Düsseldorf, 3.1.2009 (3) - Protest gegen das Massaker Israels an der palästinensischen Bevölkerung in Gaza |
Aktion 'gegossenes Blei' - Aktion 'vergossenes Blut' bis zum bitteren Ende Rede von Evelyn Hecht-Galinski auf der Abschlusskundgebung in Düsseldorf Ich stehe hier in Solidarität mit dem palästinensischen Volk, speziell mit den in Gaza lebenden Menschen, welche unter einem unvorstellbaren Staatsterror leiden, der von Israel ausgeht - Israel als eine der größten Militärkräfte der Welt, eine Nuklearmacht, die behauptet in Selbstverteidigung handeln zu müssen. Diese falsche These wird auch vehement von unserer Bundeskanzlerin Merkel und Außenminister Steinmeier vertreten. Ich würde Frau Merkel nur zustimmen, Ursache und Wirkung nicht zu verwechseln: Ursache ist die vollständige Blockade, die Wirkung sind Kassamraketen. Weder Frau Merkel noch ich haben das moralische Recht, Leute, die nicht einmal die minimalen Menschenrechte genießen, zu kritisieren. Die Bewohner und Bewohnerinnen von Gaza - übrigens mehr als die Hälfte der Bevölkerung sind Frauen und Kinder - brauchen unsere moralische und aktive Unterstützung, damit sie ihre Freiheit gewinnen. Wir können nur von freien Menschen verlangen, dass sie sich an ethische Maßstäbe halten sollen. Außerdem finde ich es empörend, wenn die Bundeskanzlerin ihre Neujahrsansprache an die Bevölkerung dazu missbraucht, die Entwicklung in der Region eindeutig und ausschließlich der Hamas zuzuschreiben und Israel bedingungslos zu unterstützen. Noch am 16. Dezember bot der Regierungschef der Hamas, Ismail Haniye, Verhandlungen über die Bedingungen für die Neuvereinbarung eines Waffenstillstandes an. Dieses Angebot wurde von der Regierung Israels, aber auch von den Mitgliedern des Nahostquartetts ignoriert. Die einseitige Sicht der Bundeskanzlerin legitimiert letztlich den Bombenhagel auf Gaza und bestärkt das israelische Militär und die israelische Regierung, weiterhin Kriegsverbrechen und Staatsterror gegenüber der Zivilbevölkerung des Gazastreifens auszuüben. Wie sagte der israelische Regierungssprecher Regev: "Da in Paris, London und Berlin keine Träne geweint wird, fühlt sich Israel mit Luftangriffen bestätigt." Der Staat Israel sollte nicht mit Verbesserungen eines Partnerschaftsabkommens mit der EU belohnt werden, sondern es sollten Druck und Sanktionen auferlegt werden, bis Besetzung, Blockade und Siedlungsbau aufhören und alle Siedlungen aufgelöst sind. Andauernde Blockade, andauernde Strangulierung, andauernde Abriegelung, ständige Lufthoheit, tägliche Drohnenüberwachung, das war der so genannte Abzug Israels aus dem Gazastreifen. In Wahrheit ist Israel als Besatzer weiter verantwortlich für die Bewohner/Innen des Gazastreifens. Die Hamas, die klare Gewinnerin aus den palästinensischen Parlamentswahlen im Januar 2006, sollte, weil es den USA und Israel nicht genehm war, mit der aufgerüsteten Fatah ihres Sieges beraubt werden. Als die misslang und die Hamas die alleinige Kontrolle im Juli 2007 über Gaza übernahm, schlossen Israel und Ägypten daraufhin die Grenzen zum Gazastreifen. Im September 2007 erklärte Israel den Gazastreifen zum feindlichen Gebiet. Das Kabinett beschloss eine Kürzung der Strom- und Treibstofflieferung an die Zivilbevölkerung und ließ auch keine internationalen Hilfslieferungen mehr zu. Im Januar 2008 ermordete die israelische Armee bei einem Militäreinsatz 19 Palästinenser. Drei Tage später, nach Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen, riegelte Israel den Gazastreifen vollkommen ab. Die Stromversorgung für 800.000 Einwohner brach zusammen. 