Düsseldorf/Ratingen, 2.2.2006 - Streiktag 119 bei Gate-Gourmet mit Protesten anläßlich der Verhandlungen im Hotel LindnerBilder

Wie 'Investoren' Firmen auspressen wollen

Presseerklärung zum Streik bei Gate Gourmet am Düsseldorfer Flughafen, 30.1.2006

Solidaritätskreis ruft zur zentralen Kundgebung vor der größten Gate-Gourmet-Filiale in Deutschland auf und unterstützt die nun auch an anderen Standorten beginnende Auseinandersetzung

Samstag, 4. Februar, 13 Uhr: Zentrale (bundesweite) Kundgebung
Gate Gourmet Frankfurt-Zeppelinheim
Neu-Isenburg, Admiral-Rosendahl-Straße 2-8

Der von der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) geführte Streik bei Gate Gourmet am Düsseldorfer Flughafen, der seit dem 7. Oktober 2005 andauert, ist ein exemplarischer Fall der Auseinandersetzung mit der Politik von global operierenden Investmentfirmen. Gate Gourmet wurde 2001 von der Private-Equity-Firma Texas Pacific Group (www.tpgvc.com) mit Sitz in Menlo Park und San Francisco in Kalifornien aus der Konkursmasse der Swiss Air übernommen. Gate Gourmet ist nach der Lufthansa-Tochter LSG Sky Chefs die weltweit zweitgrößte Catering-Firma für Bordverpflegung. Laut eigenen Angaben betreibt sie mit 22.000 Beschäftigten 109 Bordküchen in 29 Ländern auf 5 Kontinenten und erwirtschaftete einen Ertrag von 2,4 Mrd. Schweizer Franken in 2004 (www.gategourmet.com).

Private-Equity-Firmen sind eine neue Form der Kapitalanlage, die deutlich höhere Gewinnmargen verspricht als an der Börse oder im üblichen Unternehmergeschäft zu erzielen sind. Ihre Strategie: sie kaufen Firmen „mit Potential“ auf, strukturieren sie in kurzer Zeit um und machen sie profitabler, und verkaufen sie dann mit Gewinn weiter. Als weitgehend unbekannte und anonym operierende Finanzinvestoren können sie sehr viel drastischere Rationalisierungsmaßnahmen als bekannte Markenfirmen durchsetzen. Ihr Ziel ist es ohnehin nicht, eine Firma lange zu halten. Spätestens nach vier bis sieben Jahren wird die Firma wieder verkauft. Was dies bedeutet, führt die Texas Pacific Group in exemplarischer Weise vor. Besonders bekannt wurde hierzulande der Fall des Badamaturenherstellers Grohe. In seiner Fernsehdokumentation „Und du bist raus. Wie Investoren die Traditionsfirma Grohe auspressen“ hat Hubert Seipel diese Politik deutlich dargestellt (ARD, 11.1.2006).

Im Fall Gate Gourmet folgte unmittelbar auf die Übernahme durch die Texas Pacific Group eine monatelange Durchleuchtung der betrieblichen Abläufe durch die Unternehmensberatungsfirma McKinsey. Sie rationalisierte die Produktion und verdichtete alle Arbeitsabläufe derart, dass sie für die Beschäftigten unerträglich wurden. Die Beschäftigten wurden einem enormen Druck durch die Geschäftsleitung ausgesetzt. Obwohl Gate Gourmet profitabel arbeitet, verlangt die Firmenleitung bzw. die Eigentümerin Texas Pacific Group weitere Einschnitte wie die Abschaffung des Weihnachtsgeldes, die Streichung von 5 der 30 Urlaubstage, eine Verlängerung der Arbeitszeit auf 40 Stunden ohne Lohnausgleich und die Kürzung von Zulagen. Insgesamt pocht sie bis heute auf einer dauerhaften und weltweiten Senkung de Personalkosten um 10 Prozent.

Am 7. Dezember war es bereits zu einem Verhandlungsergebnis zwischen der Leitung von Gate Gourmet in Deutschland und der gewerkschaftlichen Tarifkommission gekommen, die aber keine 24 Stunden später auf Anweisung der Texas Pacific Group widerrufen wurde. Auch die nächsten Tarifgespräche am 5., 19. und 20. Januar brachten keine Annäherung. Die nächsten Verhandlungen sind nun auf den 2.2.2006 anberaumt (ab 9.30 Uhr im Hotel Lindner Airport, Unterrather Str. 108, Ratingen, Nähe Flughafen Düsseldorf).

