Berlin, 13.10.2001 - Demonstration 'Kein Krieg! Aufstehen für den Frieden!' - Kundgebung auf dem GendarmenmarktBilder

Kein Krieg! Aufstehen für den Frieden! Für Solidarität und soziale Gerechtigkeit!

Aufruf zu den bundesweiten Demonstrationen und Kundgebungen am 13. Oktober 2001 in Berlin und Stuttgart

Der Schock nach den Attentaten von New York und Washington sitzt noch immer tief. Unsere Anteilnahme und Solidarität gilt den Angehörigen der Opfer dieser menschenverachtenden Taten.

Selbstverständlich müssen die Schuldigen ermittelt und mit rechtsstaatlichen Mitteln zur Verantwortung gezogen werden. Es darf aber keine Vergeltungsschläge oder andere Militäraktionen gegen irgendein Land geben, weil diese sich immer auch gegen die Zivilbevölkerung richten.

Wir warnen vor einer Aufspaltung in eine "zivilisierte" und eine "unzivilisierte" Welt. Das würde die Gräben nur noch weiter vertiefen.

Ein neuer Krieg vergrößert das Leid unschuldiger Menschen und bringt neuen Hass und neuen Terror hervor. Schon jetzt hat die Androhung militärischer Gewalt zu millionenfachem Flüchtlingselend in Afghanistan geführt.

Mehr denn je gilt: Krieg kann keine Konflikte lösen.

Langfristig wird der Terrorismus nur zu bekämpfen sein, indem ihm der wirtschaftliche, soziale politische und ideologische Nährboden entzogen wird, auf dem er gedeiht.

Kein Raketenabwehrsystem, keine noch so gut gerüstete Armee und keine noch so großen inneren Sicherheitsmaßnahmen werden uns vor den neuen Formen des Terrors schützen können. Mehr Sicherheit erreichen wir nur durch Abrüstung, den Ausbau ziviler Konfliktlösungsinstrumente, die Stärkung des internationalen Rechts und durch mehr soziale, ökologische und wirtschaftliche Gerechtigkeit in der Welt.

Lassen wir nicht zu, dass in unserer Gesellschaft das friedliche Zusammenleben verschiedener Kulturen und Religionen zerstört wird.

Wehren wir uns gegen Tendenzen, unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung immer mehr Grund- und Freiheitsrechte einzuschränken (z.B. durch die geplante erweiterte Rasterfahndung, verschärfte Kontrollen, Bespitzelung der Bevölkerung).

Wir sagen NEIN
  • zu Vergeltung, Krieg und Militäreinsätzen
Wir sagen NEIN
  • zu militärischen Einsätzen der Bundeswehr
Wir sagen NEIN
  • zur Aufrüstung der Bundeswehr als Interventionsarmee
  • Keine Demontage- von Grund- und Freiheitsrechten!
  • Gegen Ausländerfeindlichkeit, Rassismus und Ausgrenzung!
Tragen wir dazu bei, die Spaltung der Welt zu überwinden.

13. Oktober 2001:
Großkundgebung in Berlin
  • 13 Uhr Auftakt am Neptunbrunnen vor dem Roten Rathaus (über Auswärtiges Amt, Anreise mit der Bahn)
  • 13 Uhr: Brandenburger Tor, Pariser Platz (über US-Botschaft, Anreise mit Bussen)
  • 13 Uhr: S-Bahnhof Friedrichstraße (Aktionsbündnis für ein anderes Berlin)
  • Anschließend Demonstration
  • 14.30 bis 16.30 Schlusskundgebung am Gendarmenmarkt
Nachrichtlich:
In Stuttgart:
10 Uhr Mahnwache am EUCOM
12.30 Uhr Auftakt Hauptbahnhof Stuttgart
13 Uhr Demonstration zum Schlossplatz
14 Uhr Kundgebung Schlossplatz

Trägerkreis:
  • Attac Deutschland
  • BBU
  • Berliner Friedenskoordination (FRIKO)
  • BSV-Bund für Soziale Verteidigung
  • Bund demokratischer WissenschaftlerInnen-BdWi
  • Bundesausschuss Friedensratschlag
  • Bundeskoordination Studentischer Oekologiearbeit, BSOe e.V.
  • BundesSchülerVertreterInnen
  • Deutsche Friedensgesellschaft -Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG-VK)
  • Deutscher Friedensrat
  • DIDF
  • Europäisches Friedensforum
  • freier zusammenschluß der studierendenschaften
  • Gesellschaft für Bürger- und Menschenrechte e.V.
  • Grüne Jugend Bundesverband
  • IG Metall-Jugend
  • IPPNW
  • Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.
  • Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit
  • JungdemokratInnen-Junge Linke Bundesverband
  • Komitee für Grundrechte und Demokratie
  • Manuel Parrondo, stellv. Vorsitzender Bundesausländerbeirat
  • NaturwissenschaftlerInnen-Initiative "Verantwortung für Friedens- und Zukunftsfähigkeit"
  • Netzwerk Friedenskooperative
  • Ökumenische Aktion Ohne Rüstung Leben
  • Ostdeutsches Kuratorium von Verbänden
  • PädagogInnen für den Frieden
  • pax christi - deutsche Sektion
  • Service Civil International - Deutscher Zweig e.V.
  • [`solid] die sozialistische jugend
  • ver.di-Jugend
  • Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der AntifaschistInnen (VVN-BdA)
Neben den Organisationen im Trägerkreis unterstützen die Demonstration folgende Organistationen:
  • Abrüstungsinitiative Bremer Kirchengemeinden
  • AG Friedens- und Internationale Politik beim Parteivorstand der PDS
  • AKE (Arbeitskreis Entwickulungspolitik), Vlotho
  • Aktion Sühnezeichen Friedensdienste, Berlin
  • Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden, AGDF, Bonn
  • Aktionskreis für Frieden e.V., Erfurt
  • Alternative Liste Hannover
  • Antikriegshaus Sievershausen
  • Antikriegsplenum Bielefeld
  • Arbeitskreis Frieden Nordhorn
  • Arbeitskreis Frieden und Abrüstung Kiel
  • arbeitskreis kritischer juristInnen Berlin, akj
  • Assoziation marxistischer Studierender, ANS
  • Basis Grün e.V.
  • Bochumer Friedenplenum
  • Bündnis 90 / Die Grünen, KV Bochum und Wattenscheid
  • Bündnis linker und radikaldemokratischer Hochschulgruppen, LIRA
  • Bürgerinitiative Moerser gegen den Krieg
  • Bürgerinitiative OFFENe HEIDe
  • DFG/VK Haltern
  • DGB Thüringen
  • DKP Kreis Trier
  • DKP Parteivorstand
  • Düsseldorfer Friedensforum
  • Erlanger Bündnis für den Frieden
  • Europäische Märsche gegen Erwerbslosigkeit, ungeschützte Beschäftigung und Ausgrenzung
  • Fasia Jansen Stiftung
  • Fördergemeinschaft für Umwelt, Bildung, Arbeit e.V.
  • FRIEDEN JETZT Chemnitz e.V.
  • Friedensgruppe in der Ev. Luth. Kirchengemeinde Bad Bramstedt
  • Friedensinitiative Oberberg
  • Göttinger Friedensbündnis
  • Grüne Jugend Berlin
  • Hamburger Forum für Völkerverständigung und weltweite Abrüstung e.V.
  • Hiroshima Arbeitskreis Köln
  • Jusos Bundesvorstand
  • Jusos Landesverband Berlin
  • Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienst und Militär
  • Kasseler Friedensforum
  • Kölner Aktionsbündnis gegen Krieg und Rassismus
  • Kölner Friedensarbeitskreis PAX AN
  • Linke Liste an der Humboldt-Universität zu Berlin
  • Linksruck
  • Mütter gegen den Krieg e.V.
  • Naturfreundejugend NRW
  • Naturfreundejugend Westfalen
  • Nooit-meer / nie wieder!, Deutsch-Niederländisches Antifaschismus-Komitee im Euregiogebiet
  • Nürnberger Friedensforum
  • Ostermarsch Ruhr
  • PDS Kreisverband Wesel
  • PDS / offene linke Liste Moers
  • pro asyl
  • Rainer Golembiewski, stv. Vorsitzender Gewerkschaft ver.di Offenbach
  • Rechtshilfefonds für Ausländerinnen und Ausländer e.V. Bonn
  • Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend
  • Stop the war Brigade - Vietnamkriegsveteranen gegen den Krieg
  • ver.di Vertrauensleuteversammlung Klinik Stadt Hanau
  • Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen e.V.