5 Tage später stürmten hunderttausende Palästinenser über die Grenze nach Ägypten, nachdem Kämpfer der Hamas die Grenzübergänge zerbombt hatten. Eine Woche lang deckte die Bevölkerung sich dort mit Grundnahrungsmitteln ein. Im März 2008 ermordete Israel 125 Palästinenser, und die Operation "Heißer Winter" fordert die höchsten Opferzahlen seit dem Sechstagekrieg von 1967. Im April werden 5 Palästinenser ermordet. Am 19. Juni vereinbart Israel mit 12 Palästinenserfraktionen im Gazastreifen eine sechsmonatige Waffenruhe. Sie läuft am 19. Dezember aus. Am 5. November kommt der erste gezielte israelische Militäreinsatz im Gazastreifen seit der Waffenruhe wegen eines 250 Meter langen Tunnels bis zum Grenzzaun. Sechs Palästinenser werden bei Gefechten ermordet. In den darauf folgenden Tagen werden nochmals 8 Palästinenser ermordet. Am 27. Dezember beginnt, obwohl das Ultimatum erst am 28.12. abgelaufen wäre, begann Israel mit der Operation "gegossenes Blei". Wer durchbrach die Waffenruhe? Die obige Chronologie zeigt es deutlich auf: Israel, Israel, Israel. Der Mehrheit des jüdischen Staates befindet sich im Blutrausch und ergötzt sich an den "Abbombardierungen" der Ziele im Gazastreifen, die schon seit Monaten vorbereitet worden sind. Die schlimmste Aktion seit über 40 Jahren, die Israel über die Palästinenser bringt, darf nicht ungesühnt bleiben. Anstatt sich mit solidarischen Bekundungen mit dem Recht Israels auf Selbstverteidigung anzubiedern und damit grünes Licht für die unmenschlichen Luftschläge und andere Kriegstaten zu geben, sollte unser Außenminister, das EU-Quartett und die amerikanische Regierung israelische Kriegshandlungen als das titulieren, was sie sind, nämlich: Menschenrechts verachtende, völkerrechtswidrige und mörderische Handlungen gegenüber einer beinahe wehrlosen besetzten und ausgehungerten Zivilbevölkerung. Nach den Äußerungen des tschechischen Außenministers Schwarzenberg, dessen Land seit 1. Januar die Präsidentschaft für die nächsten 6 Monate übernommen hat, ist nichts Gutes zu erwarten. Die EU will die Fackel wieder weiter an die USA reichen. Nach den verständnisvollen Äußerungen von George W. Bush und Außenministerin Rice fühlt sich Israel noch sicherer in seiner Kriegslüsternheit. Auch der kommende Präsident Obama hat aus Hawaii verlauten lassen, dass Bush der noch amtierender Präsident ist, und er sich daher nicht äußern möchte. Klang das bei der Bewältigung der Finanzkrise und den finanziellen Hilfen der amerikanischen Autoindustrie doch ganz anders! Da gab er sofort Statements als kommender Präsident ab. Damit sollten die Hoffnungen der Obama-Euphorie einen Dämpfer bekommen. Nach den letzten "Bush Ausläufen" wenig Neues von Obama! Ist das der erhoffte "Change" "Yes we can!"? No, he will not! Business as usual. Liegt nicht der wahre Grund für diesen massiven und blutigsten Krieg seit 1967 in Israels Wahlkampf? Einer der übelsten Wahlkämpfe seit langem. Ablenkungsmanöver korrupter Politiker, einer ehemaligen juristischen Beraterin für "Killings" des Mossad im Ausland, die für den Wahlsieg alle männlichen Kontrahenten rechts überholen will und jetzt ihr wahres Gesicht zeigt; außerdem militante Siedlerpolitiker, die sogar laut Noch-Premier Olmert, Pogrome in Hebron veranstalten und andere fanatische Splitterparteien, die alle eigene Interessen vertreten und nur in einem vereint sind - im Hass gegenüber Palästinensern und Arabern und sich an deren Leid ergötzen. Auch ich bedauere den Abschuss von Raketen gegenüber Zivilisten in Israel. Aber