Das Verhalten der Firma Gate Gourmet hatte schon im August letzten Jahres für Aufsehen gesorgt, als sich am 10. und 11.8.2005 das Bodenpersonal der British Airways am Londoner Flughafen Heathrow mit 670 Beschäftigten von Gate Gourmet, die fristlos entlassen worden waren, solidarisierte und die Arbeit niederlegte. Dieser inoffizielle Streik fand ein breites Echo in der Weltpresse, weil er zu weitreichenden Turbulenzen im internationalen Luftverkehr führte. Außerdem fand es viel Beachtung, dass die Beschäftigten von Gate Gourmet - zum größten Teil schlechtentlohnte und migrantische ArbeiterInnen - durch einen Solidaritätsstreik auf sehr wirksame Weise unterstützt wurden.

Zur Zeit kämpft die Düsseldorfer Belegschaft noch alleine, da sie von der Gewerkschaft NGG vertreten wird, die übrigen Filialen aber von der Gewerkschaft ver.di. Ver.di hat nun aber angekündigt, ab dem 1.2.2006 die unterbrochenen Tarifverhandlungen mit Gate Gourmet wieder aufzunehmen. Es ist zu erwarten, dass sie in diesen Verhandlungen mit derselben Forderung nach Personalkostensenkung konfrontiert werden und sie nur mit einem Streik die Interessen ihrer Mitglieder sichern können.

Zur Unterstützung des Streiks in Düsseldorf hat es in den letzten Monaten eine ganze Reihe von wirksamen Aktionen gegeben. So wurden die Fluggäste, vor allem des Hauptkundens LTU der Firma Gate Gourmet, auf den Streik aufmerksam gemacht; Leiharbeitsfirmen, die den Streikbruch vor Ort organisieren, wurden öffentlich aufgefordert, ihre Arbeitskräfte aus dem bestreikten Betrieb abzuziehen. Vor allem zeigten einige Torblockaden wie am 24.12.2005 oder am 14.1.2006 Wirkung, da sie für einige Stunden den Streikbruch verhindern konnten und es zu Verspätungen von Abflügen kam.

Mit der zentralen Kundgebung am 4.2. in Frankfurt wollen wir eine breitere Öffentlichkeit für diesen Streik und seine Bedeutung schaffen. Im Wahlkampf vor den Bundestagswahlen wurde diese neue Art von Anlagekapital mit dem populistischen Begriff der „Heuschrecke“ bekannt gemacht und breit diskutiert. Nun streikt eine kleine Belegschaft (ca. 80 Beschäftigte) seit bald vier Monaten gegen eine dieser Firmen und es ist vor allem beachtlich, wie geschlossen und mit welcher Entschiedenheit sie an ihren Zielen festhält - und dies trotz massiver Einschüchterungsversuche seitens der Firmenleitung. Dieser Kampf verdient daher mehr Beachtung und bedarf der breiten Unterstützung.

Weitere Informationen zum Streik finden sich auf den Webseiten der Gewerkschaft NGG und des Solidaritätskreises in Düsseldorf:
www.ngg.net
www.gg-streik.net


Nach den Verhandlungen vom 2.2.2006

Medien-Information zum Streik beim multinationalen GATE-GOURMET-Konzern am Düsseldorfer Flughafen

+++ Sind die "Umstrukturierungen" des GATE-GOURMET-Managements Folge des anhaltenden Streiks? +++ Verhandlungen bringen vorläufiges Ergebnis +++ Solidaritätskreis ruft auf zur zentralen Kundgebung vor der größten Filiale des GATE-GOURMET-Konzerns in Deutschland +++ andere GATE GOURMET-Standorte in Deutschland vor Arbeitskämpfen

Es wird bekannt, dass der Vizepräsident von GATE GOURMET Europa, Dietmar May, der bislang für Deutschland zuständig war, in Zukunft nur noch für einen Teilbereich (u.a. Skandinavien) und nicht mehr für Deutschland zuständig sein wird. Ebenso wird bekannt, dass der Chef des Düsseldorfer Betriebs von GATE GOURMET, Thomas Camenzind, zum April seinen Hut nimmt. An seinem diktatorischen Führungsstil hatte sich viel Unmut entzündet, der auch im Streik zum Ausdruck kam. Da diese "Umstrukturierungen" nach 117 Streiktagen mitten im laufenden Arbeitskampf stattfinden, fragen die Streikenden und der Solidariätskreis: Hat das etwas mit dem Arbeitskampf zu tun? Haben sich die Manager in den Augen von GATE-GOURMET-Konzernleitung und des in der TEXAS PACIFIC GROUP vereinten Kapitals als untauglich erwiesen, den Arbeitskampf zu beenden und die unverschämten Forderungen von Kapital und Konzernleitung nach "Einsparungen" von minus 21 Prozent durchzusetzen?