Ein voller Erfolg

Einschätzung der Organisatoren der Demonstration am 13. Oktober in Berlin

Die Friedensdemonstrationen waren ein voller Erfolg: In Berlin demonstrierten ca. 50.000 und in Stuttgart ca. 20.000 Menschen gegen den Krieg und für den Frieden und soziale Gerechtigkeit in der Welt.

In der Abschlusserklärung heißt es u.a.: "Die Friedensbewegung warnt vor den innenpolitischen Auswirkungen der teils beschlossenen, teils diskutierten Antiterrormaßnahmen. Ein Generalverdacht gegen islamische Gruppierungen und die Diskriminierung von Moslems sind das Gegenteil von Terrorismusbekämpfung, sie sind vielmehr die Vorstufe einer neuen gesellschaftlichen Konfrontation. Schnellschüsse aus der Mottenkiste der 'Inneren Sicherheit' wie eine neuerliche 'Kronzeugenregelung', die Ausweitung der Raster- und Schleierfahndung oder den Einsatz der Bundeswehr im Inneren lehnen wir ab. (...) Mit der vom Bundeskanzler vorsprochenen 'vorbehaltlosen' Unterstützung des Krieges missbraucht die Bundesregierung die Gefühle und Anteilnahme der Solidarität, die in der Bevölkerung während der letzten Wochen mit den Opfern und Angehörigen der Terroranschläge von New York und Washington so eindrucksvoll geäußert wurden."

Abschließend zitiert der Aufruf die Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner: "Rache und immer wieder Rache! Keinem vernüftigen Menschen wird es einfallen, Tintenflecke mit Tinte, Ölflecken mit Öl wegputzen zu wollen - nur Blut, das soll immer wieder mit Blut ausgewaschen werden." Der Aufruf schließt mit der Forderung: "Stoppt den Krieg! Stoppt den Terror!"


Über 80.000 demonstrieren gegen den Krieg

Erklärung des Trägerkreises zur Demonstration am 13. Oktober in Berlin

Am Samstag, 13. Oktober, demonstrierten in Berlin, Stuttgart, München und anderen Städten über 80 Tausend Menschen gegen Terror und Krieg. Die größten Demonstrationen fanden in Berlin (50.000) und in Stuttgart (30.000) statt. Die Demonstrationen verliefen, wie das bei der Friedensbewegung üblich ist, ausgesprochen friedlich. Zu einem Zwischenfall kam es lediglich in Berlin, als während der Abschlusskundgebung auf dem Dom ein NPD-Transparent entrollt wurde. Die Friedensdemonstranten quittierten diese Provokation mit einem gellenden Pfeifkonzert und sorgten innerhalb weniger Minuten dafür, dass das Transparent wieder entfernt wurde. Die Demo-Leitung wies jeglichen Versuch rechtsradikaler und neonazistischer Kreise, sich mit verlogenen Parolen in die Friedensbewegung einzuschleichen, zurück. "Wer, wie die Faschisten in Deutschland, sich zum geistigen Mittäter an den terroristischen Anschlägen in den USA erklärt, verhöhnt die unschuldigen Opfer, wenn er das Wort Frieden nur in den Mund nimmt. Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen", heißt es in einer Erklärung des Trägerkreises dazu.


Abschlusserklärung

des Trägerkreises zur Demonstration am 13. Oktober in Berlin

Im Namen des Trägerkreises der Bundesweiten Demonstration in Berlin, dem 36 Organisationen angehören (100 weitere Organisationen unterstützten den Aufruf), trug Peter Strutynski vom Bundesausschuss Friedensratschlag folgende gemeinsame Abschlusserklärung vor:

Der Krieg gegen Afghanistan wird den internationalen Terrorismus nicht beenden. Im Gegenteil: Es werden neue Terrororganisationen in anderen Ländern entstehen und die Welt wird noch unsicherer werden. US-Präsident Bush hat uns einen langen Krieg angekündigt. Dem Krieg gegen Afghanistan sollen weitere Kriege gegen andere Länder folgen. Jeder dieser Kriege ist ein weiterer Schritt in die Eskalation der Gewalt, vor der die Friedensbewegung seit den entsetzlichen Terroranschlägen am 11. September gewarnt hat.

Schon nach wenigen Tagen Krieg hat sich herausgestellt, dass von den Bomben- und Raketenangriffen wieder vor allem die Zivilbevölkerung getroffen wird. Schon der gewaltige Truppenaufmarsch der USA hatte ein Flüchtlingsdrama in Afghanistan ausgelöst. Millionen Menschen sind auf der Flucht. Hunderttausenden droht der Hungertod. Als Zynismus muss es empfunden werden, wenn die US-Flieger parallel zu den Bombardierungen Lebensmittelrationen über dem Land abwerfen, während gleichzeitig die zivilen Hilfsorganisationen daran gehindert sind, weiter ihrer lebensrettenden Arbeit nachzugehen. Wir fordern die Ausweitung der humanitären Hilfe und ein Wiederaufbauprogramm unter Leitung der Vereinten Nationen.

Die Politik der USA und ihrer NATO-Verbündeten einschließlich der Bundesregierung unterwirft sich ganz der militärischen "Logik", die auf den Terror mit Krieg, auf den Massenmord vom 11. September mit der "kollateralen" Tötung unschuldiger Menschen antwortet. Am Ende triumphiert die "Logik der Gewalt". Zu befürchten ist, dass sich die Spirale aus Terror und Krieg, Gewalt und Gegengewalt weiter drehen wird. Und diese Spirale wird begleitet sein von einem neuen Rüstungswettlauf, der von dem ebenso unsinnigen wie sündhaft teuren US-Raketenabwehrsystem weiter angeheizt wird. Wir sind gegen die Aufrüstung im Weltraum! Wir sind gegen den Rüstungsexport und die Produktion neuer Waffen hier bei uns! Wir mahnen mit dem großen amerikanischen Bürgerrechtskämpfer Martin Luther King, der vor mehr als 30 Jahren sagte: "Die Kettenreaktion des Bösen - Hass, der Hass erzeugt, Kriege, die noch mehr Kriege hervorbringen - muss gebrochen werden oder wir stürzen alle in den dunklen Abgrund der Vernichtung."

Die Friedensbewegung in der Bundesrepublik hat stets vor der Eskalationsgefahr bei Militäreinsätzen gewarnt und eine grundsätzlich andere Politik angemahnt. Eine solche Politik besteht im Kern darin, dem Terrorismus den Nährboden zu entziehen, auf dem er gedeiht. Dazu müssen die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Ursachen von Elend, Verzweiflung und Ausgrenzung beseitigt, soziale Gerechtigkeit hergestellt und den Menschen überall in der Welt Perspektiven angeboten und Mitwirkungsrechte an der Gestaltung ihres Lebens gegeben werden. Dies ist die langfristige Perspektive.

Aber auch kurzfristig hätte es Alternativen zum Krieg gegeben:
  • Ein Auslieferungsantrag an das Regime in Afghanistan hätte wirkungsvoller vorgetragen und umgesetzt werden können, wenn man ihn über die Arabische Liga oder über die OIC, die Organisation der Islamischen Konferenz gestellt hätte. Die OIC vertritt etwa eine Milliarde Menschen aus 57 Ländern.
  • Die Friedensbewegung fordert auch, die so genannte "Allianz gegen den Terrorismus" bei der UNO unter gleichberechtigter Mitwirkung der islamischen Staaten anzusiedeln.
  • Zur Aburteilung von überführten terroristischen Straftätern soll der künftige Internationale Gerichtshof ermächtigt werden. Leider wird der erbittertste Widerstand gegen dieses Gericht von der Regierung der USA geleistet.
Die Friedensbewegung warnt vor den innenpolitischen Auswirkungen der teils beschlossenen, teils diskutierten Antiterror-Maßnahmen. Ein Generalverdacht gegen islamische Gruppierungen und die Diskriminierung von Moslems sind das Gegenteil von Terrorismusbekämpfung, sie sind vielmehr die Vorstufe zu neuen gesellschaftlichen Konfrontationen. Schnellschüsse aus der Mottenkiste der "Inneren Sicherheit" wie eine neuerliche "Kronzeugenregelung", die Ausweitung von Raster- und Schleierfahndung oder den Einsatz von Bundeswehr im Inneren lehnen wir ab. Sie gefährden die freiheitlichen Bürger- und Menschenrechte und vergiften das innenpolitische Klima. Der Freiheit ist es nie gut bekommen, wenn zu ihrem angeblichen Schutz Freiheitsrechte abgebaut wurden.

