Köln, 7.5.2011 - Der "Marsch für die Freiheit" von "Pro Köln" und "Pro NRW" und der Protest dagegenBilder

Gegen das Feindbild Islam - Erfolgreicher Protest stoppte den "Marsch für die Freiheit“ von "Pro Köln"

Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann in der NRhZ vom 11.5.2011

Der 7. Mai war der Tag, für den ein breites Kölner Bündnis von Parteien, Gewerkschaften, anderer Organisationen und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens zum Protest gegen den von der so genannten Pro-Bewegung geplanten "Marsch für die Freiheit“ aufgerufen hatte. Zu dem Marsch der Rechtsradikalen durch die Innenstadt kam es aber nicht. Er begann wegen Gleis- und Straßenblockaden kräftig verspätet um 14 Uhr rechtsrheinisch an der Deutzer Brücke und endete zwei Stunden später gleich auf der anderen Rheinseite mit knapp 300 anstelle der angekündigten "weit über tausend" Rassisten auf dem Heumarkt, wie die NRhZ bereits am Sonntag meldete.

Dort auf dem Kölner Heumarkt hatte man durch eine Grenzanlage aus Absperrgittern, zwei parallele Reihen von Polizeifahrzeugen und hunderte Polizisten den Platz geteilt. Der Nord-Heumarkt war von der Frankenwerft her zugänglich und stand dem Protest gegen den rechten Aufmarsch zur Verfügung. Der Süd-Heumarkt war verbunden mit der Deutzer Brücke und für die Truppe des "Marsches für die Freiheit“ vorgesehen.

Internationale Rechte trifft sich bei Pro Köln

Dort konnte man von den Rednern u.a. folgendes hören: „Der Islam ist eine politische Theologie und genau genommen eine Ideologie der Macht und der Machtergreifung... Im Islam haben wir von Anfang an immer nur Eroberung mit Waffen. Und deswegen ist der Islam keine friedliche Religion. Der Islam ist nicht europäisch, weil er das Kollektiv über das Individuum stellt... Wenn eine politische Theologie und Religion wirklich kollektivistisch ist, dann ist es der Islam. Der Islam ist verfassungsfeindlich. Und das muß man in aller Klarheit sagen. Der Islam ist anti-emanzipatorisch. Der Islam ist intolerant... Und deswegen sind wir aufgerufen zum Widerstand im Namen der Freiheit...“

Diese Hetztirade kam von Dr. Rolf Schlierer, dem Bundesvorsitzenden der Republikaner. Aber auch alle anderen Vertreter rechter Gruppierungen und Parteien aus Deutschland, Österreich, Frankreich, Belgien und den USA hetzten gegen den Islam. Nach dem bekannten Strickmuster der CDU-Parole „Freiheit statt Sozialismus“ vom Wahlkampf 1976 heißt es nun „Freiheit statt Islam“. Es geht den rechten Populisten offensichtlich um die Schaffung eines Wir-Gefühls auf Kosten zugewanderter Menschen eines anderen Glaubens. Dieses Feindbild hat die Funktion des Zusammenschweißens derer, die sich solche Parolen zueigen machen.

Gegen Diskriminierung und rassistische Hetze

Protest gegen diese Hetze gab es - organisiert von "Köln stellt sich quer“ und dem "Bündnis gegen Pro Köln“ - an zahlreichen Orten in der Stadt: zwischen Hauptbahnhof und Kölner Dom, in der Kirche St. Heribert an der Deutzer Freiheit im Rahmen eines Ökumenischen Gottesdienstes und auf der linksrheinischen Frankenwerft unmittelbar an der Deutzer Brücke. Darüber hinaus gab es immer wieder Protest in Hörweite des rechten Marsches. Vor allem als die paar hundert "Freiheitsmarschierer" auf der Deutzer Brücke die Frankenwerft überquerten, wurden die Proteste unüberseh- und unüberhörbar.

„Was die selbst ernannte Pro-Bewegung unter Freiheit versteht, ist nichts Anderes als Diskriminierung und rassistische Hetze. So werden Menschen muslimischen Glaubens unter Generalverdacht des Islamismus gestellt und Migrantinnen und Migranten für gesellschaftliche Mißstände verantwortlich gemacht. Damit soll die Angst vor einer angeblichen Überfremdung geschürt werden.“ Dagegen stelle sich Köln quer, hieß es im Aufruf von "Köln stellt sich quer“.

