein großes Erstaunen. Sic! Der Münte stellt sich gegen die Konzerne, die die Betriebe platt machen und die Menschen auf die Straße werfen. Müntes Kritik war richtig. Aber so recht hat ihm das keiner geglaubt. Es roch nach Wahlkampf. Zudem hat sein Kanzler Schröder noch jedem Konzern jeden Gefallen getan hat: von Steuerersparnissen über „Lohnnebenkostensenkung" bis zu Subventionen für den Arbeitsplatzexport. - Während gleichzeitig die Gesundheits"reform" und Hartz IV und und und verordnet wurde. Nach Münte nun Erwin (Oberbürgermeister). Da nennt er doch glatt das Wort „Sozialismus" als wirtschaftspolitische und gesellschaftliche Alternative. Der sei nämlich notwendig, wenn man den Konzernrädern erfolgreich in die Speichen greifen wolle. Aber das könne er nicht, jedenfalls dann nicht, wenn es um Kapitalinteressen (d.h. Profitgier) bei der Gerresheimer Glashütte geht. Fast, so könnte man glauben, spiele Erwin den Resignierten, wenn er feststellt, „wir leben ja nicht im Sozialismus". Da leben wir auch nicht. Aber eine gesetzliche Garantie auf einen Arbeitsplatz, nicht ständig um die eigene Existenz kämpfen müssen, das wäre schon eine feine Sache. Darum bemühen wir uns redlich und solidarisch: DKP. Quelle: |
DKP fordert Solidarität mit Beschäftigten der Glashütte Aus dem Flaschenpost Extra "Solidarität mit der Hütte" Mai 2005 Vorschlag: „Bürger für die Hütte" - Antrag: Sondersitzung im Rathaus Am Donnerstag, 14.30 Uhr, war Betriebsversammlung auf dem Gelände der Glashütte. Der weltgrößte Glaskonzern aus den USA, Owens Illinois (O-I), hatte zugeschlagen. Als Global Player schließt der US-Konzern die erst kürzlich aufgekaufte Glashütte und wirft die Beschäftigten in die Arbeitslosigkeit. In der Sprache der Arbeitsplatzvernichter gibt es eine zentrale Begründung: Die Verbesserung der Kapital-Ressourcen habe höchste Priorität. In deutscher Sprache: Dahinter versteckt sich das alte Gesetz des Kapitalismus „Profit geht vor Arbeitsplätze". DKP-Bezirksvertreter Uwe Koopmann hat angesichts der betroffenen 230 Kolleginnen und Kollegen, die nicht wissen, wie oft sie noch durch den inzwischen letzten Werkseingang an der Heyestraße gehen können, sofort reagiert: Für das Gerresheimer Rathaus hat Uwe Koopmann beantragt, dass eine Sondersitzung einberufen wird. Ziele:
Vor Jahren hat die Gerresheimer Glas AG die Glashütte in Oldenburg-Osternburg geschluckt. Kurze Zeit nach der Übernahme entschied die damalige Konzernspitze: Osternburg wird platt gemacht. An der Spitze des breiten und massiven Protestes standen damals der engagierte Pastor Wöbken und DKP-Ratsherr Klaus Döpke. Nahezu alle Bürger, Vereine, Initiativen schlossen sich dem Protest an. Der Verlust des Arbeitsplatzes konnte zwar nicht verhindert werden, aber es gab Auseinandersetzungen um die Abfindungen für die Entlassenen, die auch von vielen Kaufleuten unterstützt wurden. Damals hieß es: Stirbt die Hütte, stirbt auch der Stadtteil. Die Gerresheimer Glashütte ist der letzte „größere" produzierende Betrieb in unserem Stadtbezirk. Unter dem Gesichtspunkt der Profiterhöhung wurden im Laufe der Jahrzehnte weit über 4000 Arbeitsplätze vernichtet. Während vor Jahren noch die Chance vorhanden war, an anderer Stelle vielleicht wieder einen Arbeitsplatz zu bekommen, sieht es jetzt katastrophal aus: Wo sollen 230 Entlassene jetzt wieder Arbeit finden? Die Zukunft sieht unglaublich düster aus.