Mit der vom Bundeskanzler versprochenen "vorbehaltlosen" Unterstützung des Krieges missbraucht die Bundesregierung die Gefühle der Anteilnahme und Solidarität, die in der Bevölkerung während der letzten Wochen mit den Opfern und Angehörigen der Terroranschläge von New York und Washington so eindrucksvoll geäußert wurden. Es darf nicht zugelassen werden, dass diese Menschen in die schlichte Frontstellung des US-Präsidenten eingespannt werden, wonach alle, die nicht "für die USA" sind, "für die Terroristen" seien. Die Friedensbewegung lehnt Terrorismus ohne Wenn und Aber ab. Mit derselben Entschiedenheit lehnt sie aber auch den Krieg ab.

Statt militärischer Beteiligung erwarten wir von der Bundesregierung Zivilcourage, Mut zur Kritik und Mäßigung gegenüber den NATO-Partnern und die Herstellung friedlicher und freundschaftlicher Beziehungen zu allen Völkern dieser Erde. Dafür wird sich die Friedensbewegung vorbehaltlos und ohne Einschränkungen einsetzen.

Vor fast hundert Jahren erhielt als erste Frau Bertha von Suttner den Friedensnobelpreis. Was sie damals zur Absurdität der Rache aufschrieb, muss heute wieder ganz laut gesagt werden: "Rache und immer wieder Rache! Keinem vernünftigen Menschen wird es einfallen, Tintenflecke mit Tinte, Ölflecken mit Öl wegputzen zu wollen - nur Blut, das soll immer wieder mit Blut ausgewaschen werden."

Heute demonstrieren in Stuttgart 25.000 Menschen, Antikriegsdemonstrationen finden heute im Rahmen eines "global action day" in zahlreichen Städten der USA und Großbritanniens statt, in Australien, in Italien, Frankreich, Belgien, Österreich und in vielen anderen Ländern. Und hier in Berlin sind wir heute 50.000. Lasst uns die Forderungen, die uns zu diesen Friedenskundgebungen zusammengebracht haben, noch einmal bekräftigen:

Stoppt den Krieg! Stoppt den Terror!
Stehen wir auf für den Frieden!
Setzen wir uns ein für internationale Solidarität und für soziale Gerechtigkeit - überall in der Welt, auch bei uns!


Presseerklärung

der Demonstrationsleitung und des Organisationsbüros zur Berliner Friedensdemonstration vom 13.Oktober

Über 50.000 Menschen demonstrierten am 13. Oktober auf dem Gendarmenmarkt in Berlin gegen Krieg, soziale Ungerechtigkeit, kapitalistische Globalisierung, für Frieden, Toleranz und ein solidarisches Miteinander der Völker dieser einen Welt. Dies war damit die größte Manifestation der deutschen Friedensbewegung nach dem Golfkrieg.

Mehr als 140 Organisationen, Gruppen, Initiativen, Bündnisse aus unterschiedlichen politischen Spektren hatten für den 13. Oktober zu einer Friedensdemonstration nach Berlin aufgerufen, die zeitgleich mit einer weiteren Demonstration in Stuttgart stattfand.

Sie stand unter den Losungen:
Kein Krieg!
Aufstehen für den Frieden! Für Solidarität und soziale Gerechtigkeit!
  • Wir sagen NEIN zu Vergeltung, Krieg und Militäreinsätzen.
  • Wir sagen NEIN zu militärischen Einsätzen der Bundeswehr.
  • Wir sagen NEIN zur Aufrüstung der Bundeswehr als Interventionsarmee.
  • Keine Demontage- von Grund- und Freiheitsrechten!
  • Gegen Ausländerfeindlichkeit, Rassismus und Ausgrenzung!
  • Tragen wir dazu bei, die Spaltung der Welt zu überwinden!
Drei Dinge waren am 13. Oktober in Berlin erneut sichtbar.
  • Die Friedensbewegung repräsentiert nach wie vor ein breites Spektrum unterschiedlicher politischer und weltanschaulicher Positionen. Diese Vielfalt war auf den mitgeführten Plakaten und Transparenten zu lesen und wurde auch in den verschiedenen Redebeiträgen deutlich.
  • Die Meinungen zu den Ursachen der Anschläge in den USA gingen auch auf dem Gendarmenmarkt weit auseinander. Die Friedensbewegung ist sich jedoch nicht nur in der Abscheu der terroristischen Attentate in den USA einig, sondern auch darin, dass die derzeitigen Überfälle der USA und der mit ihr gemeinsam handelnden Staaten auf Afghanistan kein Mittel sind, um der Welt den Frieden zu bringen. Deutliche Übereinstimmung gab es auch in der Ablehnung gegenüber einer Beteiligung der BRD an einer solchen Politik. Beide, die Überfälle der USA und die Politik der Bundesregierung wurden in mehreren Beiträgen als zynisch und als den Weltfrieden und die Sicherheit der eigenen Bevölkerung gefährdend scharf verurteilt.
  • Es sind nach wie vor Betroffenheit, humanistischer, demokratischer Anspruch und Sorge über die Auswirkung einer abenteuerlichen, menschenverachtenden Gewaltpolik der Regierungen, die Menschen eines solchen breiten Sprektrums in Konfrontation zu den Regierenden und zu gemeinsamen Aktionen auf die Straße führen. Das Recht, ein solches Anliegen in geeigneter Form in die Öffentlichkeit zu tragen ist in langen Jahren und harten Auseinandersetzungen erstritten worden. Sollte der Versuch unternommen werden, Demokratie an diesem Punkt zu demontieren wird es zu Widerstand kommen.
Auf den drei Auftaktkundgebungen am Brandenburger Tor, am Neptunbrunnen /Rotes Rathaus und am S- und U-Bahnhof Friedrichstraße und auf der Abschlusskundgebung am Gendarmenmarkt wurden Redebeiträge u.a. von Prof. Dr. Joseph Weizenbaum, Käthe Reichel, Dr.Peter Strutynski gehalten. Die einzelnen Beiträge werden in den nächsten Tagen auf der Internet-Seite der Demonstration unter www.demo1310.de veröffentlicht. Dort ist auch die Liste der Organisationen und Einzelpersönlichkeiten zu erhalten, die zu dieser Demonstration aufgerufen haben. Wir bitten für diese Vorgehensweise um Verständnis. Das Abdrucken allein dieser beiden Listen würde die Möglichkeit einer kurzen Presseinformation weit überschreiten.)


Über 50.000 Menschen auf Antikriegsdemonstration

Presseerklärung, Berlin, 13. Oktober 2001

An der heutigen Demonstration in Berlin gegen den Krieg haben über 50.000 Menschen teilgenommen. Allein am Demonstrationszug des Berliner Bündnisses gegen Krieg und der Friko Berlin vom Neptunbrunnen nahmen unter dem Motto: "Gegen Krieg, gegen Rassismus und Repression nach Innen" rund 30.000 KriegsgegnerInnen teil.

Versuche von Faschisten, in die Demonstration einzudringen, wurden entschlossen zurückgewiesen und verhindert. Das Bündnis erklärt noch einmal ausdrücklich, dass es keine Berührungspunkte mit der NPD und anderen faschistischen Organisationen gibt.

Mit dieser hohen Zahl von TeilnehmerInnen wurden die Erwartungen des Bündnisses gegen Krieg erfüllt.

Wir rufen dazu auf, in den kommenden Wochen Aktionen des Zivilen Ungehorsams durchzuführen: in den Betrieben, in den Schulen, in Büros und auf der Straße.


Über 30.000 auf Grossdemonstration in Stuttgart

Pressemitteilung, Stuttgart, 13. Oktober 2001

Friedensbewegung fordert: Konflikte ohne Krieg lösen! Keine Bomben mehr auf Afghanistan! Die Ursachen des Terrorismus bekämpfen

Mehr als 30.000 Friedensaktivistinnen und -aktivisten demonstrierten heute in der Stuttgarter Innenstadt für ein Ende der Bombardements auf Afghanistan und gegen einen Kriegseinsatz der Bundeswehr. Eingeladen zu der Friedenskundgebung hatten u. a. das Friedensnetz Baden-Württemberg, verschiedene Gewerkschaften, die ökumenische Aktion Ohne Rüstung Leben, die katholische Friedensbewegung Pax Christi, die Gesellschaft Kultur des Friedens.