In den laufenden Tarifverhandlungen wurde letzte Nacht (02.02.06) ein vorläufiger Kompromiss gefunden, der von der TEXAS PACIFIC GROUP aber noch nicht bestätigt ist. Die Details des Ergebnisses werden daher von der Gewerkschaft NGG und der Tarifkommission noch nicht bekannt gegeben. Es steht allerdings fest, das GATE GOURMET wesentliche Zugeständnisse machen musste und von den ursprünglichen Einsparforderungen erheblich abrücken musste. Sollte TPG zustimmen, werden am Montag die streikenden Beschäftigten über das Ergebnis diskutieren.

Ursprünglich hatte GATE GOURMET eine Absenkung der Personalkosten um 10 Prozent gefordert. Die Firma hatte bereits den als Schlichter eingesetzten CDU-Landtagsabgeordneten brüskiert, indem sie ihre Unterschrift unter den am 07.12.05 gefundenen Abschluss zurückzog und stattdessen den Umfang der geforderten Einsparungen noch erhöhte.

In Deutschland kämpft die Düsseldorfer Belegschaft zur Zeit noch alleine, da sie von der Gewerkschaft NGG vertreten wird, die übrigen Filialen aber alle von der Gewerkschaft ver.di. Letztere hat im Januar um Wiederaufnahme der unterbrochenen Tarifverhandlungen mit GATE GOURMET gebeten. Bisher hat der Konzern darauf nicht reagiert. Stattdessen verkündete die Leitung im Wirtschaftsausschuss am 31.01.06 ihr "Streched-Target-Programm" mit dem Ziel einer "Kostensenkung" von 21 Prozent.

Zur Unterstützung des Streiks in Düsseldorf hat es in den letzten Monaten eine ganze Reihe von wirksamen Solidaritätsaktionen gegeben. Noch am Montag, den 30. Januar, haben BesucherInnen der GATE-GOURMET-Niederlassung am Flughafen Düsseldorf für nahezu zwei Stunden den von Streikbrechern betriebenen Lieferverkehr unterbrochen.

Für Samstag, den 04. Februar, rufen UnterstützerInnen der kämpfenden Düsseldorfer Belegschaft aus ganz Deutschland zu einer zentralen Kundgebung vor der Frankfurter Niederlassung des GATE-GOURMET-Konzerns auf. Dort werden u.a. Prof. Peter Grottian / Berlin vom Deutschen Sozialforum und Streikende aus dem Düsseldorfer Betrieb sprechen. Die Kundgebung soll auch die Beschäftigten in der größten deutschen Filiale von GATE GOURMET in ihrer bevorstehenden Auseinandersetzung mit GATE GOURMET unterstützen.

Samstag, 4. Februar, 13 Uhr: Zentrale (bundesweite) Kundgebung

GATE GOURMET Frankfurt-Zeppelinheim
Neu-Isenburg, Admiral-Rosendahl-Straße 2-8

Weitere Informationen zum Streik finden sich auf den Webseiten der Gewerkschaft NGG und des Solidaritätskreises in Düsseldorf: www.ngg.net und www.gg-streik.net

Infotelefon: 0211 - 66 91 21


"Wir geben keine Ruhe mehr - ein Tarifvertrag muss her!"

Redenotizen von Anja Weber, NGG-Sekretärin Landesbezirk NRW, vor dem Hotel Lindner

120 Tage - vier Monate dauert der Streik bei Gate Gourmet

Heute findet das 3. Tarifgespräch nach dem gescheiterten Tarifergebnis vom 06. Dezember statt