Gewerkschaft und Betriebsrat haben in der Vergangenheit nicht die Situation gesehen, dass durch Streiks und lauten Protest die Vernichtung von Arbeitsplätzen verhindert werden konnte. Es gibt so ein neues geflügeltes Wort: Aus Angst vor dem Tod haben sie dem schrittweisen Selbstmord zugesehen. Die DKP hält in kritischer Solidarität dagegen: Wer kämpft kann verlieren! Wer nicht kämpft, der hat schon verloren! Die DKP wird Belegschaft und Bürger weiterhin informieren. Anregungen sind erwünscht. Quelle: |
Gerresheimer Glashütte auf dem Opfertisch der US-Konzernmanager Aus dem Flaschenpost Extra Februar 2005 DKP an der Seite der Belegschaft: Solidaritätsantrag einstimmig verabschiedet „Wir steuern in ein amerikanisch-kapitalistisches System mit ungeheuren Härten und einem kleinen Kreis von Begünstigten." - Diese Aussage stammt nicht von der DKP Gerresheim, sondern von Wolfgang Gerke, Professor für Bank- und Börsenwesen. Er kritisierte damit die Manager der Deutschen Bank, die Jahresgehälter von mehreren Millionen Euro in die eigene Tasche stecken und gleichzeitig 6.400 Arbeitsplätze vernichten wollen. Und das vor dem Hintergrund eines Gewinnsprungs von 87 Prozent auf 2,5 Milliarden Euro. Das erinnert an die Gerresheimer Glashütte. Vor kurzem wurde sie verkauft an den US-Konzern Owens-Illinois (O-I), der finanziell so gut aufgestellt ist, dass er sich als Weltmarktführer betrachten kann. Originalton von Owens-Illinois Glass and Plastic Packaging: „Today, O-I is the largest manufacurer of glass containers in the world, with leading positions in Europe, North America, Asia Pacific and South America." Die kapitalistische Bedrohung des Arbeitsplätze in Gerresheim durch O-I kennen die Hüttenarbeiter seit 100 Jahren: 1903 erfand Michael J. Owens die erste automatische Flaschenproduktionsmaschine. Die Folge: von rund 5.000 Arbeitsplätzen wurden 4.500 Arbeitsplätze in Gerresheim vernichtet. Gewinner der neuen Maschinen waren die Glasfabrikanten wie etwa Heye. Verlieren waren die Glasbläser und ihre Familien. Derek Whiteside, der neue Chef von O-I in Gerresheim hat im letzten Jahr angekündigt, dass Wanne 1 aus der Produktion genommen wird. 150 bis 180 Arbeitsplätze will er vernichten. Für die Hütte, so wird befürchtet, ist dies ein weiterer Meilenstein bis zur endgültigen Werksschließung. O-I kann das völlig egal sein. Der Konzern verdient auch dann, wenn die Verpackung von Glas zu Plastik wechselt. Den Arbeitern in der Hütte ist das nicht egal. Solidarität der DKP An der Seite der Belegschaft steht die Gerresheimer DKP. Als erste Partei hat sie mit einem eigenen Antrag im Gerresheimer Rathaus auf die Bedrohung der Arbeitsplätze und des Produktionsstandortes reagiert: „Die Bezirksvertretung 7 drückt ihren Wunsch aus, dass der Produktionsstandort Gerresheim und die Arbeitsplätze erhalten bleiben mögen." Diese Idee wurde einstimmig im Gerresheimer Rathaus aufgegriffen. Beobachtern fiel sogar auf, dass die CDU nach der DKP einen „eigenen" Antrag nachreichte, der bei der DKP hätte abgeschrieben sein können - so sehr ähnelten sich die Texte. Auch die SPD brachte zwei Anfragen ein, die sich mit den Auswirkungen der Wannenstilllegung beschäftigten. Neuer Antrag der DKP Gerresheimer Rathaus Dienstag, 22. Februar Für die Sitzung der Bezirksvertretung am Dienstag, 22. Februar, 17 Uhr, im Gerresheimer Rathaus hat DKP-Vertreter Uwe Koopmannerneutr einen Antrag eingebracht: Antrag "Besichtigung der Gerresheimer Glashütte" Die Verwaltung wird gebeten, bei der Gerresheimer Glashütte einen Besichtigungs- und Gesprächstermin abzusprechen. Teilnehmer sollten sein aus dem Gerresheimer Rathaus die Mitglieder der Bezirksvertretung 7, die der Bezirksvertretung 7 zugeordneten Ratsfrauen und -herren sowie die Bezirksverwaltungsstelle 7. Die Gesprächspartner sollten sein bei BSN glasspack GmbH und Co. KG der General Manager Germany and Czech, Mr. Derek Whiteside, sowie Vertreter des Betriebsrates. Begründung Die Gerresheimer Glashütte ist noch das größte und bedeutendste produzierende Unternehmen im Stadtbezirk. Das Unternehmen hat die erhebliche Reduzierung der Arbeitsplätze und der Produktionskapazität angekündigt. Der Besuch und die Gespräche dienen der genaueren oder gar erstmaligen Vermittlung anschaulicher Eindrücke über die Produktions- und Vertriebszusammenhänge dieses Gerresheimer Unternehmens sowie der Solidarisierung mit den Beschäftigten und dem Engagement zur Erhaltung des Standortes. Die DKP hat den Betriebsrat über den Kollegen Ziegert von diesem neuen Antrag der DKP informiert. Uwe Koopmann: „Die Politik ist mit in der Verantwortung für die Arbeitsplätze. Die DKP fordert deshalb, dass weiterhin alle Schritte unternommen werden, um alle Arbeitsplätze zu sichern. Wir haben dabei keine Illusionen, denn hier sind Global-Player im Einsatz, für die die Gewinne der Gerresheimer Glashütte nur Peanuts sind. So ist das nun mal im neoliberalen Turbo-Kapitalismus. Wer behauptet, die Politik würde weltweit agierende Konzerne an die Kette legen (wollen), der irrt. Entscheidend sind die Profiterwartungen der Aktionäre bei gleichzeitiger Vernichtung der Arbeitsplätze. Das gilt für die Deutsche Bank. Und das gilt genauso für O-I. Da musst du entscheiden, auf welcher Seite du stehst: auf der Seite der Aktionäre und ihrer Handlanger in den Chefetagen oder auf der Seite der Beschäftigten. Das gilt für die Politiker von DKP bis CDU im Gerresheimer Rathaus genauso wie für den SPD-Bundeskanzler in Berlin. Die DKP steht auf der richtigen Seite: Die Menschen in Gerresheim sind uns wichtiger als ungezügelte Gewinne für die Konzernzentrale von Owens-Illinois Inc. in Toledo, Ohio." (Kontakt: uwekoopmann@gmx.de) Die DKP wird die weitere Entwicklung in der Glashütte kritisch und solidarisch verfolgen. Gelegenheit zur öffentlichen Diskussion ist in der kommenden Mitgliederversammlung am Donnerstag, 17. Februar, 19.30 Uhr, in der Gaststätte „Zur Isa", Fridrich-Wilhelm-Straße. Quelle: |