" Gewalt ist nicht mit Gegengewalt wegzubomben" erklärte Jürgen Grässlin, Bundessprecher der Deutschen Friedensgesellschaft DFG/VK: und forderte "Demokratie, die ihrem Namen gerecht werden will, muss demokratische Mittel einsetzen und das Völkerrecht wahren. Bombenterror ist das Mittel bin Ladens und seines Terrornetzes. Mit jeder US-Bombe, die auf afghanische Städte und Dörfer abgeworfen wird ,sterben unschuldige Zivilisten, wird neuer Hass geschürt"

"Unser Mitgefühl gilt den Toten, den Verletzten, den Trauernden und den Geschädigten, so Martin Klumpp, Dekan der evangelischen Landeskirche in Stuttgart. Für Klumpp ist der "kriegerische Terror gegen die USA schrecklich und gewissenlos". Doch genauso gelte :"Krieg ist kein Mittel, den Terror zu überwinden." Damit bringe man so Klumpp weiter "dem Terror nur noch mehr Menschenopfer" Eine "wahre Friedenspolitik zeichne sich dadurch aus "wenn für Entwicklungshilfe und soziale Krisenprävention" genauso viel Geld ausgegeben werde "wie für Rüstung und innere Sicherheit"

Für die ver.di Landesbezirksleiterin Sybille Stamm "droht dieser Krieg einen Flächenbrand des Hasses zu entfesseln." Der Krieg "koste Menschenleben - Tote, die keinen der im Ground Zero Begrabenen wieder lebendig macht". Die jetzt schon katastrophale Lage der afghanischen Bevölkerung werde "durch die Bombardierung noch bedrohlicher, als sie ohnehin schon war"

Für Jürgen Rose, Oberstleutnant der Bundeswehr ist "das Gemetzel an Unschuldigen wie es in Washington und New York geschah" keine Rechtfertigung dafür "im Gegenzug nun wiederum Unschuldige zu töten" . Bereits seit der Antike wisse "die Menschheit, dass der Umstand erlittenen Unrechts nie und nimmer den eigenen Rechtsbruch - und sei es nur zur Vergeltung - zu rechtfertigen vermag": Nicht Krieg könne den Frieden bringen, sondern allein Gerechtigkeit.

Am Vormittag demonstrierten mehr als 300 Pazifistinnen und Pazifisten mit einer Mahnwache vor dem Zufahrtsweg der Kommandoeinsatzzentrale der US-Armee für Europa, Afrika und den Nahen Osten in Stuttgart-Vaihingen (EUCOM)


Krieg löst keine Probleme

Grußadresse von Sir Joseph Rotblat (Nobelpreisträger 1995), gekürzt vorgetragen von der Moderatorin Jutta Kausch

"Krieg löst keine Probleme sondern das Gegenteil tritt ein. Die Probleme werden größer, indem die Spirale der Gewalt angetrieben wird." Er sieht in der Existenz von Massenvernichtungswaffen, die auch in die Hand von Terroristen gelangen können, eine sehr große Gefahr für die Menschheit. Um diese Gefahr abzuwenden, fordert er die Abschaffung aller Massenvernichtungswaffen, insbesondere der Atomwaffen.


Demonstrationen gegen den Krieg ein wichtiger Beitrag

Grußadresse von Prof. Dr. Noam Chomsky (Harvard University)

Prof. Chomsky hebt hervor, dass es sehr wichtig ist, wie der Westen auf die terroristische Herausforderung reagiert. Der reiche und mächtige Westen darf keineswegs mit seiner Jahrhunderte langen Tradition der Konfliktlösung durch extreme Gewaltanwendung antworten. Wir wissen, dass dies zu einer weiteren Eskalation der Gewalt führt. Die Zivilgesellschaft ist aufgefordert, auf den gegenwärtigen Kurs der Politik Einfluss zu nehmen, um eine menschenwürdige und humane Politik durchzusetzen. Die vielen und großen Demonstrationen gegen den Krieg sind ein wichtiger Beitrag hierzu und lassen hoffen.


Krieg ist Faustrecht

Rede von Dr. Michail Nikolajevich Kusnezov (Professor für Völkerrecht) am 13. Oktober 2001 in Berlin

Michail N. Kusnezov ist Professor für Völkerrecht. Er war Leiter einer Delegation von Parlamentariern der Staatsduma nach Palästina. Leider konnte er an der Kundgebung nicht teilnehmen, aber er übermittelte seinen Redetext. Der Text wurde gekürzt und in der folgenden Form von Jutta Kausch verlesen.

"Liebe Freundinnen und Freunde in Berlin,

es ist ein wichtiger Tag im Leben der europäischen Friedensbewegung, heute in Berlin so machtvoll gegen die abenteuerliche Weltmachtpolitik der USA und der NATO zu demonstrieren. Wir müssen dieser Politik - bei allem was uns heilig ist - in den Arm fallen. Denn der Krieg und das Weltmachtstreben der USA und der NATO haben ihre eigene Logik. Sie spornen sich selbst zu immer neuen Untaten an. Ich möchte als Völkerrechtler ganz entschieden sagen: Unrecht und Terror müssen mit den Mitteln des Völkerrechtes überwunden werden. Das Recht erfordert die Solidarität aller friedliebenden Staaten und Menschen und nicht der Krieg. Krieg ist ebenso wie Terror ein Angriff auf die gesamte zivilisierte Menschheit.

Krieg ist Faustrecht...

Der Krieg gegen Afghanistan ist die Fortsetzung des Überfalls der USA und der NATO auf Jugoslawien, mit Hilfe der UCK-Terroristen, der Taliban Europas. Das war der Kreuzzug für die amerikanische Weltherrschaft und globale Ausbeutung. Diese Kreuzzüge sind nichts Anderes als Staatsterrorismus. Wir können aus eigener und leidvoller Erfahrung der Gegenwart nur davor warnen, in Krieg einen Ausweg aus terroristischen Gefahren zu sehen.

Gegenwärtig glaubt der Präsident unseres Landes, Wladimir Putin, sich der NATO anbiedern zu müssen. Wir halten das für falsch. Es ist doch paradox zu glauben, jemanden Appetit machen zu können, um nicht von ihm gefressen zu werden.

Die USA und die NATO tun jetzt alles, was sie schon vor den Anschlägen tun wollten, um die neue NATO-Doktrin durchzusetzen, nun mit weniger Hemmungen und noch größerer Energie. Bald haben die USA nach dem angeblichen Ende des Kalten Krieges mehr Stützpunkte um unsere Länder herum und in ihnen als zu den heißesten Zeiten der Systemkonfrontation. Diese massive Präsenz der USA destabilisiert unsere ganze Region. Dabei geht es nicht um Werte und Menschenrechte. Es geht um den Griff auf Rohstoffe, es geht um Öl.

Die USA stellten die Hauptgefahr für den Frieden der Welt dar. Doch wir, die einheitliche Friedensbewegung der Welt und in Europa, sind die wichtigste Hoffnung der Menschheit.

Lassen sie mich von dieser großartigen Kundgebung solidarische Grüße auch an die Friedensbewegung der USA senden, die unter großem Druck steht, in der wir viele Freunde haben, wie im International Action Center von Ramsey Clark und mit dem wir uns in diesen Stunden besonders verbunden fühlen."

Professor Kusnezov endet mit: "Gott schütze uns alle."


Stoppt den Krieg! Stoppt den Terror! Stehen wir auf für den Frieden!

Rede von Peter Strutynski (Friedensratschlag) am 13. Oktober 2001 in Berlin

Der Krieg gegen Afghanistan wird den internationalen Terrorismus nicht beenden. Im Gegenteil: Es werden neue Terrororganisationen in anderen Ländern entstehen und die Welt wird noch unsicherer werden. US-Präsident Bush hat uns einen langen Krieg angekündigt. Dem Krieg gegen Afghanistan sollen weitere Kriege gegen andere Länder folgen. Jeder dieser Kriege ist ein weiterer Schritt in die Eskalation der Gewalt, vor der die Friedensbewegung seit den entsetzlichen Terroranschlägen am 11. September gewarnt hat.

