Berlin, 18.11.2013 - "Welcome to Germany, Edward Snowden!" - Aktion anläßlich einer Sondersitzung des Bundestages zum Thema NSABilder

Freiheit jedes Einzelnen ist akut bedroht

Bericht und Einschätzung zur Protestaktion von br

Am 18.November 2013 waren die Geheimdienstprogramme der USA Thema einer Sondersitzung des Deutschen Bundestages. Aus diesem Anlass demonstrierten vor dem Reichstagsgebäude in Berlin auf dem Platz der Republik weit mehr als Hundert Rechtsanwälte, in Anwaltsroben gehüllt und mit Plakaten in den Fäusten. Die Juristen forderten von der Bundesregierung die Aufklärung des NSA-Überwachungsskandals und der Verwicklung des BND und anderer Dienste in dieses Verbrechen. Sie forderten zudem den sofortigen Stopp von Überwachungsprogrammen wie Prism und Tempora. Die Protestaktion rief zum Aufstand gegen die Totalüberwachung auf und wendete sich auch gegen die Zerstörung demokratischer Rechte der Bevölkerung. Eine vertrauliche Information und Kommunikation zwischen Anwälten und ihren Mandanten ist kaum mehr möglich. Die Freiheit jedes Einzelnen ist akut bedroht. Auf das Schärfste zu verurteilen ist auch die blockierte parlamentarische Arbeit und die Verschleppung der Regierungsbildung. Sie stellen eine Vorbereitung der Bourgeoisie auf Diktatur und Krieg dar.

"Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages [...] sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen." (Grundgesetz der BRD, Art. 38 - Quelle: gesetze-im-internet.de/gg/art_38.html )

"Im Bundestag und in allen von ihm beschickten Gremien stimmen die Koalitionsfraktionen einheitlich ab. Das gilt auch für Fragen, die nicht Gegenstand der vereinbarten Politik sind. Wechselnde Mehrheiten sind ausgeschlossen." (Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD zur 18. Legislaturperiode - Quelle: tagesschau.de/inland/koalitionsvertrag136.pdf)

Nach einer Meldung in spiegelonline und anderer Medien meldete sich Günter Grass mitten im Endspurt der Koalitionsverhandlungen zu Wort: Der Schriftsteller, seit Jahrzehnten Symphatisant der SPD, hält nichts von einem Zusammengehen der Partei mit der Union auf Bundesebene. "Ich kann der SPD und ihren Mitgliedern nur raten, nicht in diese Große Koalition zu gehen", sagte Günter Grass. Seit Jahrzehnten schon ist Grass mit der Sozialdemokratie eng verbunden. Im Jahr 1961 reiste er zum ersten Mal im Wahlkampf-Tross von Willy Brandt mit, in "Aus dem Tagebuch einer Schnecke" schrieb er seine Wahlkampferlebnisse von 1969 nieder. 1982 wurde Grass Mitglied der SPD, trat aber nach zehn Jahren wegen der Asylpolitik wieder aus. Der SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel sagte im vergangenen Jahr in einem Spiegel-Interview anerkennend: "Was hat Grass für die SPD geleistet, was hat er an Prügeln eingesteckt, als er für Willy Brandt Wahlkampf gemacht hat?" Und weiter: "Nicht nur die SPD, das ganze Land hat Grass viel zu verdanken." Zuvor hatten einige SPD-Politiker angekündigt, sie wollten künftig auf die Hilfe des Schriftstellers verzichten. "Seine Zeit ist einfach vorbei", hieß es im April 2012. Auslöser war Grass' Israel-Gedicht "Was gesagt werden muss". In diesem hatte er angeprangert, dass Israel mit seiner Iran-Politik den Weltfrieden gefährde.

In der NSA-Spähaffäre hält Günter Grass Bundeskanzlerin Angela Merkel vor, politisch feige zu sein. Die Amerikaner übertreten Gesetze im eigenen Interesse auch auf Kosten ihrer Verbündeten, während Merkel zurückzucke und nicht von der Souveränität Deutschlands Gebrauch mache. "Die Kanzlerin schützt die Bürger nicht vor dieser Großbespitzelung", kritisierte Grass. Er sprach sich außerdem dafür aus, dem früheren US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden in Deutschland ein Aufenthaltsrecht einzuräumen mit entsprechenden Sicherheitsgarantien.