war es nicht die unmenschliche Blockade und Totalabriegelung des größten und am dichtest besiedelten "Freiluftgefängnisses", die die Ausgehungerten und Verzweifelten zu diesen Raketen greifen ließ, um auf ihr Leid und ihr Dasein hinzuweisen? Insgesamt ca. 20 Tote in all den Jahren durch diese Raketen. Jeder Tote ist natürlich einer zu viel. Diese Toten hat aber die israelische Regierung zu verantworten, die die unmenschlichen Zustände gegen das palästinensische Volk angerichtet hat und die Besatzung, die seit über 40 Jahren anhält, muss sofort beendet werden. Über 300 Tote allein in 48 Stunden, nach 8 Tagen über 400 Tote und über 2000 Verletzte, von denen ein Großteil an ihren schweren "Schrapnell"-Verletzungen sterben wird. Die erneuten gezielten Tötungen der Hamasführer gehen einher mit Tötungen der Familienangehörigen, Frauen, Kindern und Kindeskindern, ohne dass die Öffentlichkeit dagegen protestiert. Medizinische Hilfe scheitert an ungerechtfertigten finanziellen Forderungen Israels. Welche Verhöhnung dieser Ausgehungerten, wenn ihnen heute von Verteidigungsminister Barak propagandistisch gestattet , Lastwagen mit gespendeten Hilfsgütern in den Gazastreifen zu schicken, während die Luftangriffe und Tötungen weitergehen. Auch die Bodentruppen, ausgerüstet mit zusätzlich über 6700 Reservisten, stehen schon in den Startlöchern. Außerdem kommt die Marine von der Wasserseite, und Kampjets fliegen auch schon wieder über dem Libanon und sollen dort die Hisbollah bedrohen. Israel als hochgerüstete Militärmacht und "einzige Demokratie im Nahen Osten mit ausgestreckter Hand" will ihre Bodentruppen erst schicken, wenn Gaza abbombardiert ist und in Schutt und Asche liegt. Die Hamas als ungleicher und viel schwächerer Gegner soll als Kompensation für das Fiasko des letzten Libanon-Krieges gegen die besser gerüstete Hisbollah herhalten, ohne Rücksicht auf die schutzlosen Menschen im Gazastreifen. Diese brutalen Besatzer, nämlich die Regierung eines radikal-jüdischen Staates, gehören vor das Haager Kriegstribunal. Mein Aufschrei über diese Schandtaten soll alle demokratischen deutschen Bürger und Bürgerinnen - unabhängig von Parteien - wachrütteln und zum Protest, ermutigen - und das nicht nur heute. Mörderische Selbstverteidigung bis zum bitteren Ende Anmerkungen von Evelyn Hecht-Galinski zur Demonstration in Düsseldorf Düsseldorf, Samstag, den 3. Januar 2009, eine Großdemonstration mit anschließender Kundgebung gegen die Aktion „Gegossenes Blei“ der Israelis gegen das palästinensische Volk. Es ist beeindruckend, wie viele Tausende von Menschen sich trotz klirrender Kälte vom Friedrich-Ebert-Platz in Düsseldorf zum Rheinufer in Bewegung gesetzt haben, um dort bei der Abschlusskundgebung dabei zu sein. Ein Großaufgebot von Polizei zeigt Präsenz mit Einsatzwagen und Hubschraubern, um etwaige Gegendemonstrationen zu verhindern und notfalls einschreiten zu können. Es war mir ein Bedürfnis auf Einladung des Vorsitzenden der palästinensischen Ärzte- und Apothekervereinigung, Dr. Walid Ayad, auf der Kundgebung sprechen zu können. Für mich als deutsche Staatsbürgerin, jüdisch, ist es eine Herzensangelegenheit eine Solidarität mit dem palästinensischen Volk zu zeigen. Diese Solidarität vermisse ich leider bei den meisten deutschen Bürgern, der evangelischen und katholischen Kirche, den Gewerkschaften und anderen Verbänden, ganz zu schweigen von den Parteien, die ständig hin und her lavieren und keine klare Aussage hinsichtlich der wahren Ursachen für den Palästinakonflikt machen. Dieses Leid, das die