Schon nach wenigen Tagen Krieg hat sich herausgestellt, dass von den Bomben- und Raketenangriffen wieder vor allem die Zivilbevölkerung getroffen wird. Schon der gewaltige Truppenaufmarsch der USA hatte ein Flüchtlingsdrama in Afghanistan ausgelöst. Millionen Menschen sind auf der Flucht. Hunderttausenden droht der Hungertod. Als Zynismus muss es empfunden werden, wenn die US-Flieger parallel zu den Bombardierungen Lebensmittelrationen über dem Land abwerfen, während gleichzeitig die zivilen Hilfsorganisationen daran gehindert sind, weiter ihrer lebensrettenden Arbeit nachzugehen. Wir fordern die Ausweitung der humanitären Hilfe und ein Wiederaufbauprogramm unter Leitung der Vereinten Nationen.

Die Politik der USA und ihrer NATO-Verbündeten einschließlich der Bundesregierung unterwirft sich ganz der militärischen "Logik", die auf den Terror mit Krieg, auf den Massenmord vom 11. September mit der "kollateralen" Tötung unschuldiger Menschen antwortet. Am Ende triumphiert die "Logik der Gewalt". Zu befürchten ist, dass sich die Spirale aus Terror und Krieg, Gewalt und Gegengewalt weiter drehen wird. Und diese Spirale wird begleitet sein von einem neuen Rüstungswettlauf, der von dem ebenso unsinnigen wie sündhaft teuren US-Raketenabwehrsystem weiter angeheizt wird. Wir sind gegen die Aufrüstung im Weltraum! Wir sind gegen den Rüstungsexport und die Produktion neuer Waffen hier bei uns! Wir mahnen mit dem großen amerikanischen Bürgerrechtskämpfer Martin Luther King, der vor mehr als 30 Jahren sagte: "Die Kettenreaktion des Bösen - Hass, der Hass erzeugt, Kriege, die noch mehr Kriege hervorbringen -muss gebrochen werden oder wir stürzen alle in den dunklen Abgrund der Vernichtung."

Die Friedensbewegung in der Bundesrepublik hat stets vor der Eskalationsgefahr bei Militäreinsätzen gewarnt und eine grundsätzlich andere Politik angemahnt. Eine solche Politik besteht im Kern darin, dem Terrorismus den Nährboden zu entziehen, auf dem er gedeiht. Dazu müssen die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Ursachen von Elend, Verzweiflung und Ausgrenzung beseitigt, soziale Gerechtigkeit hergestellt und den Menschen überall in der Welt Perspektiven angeboten und Mitwirkungsrechte an der Gestaltung ihres Lebens gegeben werden. Dies ist die langfristige Perspektive.

Aber auch kurzfristig hätte es Alternativen zum Krieg gegeben: Ein Auslieferungsantrag an das Regime in Afghanistan hätte wirkungsvoller vorgetragen und umgesetzt werden können, wenn man ihn über die Arabische Liga oder über die OIC, die Organisation der Islamischen Konferenz gestellt hätte. Die OIC vertritt etwa eine Milliarde Menschen aus 57 Ländern. Die Friedensbewegung fordert auch, die so genannte "Allianz gegen den Terrorismus" bei der UNO unter gleichberechtigter Mitwirkung der islamischen Staaten anzusiedeln. Zur Aburteilung von überführten terroristischen Straftätern soll der künftige Internationale Gerichtshof ermächtigt werden. Leider wird der erbittertste Widerstand gegen dieses Gericht von der Regierung der USA geleistet.

Die Friedensbewegung warnt vor den innenpolitischen Auswirkungen der teils beschlossenen, teils diskutierten Antiterror-Maßnahmen. Ein Generalverdacht gegen islamische Gruppierungen und die Diskriminierung von Moslems sind das Gegenteil von Terrorismusbekämpfung, sie sind vielmehr die Vorstufe zu neuen gesellschaftlichen Konfrontationen. Schnellschüsse aus der Mottenkiste der "Inneren Sicherheit" wie eine neuerliche "Kronzeugenregelung", die Ausweitung von Raster-und Schleierfahndung oder den Einsatz von Bundeswehr im Inneren lehnen wir ab. Sie gefährden die freiheitlichen Bürger- und Menschenrechte und vergiften das innenpolitische Klima. Der Freiheit ist es nie gut bekommen, wenn zu ihrem angeblichen Schutz Freiheitsrechte abgebaut wurden.

Mit der vom Bundeskanzler versprochenen "vorbehaltlosen" Unterstützung des Krieges missbraucht die Bundesregierung die Gefühle der Anteilnahme und Solidarität, die in der Bevölkerung während der letzten Wochen mit den Opfern und Angehörigen der Terroranschläge von New York und Washington so eindrucksvoll geäußert wurden. Es darf nicht zugelassen werden, dass diese Menschen in die schlichte Frontstellung des US-Präsidenten eingespannt werden, wonach alle, die nicht "für die USA" sind, "für die Terroristen" seien. Die Friedensbewegung lehnt Terrorismus ohne Wenn und Aber ab. Mit derselben Entschiedenheit lehnt sie aber auch den Krieg ab.

Statt militärischer Beteiligung erwarten wir von der Bundesregierung Zivilcourage, Mut zur Kritik und Mäßigung gegenüber den NATO-Partnern und die Herstellung friedlicher und freundschaftlicher Beziehungen zu allen Völkern dieser Erde. Dafür wird sich die Friedensbewegung vorbehaltlos und ohne Einschränkungen einsetzen.

Vor fast hundert Jahren erhielt als erste Frau Bertha von Suttner den Friedensnobelpreis. Was sie damals zur Absurdität der Rache aufschrieb, muss heute wieder ganz laut gesagt werden: "Rache und immer wieder Rache! Keinem vernünftigen Menschen wird es einfallen, Tintenflecke mit Tinte, Ölflecken mit Öl wegputzen zu wollen - nur Blut, das soll immer wieder mit Blut ausgewaschen werden."

Heute demonstrieren in Stuttgart 25.000 Menschen, Antikriegsdemonstrationen finden heute im Rahmen eines "global action day" in zahlreichen Städten der USA und Großbritanniens statt, in Australien, in Italien, Frankreich, Belgien, Österreich und in vielen anderen Ländern. Und hier in Berlin sind wir heute 50.000. Lasst uns die Forderungen, die uns zu diesen Friedenskundgebungen zusammengebracht haben, noch einmal bekräftigen:

Stoppt den Krieg! Stoppt den Terror! Stehen wir auf für den Frieden! Setzen wir uns ein für internationale Solidarität und für soziale Gerechtigkeit - überall in der Welt, auch bei uns!


Nein zum Krieg! Nein zum Abbau von Demokratie und Grundrechten!

Rede von Carmen Ludwig (freier zusammenschluss der studierenden) am 13. Oktober 2001 in Berlin

Liebe Kriegsgegnerinnen und Kriegsgegner,

auch wir Studentinnen und Studenten verurteilen die Vergeltungsschläge der USA auf Afghanistan. Zahllose Menschen werden in Mitleidenschaft gezogen und getötet. Die soziale Lage in Afghanistan wird verschärft. Ein Krieg kann die menschenverachtenden Anschläge am 11.September nicht ungeschehen machen. Krieg kann keine Konflikte lösen!

Wir Studentinnen und Studenten lehnen Kriegshandlungen, militärische Vergeltungsschläge und eine Erhöhung des Rüstungsetats ab. Die Fixierung auf militärische Mittel verhindert die notwendige Diskussion um die sozialen Ursachen von Kriegen und Terrorismus.

Es droht aber nicht nur die Eskalation militärischer Gewalt, sondern auch stärkere innenpolitische Repressionen. Der terroristische Anschlag wird gezielt genutzt, um bereits lange geplante Überwachungsmaßnahmen umzusetzen und Grundrechte einzuschränken.

Zur Zeit werden bundesweit Rasterfahndungen durchgeführt, unter anderem an den Hochschulen. Studierende bestimmter Herkunftsländer werden dabei unter Generalverdacht gestellt und so rassistische Vorurteile geschürt. Seit dem Anschlag am 11. September hat eine ausländerfeindliche Stimmung insbesondere gegen MigrantInnen aus dem arabischen Raum stark zugenommen. Wir Studierende sprechen uns in aller Deutlichkeit gegen Vorverurteilungen und Diskriminierungen aus! Der Anschlag darf nicht genutzt werden, um rassistische Ressentiments und Misstrauen in der Bevölkerung zu schüren.