Asyl für Edward Snowden vor dem Bundestag gefordert

Meldung von digitalcourage vom 18. November 2013

Vor dem Bundestag haben heute rund 250 Menschen für Asyl für Edward Snowden demonstriert. Zuvor hatten über 160.000 Menschen eine Petition von campact unterschrieben, die heute an die Politiker übergeben wurde.

Edward Snowden könnte zwar bei einem Untersuchungsausschuss zum NSA Skandal als Zeuge geladen werden. Seine Chancen staatlichen Schutz zu erhalten, scheinen aber genauso gering wie eine echte Aufklärung durch den Ausschuss, da steht die Große Koalition vor.

Nicht nur das Transparent „Willkommen in Deutschland, Mr. Snowden“ sorgte für eine starke Medienresonanz und eine positive Grundstimmung während der gesamten Demonstration. Überdimensionale Merkel und Gabriel „Puppen“ fungierten stellvertretend für die nicht anwesenden Koaltionsverhandelnden und schoben sich die heiße Kartoffel immer wieder gegenseitig zu. Denn mit den USA wollen es sich Gabriel und Merkel anscheinend nicht verscherzen, sonst hätten sie Snowden schon längst einen Aufenthalt in Deutschland gewähren können.

Obwohl ohne die Enthüllungsarbeit von Edward Snowden die Bespitzelung in Deutschland durch die NSA nicht publik geworden wäre, positionieren sich nicht alle Politker für ein Bleiberecht Snowdens. Wir fordern aber weiter: Schutz für Edward Snowden.

Bei der Aktion heute haben sich Katja Kipping und Gregor Gysi von der Linkspartei, Grünen Fraktionsvorsitzende Göring-Eckardt und Vertreter der SPD für einen Schutz von Snowden positioniert und die Unterschriftenliste entgegengenommen. Snowden hat noch bis zum Sommer 2014 ein Bleiberecht in Russland, einem Staat, der nicht gerade für seine Rechtsstaatlichkeit gerühmt wird. Eigentlich ein Grund mehr, sich für einen Schutz Snowdens in Deutschland einzusetzen.


Welcome to Germany, Mr. Snowden!

Meldung der NRhZ vom 18. November 2013

Berlin (NRhZ/CWD, 18.11.) Bei einer Aktion vor dem Bundestag für die sichere Aufnahme von Edward Snowden in Deutschland unmittelbar vor Beginn der Sondersitzung, in der der Bundestag die Einberufung eines Untersuchungsausschusses zur NSA-Abhöraffäre diskutierte, haben das Kampagnennetzwerk Campact, das Whistleblower-Netzwerk und Digitalcourage für die Aufnahme von Edward Snowden und einen effektiven gesetzlichen Schutz für Whistleblower in Deutschland demonstriert. Auf einem Transparent war zu lesen: ?Welcome to Germany, Mr. Snowden!? Darsteller mit Großmasken von Angela Merkel und Sigmar Gabriel versuchten, sich an einer riesigen, dampfenden ?heißen Kartoffel? nicht die Finger zu verbrennen. Demonstrant/innen hielten Schilder mit einem dem legendären Obama-Wahlplakat nachempfundenen Snowden-Porträt und dem Slogan ?Whistleblower schützen ? yes you can!? Während der Aktion wurden über 167.000 Unterschriften unter den Appell ?Schutz für Edward Snowden in Deutschland? an die Fraktionsvorsitzenden übergeben. Die CDU-Fraktion lehnte die Entgegennahme allerdings ab. ?Ohne Edward Snowdens Mut würde die Kanzlerin wohl heute noch Betriebsgeheimnisse der Bundesregierung ausplaudern. Gerade sie hätte viele Gründe, Snowden nach Deutschland zu holen. Stattdessen bietet die Bundesregierung ein erbärmliches Schauspiel ? die Enthüllungen nimmt man dankbar auf, behandelt den Enthüller aber wie eine heiße Kartoffel?, erklärt Annette Sawatzki von Campact. Rena Tangens von Digitalcourage ergänzt: ?Die Abgeordneten können jetzt mehr Rückgrat beweisen als Merkel. Denn Snowden steht rechtlich ein Aufenthalt in Deutschland zu, sobald ihn der parlamentarische Untersuchungsausschuss als Zeugen lädt.