Seit gestern wieder eine neue Situation:
  • Umstrukturierung: GG Deutschland wird in GG Zentral (bislang Schweiz und F) integriert, ebenso Holland - neuer + alter Vizepräsident Philippe Op de Beeck
  • Herr May bleibt in der verleinerten Region Nord für Skandinavien zuständig und soll Philippe op de Beeck für D und H zur Hand gehen - was auch immer das heiß
  • Camenzind, Werkleiter wird das Ende April das Unternehmen verlassen - angeblich selbst gekündigt
  • Camenzind informierte gestern die da drinnen dass Gate Gourmet jetzt sogar 25 Prozent fordert
  • Streikziel erreicht??
Wir stehen hier um mit den Streikenden Kolleginnen und Kollegen deutlich zu machen:
  • Zahlen produzieren keinen Reichtum!
  • Renditen ernähren versorgen keine Fluggäste
  • Menschen arbeiten um zu leben
  • Es sind die Menschen, die in harte Arbeit den gesellschaftlichen Wohlstand produzieren - und die haben ein Recht, daran einen - bescheidenen Anteil zu haben!
Angetreten: Für eine Entgelterhöhung
  • Schon damals fordert Gate Gourmet Verschlechterungen im MTV, Kürzung von Urlaub, der Jahressonderzahlung, der Zuschläge
  • Schon damals hatten die Beschäftigten in einem Sanierungstarifvertrag dem Unternehmen geholfen und auf Leistungen verzichtet
  • Schon damals wurden zwar die MTV-Leistungen gewährt, aber nicht unterschrieben
Nach dem Widerspruch aus der Schweiz oder aus Amerika zu Tarifkompromiss am 06. Dezember:
  • fordert Gate Gourmet eine Personalkostenreduzierung von 10 Prozent
  • Kündigt die Regelungen zum MTV aus dem Eckpunktepapier
Verschärfung der Situation!

Kein MTV mehr - auch nicht nachwirkend

Argumentation nicht mehr mit Situation in Düsseldorf - Mitbewerber etc. - sondern pauschal

Wir stehen hier um deutlich zu machen:
  • Wir wollen einen Tarifabschluss.
  • Wir wollen einen Entgelttarifvertrag und einen Manteltarifvertrag
ABER WIR WERDEN KEIN TARIFDIKTAT UNTERSCHREIBEN!

Wir fordern Gate Gourmet und die TPG auf, mit uns nach einem tragbaren Kompromiss zu suchen!

Wir haben bis jetzt schon eine Menge erreicht:
  • Der gesamte DGB steht auf unserer Seite, Michael Sommer - täglich kommen Besuche, Briefe, spenden
  • 100e von Internet-Seiten
  • Landtags- und Bundestagsabgeordnete verschiedener Parteien
  • Arbeitsminister Müntefering hat auf dem Geburtstagsempfang von NGG seine Solidarität erklärt
  • Beide Kirchen unterstützen uns - beeindruckender Gottesdienst
  • Jeden Tag gehen Protestbriefe bei GG und TPG ein
  • Investorenbrief UNITE HERE
  • viele Bürger ....
Vorgestern FR: Lohnt sich der Aufwand?
  • Keiner hat gedacht, dass wir hier solange stehen würden
  • Keiner hat gedacht, dass Gate Gourmet jetzt noch mal einen drauflegen würde und sogar 25 % Kosteneinsparung fordert
  • Keiner will arbeitslos werden - aber keiner will zu diesen Bedingungen arbeiten
Es ist einiges passiert - nicht nur in diesem Streik - auch im Unternehmen
  • Wir werden die Sieger sein, weil wir Unrecht nicht einfach hinnehmen
  • Weil wir die Fratze von Gate Gourmet und der Texas Pacific Group in ganz Deutschland und der Welt deutlich machen
  • Weil wir sagen: So nicht!
Halil: “Der Streik ist unsere einzige Möglichkeit, unseren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Gate Gourmet hat ja auf gar nichts mehr reagiert . Wenn wir nichts tun, senken sie noch mehr ab”
  • Wir wollen ein Ergebnis!
  • Wir wollen Arbeitsplätze sichern!
  • Wir wollen,dass die Würde der Menschen respektiert wird!
Wir sind nicht die einzigen ...
  • Ab 06. Februar öffentlicher Dienst - Arbeitszeit verlängern - jahrelang nicht an Lohnentwicklung teilgenommen
  • Nicht nur die KollegInnnen bei AEG in Nürnberg - auch hier in der Nähe bei AEG Dormagen - da streiken 35 Kolleginnen und Kollegen aus dem Logistik Bereich - TV gekündigt - Groß und Außenhandel - 40 % weniger
Von dieser Stelle einen Gruß! Besuch organisieren!

Der Präses: „Bei diesem Streik geht es um die Frage, mit welcher Härte Kapitalinteressen durchgesetzt werden können“

Wir geben mit diesem Streik denen eine Stimme,die sonst nicht gehört werden!

Und wir sagen: Wir geben keine Ruhe mehr - ein Tarifvertrag muss her!