Die Rasterfahndung stellt einen massiven Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen dar. In einigen Bundesländern werden die Daten alle männlichen Studierenden überprüft. Viele Studierende wehren sich nun gegen die Verletzung ihrer Grundrechte und werden gegen die Rasterfahndung juristisch vorgehen. Wir fordern einen sofortigen Stop der Rasterfahndung bundesweit und verlangen, dass die bereits Betroffenen informiert und die erhobenen Daten gelöscht werden!

Auch gegen das von Otto Schily angekündigte Anti-Terror-Gesetz müssen wir uns zur Wehr setzen! Mit diesem Gesetz sollen die Grundrechte aller hier lebenden Menschen, ganz besonders von MigrantInnen, in ungeheurem Ausmaß beschnitten werden.

Fingerabdrücke auf dem Pass sollen obligatorisch für alle werden. MigrantInnen sollen bereits bei Verdacht auf ein Verbrechen abgeschoben werden können. Zukünftig auch in Länder, wo es die Todesstrafe gibt. Die Kompetenzen des Bundesgrenzschutz und der Geheimdienste werden gestärkt. Auch die abgeschaffte Kronzeugenregelung ist wieder im Gespräch.

Wir befinden uns auf dem Weg in einen Überwachungsstaat! Wir dürfen dem Abbau von Demokratie und Grundrechten nicht tatenlos zusehen!

Die Verfolgung der Täter muss nach rechtsstaatlichen Prinzipien erfolgen und darf nicht zu militärischen Vergeltungsschlägen und der Einschränkung von Demokratie und Grundrechten führen. Nur wenn jetzt dem Versuch der Beschneidung von Freiheitsrechten widerstanden wird, kann es gelingen, eine wirkliche Alternative zu Terrorismus sowie anti-demokratischen und religiös-fanatischen Modellen zu präsentieren.

Wir, die Studentinnen und Studenten sagen deshalb:
Nein zum Krieg!
Nein zum Abbau von Demokratie und Grundrechten!


Wir werden keine Ruhe geben!

Rede von Marianne Bergmann (Berliner Bündnis gegen den Krieg) am 13. Oktober 2001 in Berlin

(...) Besonders grüßen wir die Flüchtlinge, Migranten und Migrantinnen, denen unsere ganze Solidarität gilt - im Widerstand gegen die sich verschärfende Situation. Unser Gruß gilt auch den Schülern und Schülerinnen, die am letzten Montag - trotz angedrohter Repressionen einiger Schulleitungen - eine kraftvolle Demonstration mit über 5000 Beteiligten auf die Straße gebracht haben, ziviler Ungehorsam beginnt im Alltag: in den Schulen, in den Betrieben, in den Büros und auf der Straße.

(...) Die derzeit zum Feind erklärten afghanischen Gotteskrieger wurden vom US-Geheimdienst finanziert und ausgerüstet. Als sogenannte Freiheitskämpfer gegen die Sowjetunion waren sie unterstützte und gern gesehene Verbündete. Im Handumdrehen aber werden aus Verbündeten Schurken und Terroristen wie z.B. Saddam Hussein im Irak und die UCK im früheren Jugoslawien, nämlich dann - wenn sie ihre Schuldigkeit getan haben oder eigene Interessen verfolgen, die im Widerspruch zu den US-amerikanischen stehen. (...)

Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion geht es um die imperialistische Neuaufteilung der Welt. Eine Seite dieser Neuaufteilung ist die Globalisierung, die besonders die G-8-Staaten mit ökonomischer Gewalt - wie Sanktionen und Embargos - vorantreiben. Die andere Seite ist die Zunahme militärischer Gewalt, um diese aggressive Globalisierung durchzusetzen. (...)

Seit Anfang der 90er Jahre haben die deutsche Regierung und deutsche Konzerne an der Zerschlagung Jugoslawiens mitgearbeitet. In diesem Zuge haben sie die Bundeswehr einsatzfähig gemacht. Deutschland hat schon frühzeitig seine Interessen auf dem Balkan verdeutlicht, es ist inzwischen führende Ordnungsmacht in Mazedonien. Im Rahmen der aktuellen Generalmobilisierung rüstet sich die Bundesrepublik nun für weitere Kriege, die weit über den Balkan hinaus zielen. (...)

So wie der Terror des Krieges nach außen als "Kampf für die dauerhafte Freiheit" verkauft wird, wird der Krieg nach innen unter dem Motto "Wahrung der inneren Sicherheit" geführt. Der im Schnellverfahren geforderte und zum Teil bereits umgesetzte Abbau demokratischer Rechte - dient der Herstellung der Kriegsführungsfähigkeit, der Aufrechterhaltung der Machtverhältnisse und damit der Niederschlagung jeglichen Widerstands gegen Krieg und Kapitalismus. (...)

Es ist schon jetzt klar: Die sogenannten Sicherheitspakete und die Militärausgaben werden Milliarden verschlingen. Diese Milliarden werden von der rot-grünen Koalition gnadenlos in den Bereichen Soziales, Wohnen, Gesundheit und Bildung eingespart. (...)

Repressionen sollen Angst und Ohnmacht verstärken, damit Ruhe herrsche und vor allem - jetzt im Krieg - Ruhe an der Heimatfront. Ruhe und Schweigen der Bevölkerung werden als Zustimmung interpretiert, deshalb ist lautstarker Widerstand notwendig.

Vielfältiger Widerstand macht uns stark - und er ist immer ein Schritt in Richtung Hoffnung. Wir werden keine Ruhe geben!


Kampf der Armut, nicht den Armen!

Rede von Lena Bröckl (ATTAC Deutschland) am 13. Oktober 2001 in Berlin

Der Weg zum Frieden kann nicht Krieg sein. Der Weg zu dauerhaftem Frieden heißt soziale Gerechtigkeit. Die Wirklichkeit sieht anders aus: 1,2 Milliarden Menschen müssen mit einem Dollar oder weniger täglich überleben. Mit der Globalisierung hat sich das Auseinanderdriften zwischen Nord und Süd, Arm und Reich beschleunigt. Von den angeblichen Chancen der Globalisierung konnten nur die wenigsten profitieren, z.B. die 200 reichsten Personen der Welt, die ihr Vermögen zwischen 1994 und 1998 auf mehr als eine Billion Dollar verdoppelt haben. (...)

Nach dem 11. September haben die Politiker des Westens eine globale Allianz gegen den Terror geschmiedet, aber wo bleibt die globale Allianz gegen die Armut? Wann werden den armen Ländern so bedingungslos die Schulden erlassen, wie jetzt bedingungslos der Schulterschluss im Kampf gegen den Terrorismus geübt wird? Wo bleiben die milliardenschweren Sofortprogramme zur Bekämpfung von Kindersterblichkeit? Die Lebenserwartung sinkt wieder. Weil du arm bist, mußt du früher sterben!

Führende Politiker des Westens, angefangen von Ronald Reagan über Margaret Thatcher und Tony Blair bis Hans Eichel haben diese Entwicklung aktiv betrieben und tun dies noch. Mit Hilfe der Strukturanpassungsprogramme von IWF und Weltbank werden die Entwicklungsländer in die neoliberale Globalisierung hineingezwungen.

Diese Art von Globalisierung, die nur wenige Gewinner und sehr viele Verlierer produziert, die Armut, Elend und schreiende soziale Gegensätze hervorbringt, ist der ideale Nährboden für Hass, Fanatismus, Gewalt, Krieg und Terror. Die Erkenntnis ist nicht neu, das wissen wir spätestens seit der Weltwirtschaftskrise 1929.

Das heißt nicht, daß Hass, Fanatismus und Gewalt auf ökonomische Ursache allein reduziert werden können. Bin Laden ist schließlich vielfacher Millionär. Andere Faktoren, politische und kulturelle spielen ebenfalls eine bedeutsame Rolle. Da sind der Palästina-Konflikt, aber auch die wirtschaftsstrategischen Interessen des Westens am Öl in der Golfregion. Und die USA beteiligen sich seit 25 Jahren am Krieg in Afghanistan, da geht es um ganz andere Dinge als um Terrorismus.