Gegen Freiheit und Demokratie

Auf der Frankenwerft hatte sich auch US-Präsident Obama eingefunden und mahnte: Vergeßt uns Große nicht! Richtet Euren Blick nicht nur auf unsere Hilfstruppen. „Yes, we kill“, versicherte er - sekundiert von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die proklamierte: „Bravo, bravo! Don't stop, don't stop!“ Gemeint von beiden: der Mord am Feindbild Osama bin Laden und daß sie zu denjenigen gehören, die seit zehn Jahren - seit den Ereignissen vom 11. September 2001 - die Prinzipien des Rechtsstaats über Bord werfen, um faschistoidem Denken den Weg zu ebnen. Der "Krieg gegen den Terror“ sei in Wahrheit ein Krieg gegen Freiheit und Demokratie. Das Feindbild Islam sei keine Spezialität der so genannten Pro-Bewegung. Mit dem Feindbild Islam werde spätestens seit der Operation 9/11 Weltpolitik gemacht.

„…Und nun feiern sie auf den Straßen von Washington und New York... Republikaner, Demokraten, Schwarze und Rednecks, linke Studenten und rechte Tea-Party-Fans. Die Nachricht vom Tod Osama Bin Ladens hat sie auf die Straßen getrieben, zum Ground Zero in New York und zum Weißen Haus in Washington. Eine Nacht lang feiern sie ihr Land, ihr Militär, ihren Präsidenten. USA, USA, rufen sie.“ So beschrieb es der SPIEGEL am Tag nach der Tötungsinszenierung. Und folgerichtig sprach Taylor Rose, Vertreter der rechten US-amerikanischen Tea Party-Bewegung, auf der Kundgebung des "Marsches für die Freiheit“ auf dem Heumarkt. Er ist Student und beschäftigt sich mit internationalen Beziehungen und "Strategic Intelligence“. Wie der Vorsitzende der Republikaner malte auch er das strategisch bedeutsame Feindbild Islam an die Wand, sprach davon, daß er keine Grüße von Osama bin Laden überbringe und warnte vor der Bedrohung durch die "unheilige Allianz von Islamismus und Sozialismus".

Bereits zuvor hatte ein anderer Redner des "Marsches für die Freiheit“ die wahrscheinlich anwesenden Kollegen vom Verfassungsschutz begrüßt, ließ aber offen, wo diese zu finden wären. Walter Momper, Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses, hatte bekanntlich am 29. Januar 2009 davon gesprochen, dass „ein Drittel des Bundesvorstandes der NPD vom Verfassungsschutz bezahlt wird“. Ob und in welchem Ausmaß welche Dienste an der Organisierung des "Marsches für die Freiheit“ beteiligt waren, läßt der Redner im Unklaren. Klar ist, daß das Feindbild Islam im kleinen wie im großen seine Rolle spielt und der Zusammenhang zwischen beidem nicht übersehen werden darf.

Warum es wichtig ist, daß Gewerkschaften gegen „rechts“ sind

Warum ist der internationale Blick in diesem Zusammenhang so wichtig? Michael Moore rief im Zusammenhang mit den Protesten der Hunderttausenden im US-amerikansichen Bundesstaat Wisconsin Anfang dieses Jahres auf zur Gegenwehr gegen „eine gefährliche Verschwörung, einen Großangriff der Reichen gegen das Volk, das sein Land nun zurückerkämpfen müsse“, berichtet Victor Grossmann in Ossietzky 9/2011. Es ging um den Gesetzentwurf des Tea Party-Gouverneurs Scott Walker gegen die Gewerkschaften, „der ihre Rechte einschränkt, indem er ihnen verbietet, über irgendetwas anderes als die Gehälter zu verhandeln, ... nicht über Arbeitszeit, Arbeitsschutz, Beschwerden, Entlassungen. Und jährlich sollten die Gewerkschaften auf eigene Kosten abstimmen lassen, ob sie ihre Mitglieder noch vertreten dürfen, wozu 51 Prozent der Stimmen nötig wären. Damit allein hätten sie dann alle Hände voll zu tun und müßten ihr Geld hauptsächlich für die Mitgliederwerbung ausgeben; kurz: Sie könnten einpacken.“ (Grossmann, w.v.) Solche Gesetzentwürfe sind bereits in Iowa, Indiana, Tennesse, Idaho, Alaska, Michigan eingebracht, „überall, wo Tea Party-Kandidaten gesiegt hatten“.

Artikel in der NRhZ (mit Bildern): nrhz.de