israelische Mordmaschinerie verursacht hat - beflügelt durch die so genannten Kriegserfolge - wird benutzt, um den Wahlkampf nochmals aufzuheizen. Der jüdische Staat befindet sich durch eigene Überhöhung und propagandistische Euphorisierung der Kampfesstärke als fünftgrößte Militärmacht der Welt, angestachelt und bestärkt durch die USA und insbesondere auch durch die deutsche Regierung in einem nationalen kollektiven Blutrausch. Gestärkt wird Israel mit seinen Luftangriffen, wie auch der israelische Regierungssprecher Mark Regev betont, durch die Tatsache, dass weder in Paris, London und Berlin eine Träne geweint wird. Besonders schuldig – und das beschämt mich als Deutsche außerordentlich – macht sich unsere Bundeskanzlerin und unser Außenminister, wenn sie sofort und nachhaltig die Hamas als einzig Schuldigen verurteilt und Israel – wie immer – einseitig verteidigt und auch nicht davor zurückschreckt, ihre Neujahrsansprache dafür zu missbrauchen. Gerade hier in Deutschland sollten wir nicht wieder die schon einmal gemachten Fehler wiederholen und wegschauen. Ich frage mich, gerade auch als deutsche Jüdin, wie kann ein jüdischer Staat, nämlich Israel, das immer wieder auf den Holocaust hinweist und alle Besucher nach Jad Vaschem führt, so viel Leid, so viel Menschenrechts verletzende und brutale Besatzung und Blockade über ein anders Volk, nämlich die Palästinenser, bringen. Fühlt sich Israel inzwischen so überhöht, dass man andere Menschen und deren Leid ignoriert. Mich schmerzt und empört, dass die mediale Berichterstattung, insbesondere hier bei uns, mit wenigen Ausnahmen falsch und einseitig berichtet. Man sollte nicht zögern, E-mails an Rundfunk- und Fernsehanstalten zu schicken, um gegen diese skandalöse Berichterstattung zu protestieren. Mein neustes Beispiel von Gestern: Nach meiner Rede hatte ich zwei Interviews, nämlich mit dem WDR 2 Rundfunk und SAT 1 Fernsehen. Bei der Berichterstattung über die gestrigen Demonstrationen und Ausstrahlung über die Düsseldorfer Veranstaltung wurde in beiden Nachrichtensendungen weder meine Teilnahme, meine Rede, geschweige denn die Interviews gebracht. Soviel zum sauberen Journalismus und objektiver Nachrichtenberichterstattung. Das ist eine Verdummung und Missachtung gegenüber uns Gebührenzahler/Innen. Ich verlange nur, dass die Sendeanstalten die minimalsten journalistischen Standards einhalten. Deswegen empfehle ich allen, die die Möglichkeit haben, sich z.B. bei BBC World zu informieren. Anstatt die These von der Selbstverteidigung zu verbreiten, sollte man die Tatsachen nicht mehr verdrehen und Druck ausüben. Israel darf nicht belohnt werden durch die EU-Annäherung und ständige finanzielle Unterstützung. Das Gegenteil muss jetzt der Fall sein: Boykott, so lange der Luftkrieg und die Bodenoffensive, die Besatzung, die Blockade und der Siedlungsbau anhalten. 1.480.000 zivile Gazastreifen-bewohner/innen werden angegriffen und wahllos getötet, weil sich 20.000 Hamasanhänger im Gazastreifen befinden. Seit Monaten war die Attacke minutiös vorbereitet worden. Israel kann nur so vorgehen, weil die USA, Europa und arabische Staaten, die von den USA abhängig sind, zusehen. Das gilt auch besonders für den Fatah-Präsidenten Abbas, dem König ohne Land, der immer, wenn es brennt, im Ausland sitzt. Ich rufe dazu auf, umzudenken, zumindest im Kleinen bei uns in Deutschland: Üben wir Druck auf unsere Regierung aus, unsere Medien, unsere Kirchen und alle aufrechten Bürger/innen, dagegen zu protestieren und der Propaganda Israels zu widersprechen. Israel führt keinen