(...) Wir lassen uns von Konformitätsdruck und Festungsmentalität nicht einschüchtern. Und schon gar nicht lassen wir uns in eine Reihe mit Terroristen stellen, wie es Berlusconi versucht hat. (...) wir sind für Solidarität: für Solidarität mit den Opfern von Terrorismus und Gewalt, für Solidarität mit der Friedensbewegung in den USA, für bedingungslose Solidarität vor allem aber mit den ökonomischen Verlierern der neoliberalen Globalisierung. Kampf der Armut, nicht den Armen!


"Sie wollen die Welt zerstören, wir wollen sie retten"

Rede von Stephen Summers (Vietnamkriegsveteran) am 13. Oktober 2001 in Berlin

Hallo, Mein Name ist Darnell Stephen Summers und ich bin Mitglied in der Organisation VVAW-AI und der STOP THE WAR BRIGADE. Die VVAW wurde während des Vietnamkrieges gegründet. Buchstäblich Tausende Soldaten erhoben sich während oder nach ihrem Militärdienst um aktiv gegen Amerikas Krieg in Südostasien zu protestieren. Soldaten konnten und wollten Solidarität mit den unterdrückten Völkern der Welt zeigen und aktiv gegen die Politik ihrer Regierung kämpfen. Das war ein machtvolles Signal an den Rest der Welt. Dieser Kampf hatte viele Formen, z.B. Sabotage, Fahnenflucht, Befehlsverweigerung und Meuterei. Zusammen mit der Antikriegsbewegung wurde dadurch die US Militärmaschine geschwächt und sie mussten sich geschlagen geben und an den Verhandlungstisch setzen. Der gerechte Kampf, den diese Soldaten führten, ist der eigentliche Grund warum ich heute hier vor euch stehe. 2.000 Soldaten und Veteranen versammelten sich 1971 in Washington D.C. und warfen ihre Orden über die Barrikade auf die Stufen des Kapitol. Es war ein großer Tag und ich grüße alle jene, die es wagten sich der Regierung zu widersetzen und das kriminelle Gemetzel beenden wollten.

Es gab eine Menge Kriege seit ich die Uniform getragen habe und die meisten wurden von der USA geplant und finanziert aus einem einzigen Grund: sie wollen sich die Rolle als Supermacht Nr. 1 sichern. Die sowjetische Invasion in Afghanistan war die Grundlage für einen Stellvertreterkrieg, der schließlich zu dem Sieg über die sogenannte Rote Armee führte und zur Einrichtung der Talibanregierung.

Die Taliban wurde von der USA trainiert. und gesponsert Die Sowjetunion ging Bankrott, finanziell und politisch und als der Rauch sich lichtete stand nur die USA noch aufrecht. Irak, Iran, Pamana, Haiti, Kosovo, Jugoslawien, Afghanistan, Tschetschenien, die Liste ist lang. Amerika und seine Verbündeten breiteten ihre blutigen Hände über die ganze Welt aus, um ihr verschwenderisches System zu füttern. Im Namen der Demokratie verbrauchen sie einen großen Teil der Weltressourcen. Milliarden müssen leiden, damit ein paar hundert Millionen in Sicherheit und relativem Luxus leben können.

Die STOP THE WAR BRIGADE wurde 1990 von aktiven Soldaten, Reservisten und Veteranen aus allen Armeen gegründet um gegen den Golfkrieg zu protestieren. Viele Soldaten weigerten sich zu kämpfen und wurden bedroht und eingesperrt. Aber das konnte uns nicht stoppen, weil Hunderte von Soldaten sich erhoben und nein sagten. Zu dieser Zeit boten viele Mitglieder der Grünen ihre Hilfe an. Damals waren sie noch ein Teil der Anti-Kriegsbewegung waren.

Es gab keinen Mangel an Unterkünften für desertierende Soldaten oder Mangel an Büroräumen für Organisation und Koordination. Heute, unter der Führung von Joschka Fischer und seinem Kriegskabinett hat diese Partei ihre ganze Glaubwürdigkeit verloren. Die ganzen Mittel die durch die Grünen der Anti-Kriegsbewegung zur Verfügung standen gibt es jetzt nicht mehr. Der pazifistische Charakter hat sich in einen militaristischen verwandelt. Die Grünen sind eine Kriegspartei. Dies kann man nicht anders sagen. Ausverkauft. Nur damit sie da sitzen und grinsen können in diesem Zirkus, genannt Bundestag.

In Deutschland und in der ganzen Welt gehen heute Hunderttausende auf die Strasse um ihre Wut über den Angriff auf Afghanistan auszudrücken. Sie fordern die USA und ihre Verbündeten auf, keinen Krieg gegen wehrlose Männer, Frauen und Kinder zu führen. Sie fordern dass sie nicht länger den Planeten im Namen des Fortschritts austrocknen und daß sie aufhören sollen die Welt mit ihren Bomben, Raketen und Lügen zu verseuchen. Die ökonomisch und militärisch mächtigste Nation der Welt terror-bombardiert eine der Ärmsten Nationen der Erde. Warum? Wie kann das sein?

Sie sagen, sie bekämpfen den Terrorismus, aber das erste was sie tun, ist die Strom- und Wasserversorgung der Leute zu zerstören. Das ist nichts neues, denn die USA hat Millionen von Litern Agent Orange auf Vietnam regnen lassen. Amerikanische Kampfbomber warfen mehr Bomben auf Vietnam als im gesamten 2ten Weltkrieg gefallen sind. Viele von euch da draußen in der Menge werden sich noch selbst an die Nächte der Terrorbombardierung von US und britischen Militärs erinnern und wissen was das bedeutet.

Es ist sehr wichtig, dass ihr heute hier seid. Colin Powell, der US Außenminister, sagte dass der Vietnamkrieg gerecht war und er auf der richtigen Seite gekämpft hätte. Das ist auch die Position der SPD, CDU und der Grünen. Sie wollen die Wahrheit auf den Kopf stellen. Sie wollen die USA als Verteidiger von Freiheit und Gerechtigkeit darstellen. Aber das Gegenteil ist der Fall. Die USA und ihre Verbündeten, das schließt Deutschland mit ein, haben ein ganzes Sortiment von Regierungen unterstützt, die nur als brutal und kriminell beschrieben werden können.

Das ganze Pack gemeinsam verkauft all die Waffen, die die Menschheit plagen, und dann jammern sie darüber, nicht genug Geld für die AIDS-Bekämpfung zu haben, und versuchen Ärmere Länder daran zu hindern, ihre eigenen Medikamente herzustellen.

Die USA zeigen ihr wahres Gesicht jeden Tag. Was ist mit dem Kyoto-Abkommen, oder der Weltkonferenz über Rassismus. Sie waren nicht vor ort. Wer ist für die Tragödie des WTC's verantwortlich und wer sollte bestraft werden. Dies ist eine gute Frage. Wenn ich meine eigenen Erfahrungen und die Geschichte der USA betrachte , dann deutet alles direkt auf die USA und ihre Freunde hin. Lasst uns dieses Bündnis einmal betrachten. Es ist eine Ansammlung von gemeinen Diktatoren und Dieben. Es ist nicht ein einziges Land darunter, das nicht den einen oder anderen Skandal hat.

Wir alle wissen es, jeder von ihnen hat etwas zu verbergen oder etwas zu verlieren. Viele dieser Länder verhindern jede Opposition gegen die amerikanische Führungsrolle. (In Usbekistan, wo amerikanische Militärs in Stellung gehen, sind keine Demonstrationen erlaubt. Sie wollen ihre eigenen Spuren verwischen, sie wollen sich hinter ihrem eigenen Schatten verstecken und sie wollen sich im Kanonenrauch verbergen. Sie sagen Bin Laden ist kein Robin Hood, sind sie das auch nicht? Bin Laden ist ein Junior Partner in dem Projekt. Sie inszenieren die ganze Show und wollen keine Konkurrenz. Dies ein klassisches Beispiel von einem Hund der seinen eigenen Schwanz jagt.

Wir haben viel zu tun. Wir müssen uns organisieren. Genau wie sie, brauchen wir ein Bündnis aber mit einem entscheidenden Unterschied. Unsere Solidarität wird auf Prinzipien beruhen und hat tatsächliche Gerechtigkeit zum Ziel. Wir werden nicht davon reden, das geringere Übel zu akzeptieren. Wir werden beiden die Tür weisen.