humanen Krieg, wie es immer betont und hat auch keine Verteidigungsarmee sondern führt einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen beinahe Wehrlose, ohne Rücksicht auf Verluste – gegen alle Regeln und Gesetze. Das zeigt auch zusätzlich, dass Israel trotz Urteil des Obersten Gerichtshofes noch immer keine Journalisten in den Gazastreifen lässt. Wenn man nichts zu verbergen hat, braucht man Journalisten nicht auszusperren und deren Berichterstattung nicht zu fürchten. Ich hoffe, manipulierte oder Nichtberichterstattung wird sich für Israel nicht auszahlen. Wehren wir uns im Namen der zerschundenen und seit über 40 Jahren besetzten unschuldigen Palästinenser, die keine Lobby haben. Sie haben Solidarität verdient und brauchen unsere uneingeschränkte Hilfe gegen diese Unrechtspolitik. Informieren wir uns umfassend und glauben wir nicht mehr alles, was uns täglich vorgesetzt wird. Es gab und gäbe immer Gesprächspartner für Israel. Aber Israel, „die einzige Demokratie im Osten mit der ausgestreckten Hand“ hat seinen Gesprächspartnern nie etwas Annehmbares gegeben. Israel siedelt weiter, mauert weiter, „abbombardiert“ weiter und mordet in den Bodenoffensive weiter. Mit diesen israelischen Angeboten, diesem nicht lebensfähigen Flickenteppich der Zersplitterung von Gaza und dem Westjordanland, mit der ungebremsten Besiedlung von Ostjerusalem, mit der willkürlichen Trennungsmauer durch all diese Gebiete kann es keinen Palästinenserstaat mehr geben. Die Konsequenz ist, dass es nur einen Staat geben kann, einen demokratischen Staat, wie auf der ganzen Welt, wo alle Religionen, Ethnien und Menschen gleichberechtigt zusammenleben und es nicht palästinensische Israelis Bürger zweiter und dritter Klasse gibt. D.h. einen Staat mit einer demokratischen Verfassung mit Trennung von Religion und Staat. Nur das kann das erstrebenswerte Ziel sein, auch wenn es nicht im Sinne von Israel ist. Die Unterdrückung, Missachtung und Besatzung muss aufhören. Das kann nur erreicht werden, indem wir die Unterstützung Israels versagen, bis ein annehmbarer Frieden für alle Seiten erreicht ist. Solange das nicht geschieht, sollte man sich auch überlegen, ob Israel noch einen Platz in der UNO haben sollte. Hoffnung auf ein vereintes Palästina, in dem Araber und Juden friedlich zusammenleben Rede von Wolfgang Zimmermann, Landessprecher DIE LINKE.NRW auf der Abschlusskundgebung in Düsseldorf Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde, es wird immer unerträglicher, die Nachrichten und die Bilder aus dem Gaza-Gebiet zu sehen. Der seit sieben Tagen andauernde Krieg in Palästina hat bereits weit mehr als 400 Tote und fast 2000 Verletzte gefordert. Die hochgerüstete israelische Militärmaschinerie zerbombt gnadenlos die palästinensischen Städte, die Opfer sind zum größten Teil Zivilisten, vor allem Frauen und Kinder. Bundeskanzlerin Merkel wie auch Außenminister Steinmeier sprechen vom legitimen Recht des Staates Israel, sich selbst zu verteidigen. Kein Wort kommt ihnen über die Lippen zu der zwei Jahre andauernden Blockade des so genannten Gaza-Streifens durch den israelischen Staat. Diese Blockade hat die palästinensische Bevölkerung in eine noch größere Verelendung getrieben und trägt entscheidend dazu bei, dass viele von ihnen keinen anderen Ausweg sehen als den gewaltsamen Widerstand. Kein Wort verlieren diese sich immer auf die Menschenrechte berufenden Repräsentanten zu der Tatsache, dass mehr als die Hälfte der gewählten Abgeordneten kurz nach den Parlamentswahlen im Gaza in israelische Gefängnisse geworfen worden sind. Kein Wort von ihnen zu dem fortwährenden Siedlungsausbau im Westjordanland. Die Blockade, die dazu führt, dass 1,5 Millionen Menschen nicht genügend Lebensmittel, Medikamente und andere lebensnotwendige Güter erhalten, ist auch eine Form der Gewaltanwendung, die vor allem die Schwachen in der Bevölkerung trifft. Wenn die Bundeskanzlerin und der Außenminister und darüber hinaus viele andere politisch Verantwortliche in Deutschland, in den Vereinigten Staaten und anderswo von Gewalt sprechen, meinen sie offenbar immer nur die Gewalt der Raketen, die auf israelisches Gebiet niedergehen oder die zweifellos zu verurteilenden Selbstmordattentate. Sie sprechen nur äußerst selten von Gewalt, wenn es um die Besetzung der palästinensischen Gebiete, um Blockaden und um die gezielte Ermordung von Palästinensern geht. In diesen Fällen sprechen sie in der Regel von Selbstverteidigung. Ich will aber an dieser Stelle eines deutlich sagen: Auch Selbstmordattentate und Gewalt gegen israelische Zivilisten sind eindeutig zu verurteilen. Doch durch die permanente Unterdrückung eines Volkes, dessen Kinder in Elend und Perspektivlosigkeit aufwachsen, werden diese Verzweifelungstaten provoziert. Die Unverhältnismäßigkeit des Einsatzes der unter anderem von Deutschland und den Vereinigten Staaten hochgerüsteten israelischen Armee produzieren wiederum Gewaltakte. Mit den Mitteln der Gewalt kann der Konflikt zwischen den beiden Völkern nicht gelöst werden. Die Menschenrechte müssen auch in Palästina für alle dort lebenden Menschen gelten. Wir müssen uns gegen die Forderung nach Vernichtung des Staates Israel stellen und wir müssen deutlich machen, dass die Palästinenserinnen und Palästinenser das Recht auf einen eigenen Staat haben. Das Blutvergießen muss unverzüglich beendet werden. Von einer Fortführung des Krieges, der mit Sicherheit zu einer weiteren Spirale der Gewalt führen wird, werden weder die Palästinenser noch die Israelis profitieren. Liebe Freundinnen und Freunde, ich habe eine Hoffnung, die vor dem Hintergrund des tausendfachen erlittenen Leidens mit Sicherheit nicht so schnell Wirklichkeit werden wird. Die Hoffnung, dass in hoffentlich nicht so ferner Zukunft ein vereintes Palästina entsteht, in dem Araber und Juden friedlich und solidarisch zusammenleben. Liebe Freundinnen und Freunde, wenn ich feststelle, dass es in Israel nicht wenige Menschen gibt, die sich bereits seit Jahren mutig gegen den Kriegskurs ihrer Regierung auflehnen, wenn ich feststelle, dass es unter den Palästinensern immer mehr gibt, die sehen, dass der bisherige Weg nicht zu ihrer Befreiung geführt hat, dann denke ich, es lohnt sich wirklich, für dieses Ziel zu kämpfen! Ich appelliere an die israelische Regierung, ihren Bomben-Krieg gegen die palästinensische Bevölkerung unverzüglich zu beenden. Ich appelliere an sie, die offensichtlich geplante Bodenoffensive nicht zu beginnen. Ich fordere die Herrschenden in Israel auf, die seit zwei Jahren bestehende Blockade sofort zu beenden. Ich appelliere darüber hinaus an die palästinensische Führung im Gaza-Gebiet, mit den Attentaten und der Gewalt gegen die israelische Bevölkerung Schluss zu machen. Die Aufgabe besteht jetzt darin, sofortige Friedensverhandlungen aufzunehmen mit dem Ziel eines dauerhaften Waffenstillstandes. Das ist das Gebot der Stunde und für dieses Ziel müssen ab sofort Millionen Menschen in aller Welt mit machtvollen Demonstrationen und Kundgebungen auf die Straße gehen. Wir fordern: Schluss mit diesem Krieg und Anerkennung der Grenzen von 1967! |