Sie rufen nun die Taliban-Soldaten dazu auf zu desertieren, eine gute Idee, sie müssen nur ihre eigenen Soldaten auch auf die Liste setzen. Wir rufen alle dazu auf, zu desertieren, auch das Kanonenfutter der westlichen Armeen und ihrer Handvoll Lakaien. Täuscht euch nicht, die Telefone klingeln und die Soldaten suchen einen Weg, suchen diesem Wahnsinn, diesem Todesmarsch, zu entkommen. Die STOP THE WAR BRIGADE hat sich verpflichtet, ihnen zu helfen, einen Weg zu finden, und sie bestmöglichst zu unterstützen. Wo steht ihr?

Jetzt gab es einen Bericht, dass Donald Rumsfeld, der US Verteidigungsminister, auf einer Pressekonferenz die Frage nach dem Einsatz von Atomwaffen offengelassen hat. Lasst mich einen Teil eines Artikels vorlesen, der Über diese Pressekonferenz berichtet:

"Bereits im Kalkül amerikanischer Militärs? Nach Berichten des Online Magazins "Wired" schließen amerikanische Militärs den Einsatz so genannter taktischer Nuklearwaffen in Afghanistan nicht mehr aus. Der Nachfrage eines Journalisten auf einer Pressekonferenz des Pentagon, ob die Nutzung derartiger Waffen ausgeschlossen werden kann, wich Rumsfeld jedenfalls aus.

Der US-Armee steht für den Kampf gegen die Taliban-Miliz und dem Terrornetzwerk Al Qaida eine Bombe namens B61-11 zur Verfügung. Die Funktionsweise der Bombe ist dahingehend ausgerichtet, ihre volle Sprengkraft in den Boden zu treiben. Durch einen so genannten doppelten Druckwelleneffekt wird die explosive Kraft der 1,200 Pfund schweren Bombe komplett nach unten gerichtet und kann so alles, was mehrere Hundert Meter tief im Boden verborgen ist, vernichten.

Wie die "Defense News" berichten, kann die Explosionskraft der B61-11 so bis zu über 300.000 Tonnen TNT betragen. B61-11 ist auch in Deutschland stationiert .Der Abwurf kann mit B2-Bombern oder konventionellen F16-Bombern betrieben werden. Nach Angaben der Umweltschutzorganisation "Greenpeace" haben die USA in mehreren europäischen Ländern, darunter auch die Bundesrepublik, über 500 B61-Bomben stationiert."

Es steht an der Wand geschrieben. Was muss noch gesagt oder getan werden, damit die Leute ihre Vorhaben durchschauen. Dies bedeutet sie denken darüber nach sie einzusetzen genau wie sie es zuvor schon getan haben, in Hiroshima und Nagasaki. Wir werden gegen alle ihre Kriegspläne Widerstand leisten. Wir werden sie aufhalten.

Erinnert euch, wie ich schon einmal sagte im Mai 1999 hier in Berlin: "Sie wollen die Welt zerstören, wir wollen sie retten".


"...entweder blöd oder ein Lügner"

Rede Prof. Joseph Weizenbaum (Informatiker, ehemals MIT) am 13. Oktober 2001 in Berlin

Ich komme hier als Amerikaner und spreche gegen Krieg und gegen Terror.

Ich freue mich, hier zu sein, obwohl ich am liebsten zu meinen eigenen Landsleuten sprechen würde. Es gibt in diesen Tagen viele Massendemonstrationen, auch in Amerika, gegen den Wahnsinn, Terror mit Terror zu bekämpfen.

Ich möchte meinen eigenen Landsleuten sagen, dass es immer Menschen geben wird, die aus Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit und ihrer eigenen Art von Idealismus zu Gewalt greifen, um irgendwie die Wurzeln ihres Leidens auszurotten. Wir mögen sie Terroristen nennen. Andere sehen sie vielleicht als "Freedom fighters". Aber letzten Endes sind sie unsere Mitmenschen.

Sie leben inmitten unserer Kommunen in dieser unserer kleinen Welt. Oder ist es mehr realistisch zu sagen: "Sie leben neben uns"?

Als Amerikaner denke ich an Amerikas große Städte: New York, Detroit, Chicago, Los Angeles. Sie sind Mikrokosmen unserer Erde, unserer Situation. Dort leben die Armen, Amerikas Unterklasse, Amerikas Millionen Hoffnungslose, Amerikas verzweifelte Jugend.

Sie leben nicht inmitten der Bevölkerung, inmitten ihrer Städte, sondern in nächster Nähe, neben den Wohlhabenden, den Reichen, den Ultrareichen.

Letzten Endes gibt es nur zwei alternative Wege, ihren Hunger für Gerechtigkeit zu stillen:

Einer ist, die aus unserer Welt ausgestoßenen zu vernichten. Krieg gegen sie bis zum bitteren Ende. Genozide.

Der andere: ihr Recht in Würde und Frieden zu leben endlich anzuerkennen, und, wenn einmal erkannt, die Ausbeutung von zwei Drittel der Menschheit durch das heute noch herrschende eine Drittel zu beenden.

Krieg ist unmöglich. Wer sagt, dass Krieg Terror auf dieser Erde beenden kann, ist entweder blöd oder ein Lügner.

Jeder Mensch muss träumen dürfen. Jugendliche auf der ganzen Welt müssen sich eine würdige Zukunft vorstellen können. Diese Möglichkeit kann nur in Frieden realisiert werden.

Was ist zu tun?

Wir müssen zuerst aufhören, wie der Papst es sagte, unsere Kinder mit dem Blut unserer Brüder und Schwestern aus der dritten Welt zu ernähren. Das machen wir aber. Die Globalisierung versucht, diesen Zustand für immer zu besiegeln.

Wir müssen damit aufhören!

Jede Waffe, die wir in die dritte Welt exportieren, stiehlt, wie Eisenhower es gesagt hat, das Brot aus den Mündern der Ärmsten.

Jeder Dollar, den unsere Banken ihnen leihen, damit sie uns Zinsen und die Waffen, die wir ihnen geliefert haben, bezahlen können, vertieft ihre Armut und, letzten Endes, bedeutet einen frühen Tod ihrer Kinder.

Wir müssen damit aufhören!

Öffnet es nicht eure Augen, dass, wenn der Präsident der Vereinigten Staaten immer wieder betont "America is at war", die Aktien der Waffenfabrikanten steigen? Ist es gerecht, dass die Wünsche der Aktionäre die Rate der Kindersterblichkeit in Afrika bestimmen?

Wir müssen dieses System von Grund auf ändern, durch demokratischen Prozess und in Frieden!

Die Täter des Ungeheuers sind zu bestrafen. Das ist eben so in unserer Welt. Wir müssen auch unsere Mitbürger vor den Kriminellen unter uns sowie vor denen, die unsere Gesellschaft terrorisieren wollen, schützen.

Dafür ist ein Polizei- und ein Justizsystem, dessen erste Aufgabe es ist, die Rechte der Bürgerschaft zu verteidigen, zuständig. Eines dieser Rechte ist, ein Leben zu führen, ohne Bedrohung oder Erpressung von irgendjemandem fürchten zu müssen.

Also muss die Polizei und das Justizsystem auch für zivilen Frieden sorgen. Wenn diese Aufgabe dem Militär abgegeben wird, wird die Schwelle zu einem Militärstaat überschritten.

Das, bin ich mir sicher, wollen die Deutschen so wenig wie auch die Amerikaner!


Raketenabwehr und Weltraumkrieg schaffen keine Sicherheit vor Terror

Rede von Jürgen Scheffran (Physiker) am 13. Oktober 2001 in Berlin

Die Ereignisse des 11. September haben allzu deutlich gezeigt, wie verwundbar unsere Industriegesellschaft ist. Rüstungslobbyisten versuchen, die Ängste in der Bevölkerung für ihre Zwecke zu nutzen. Sie wollen uns einzureden: durch Krieg und neue Waffen können wir vor Terror, vor Massenvernichtungswaffen und Raketenangriffen geschützt werden. Dies gipfelt in der Vorstellung, auch den Weltraum militärisch zu kontrollieren, um alle Bedrohungen auf der Erde in den Griff zu bekommen. Gerade heute ist es wichtig, auf diese Bestrebungen aufmerksam zu machen, denn der 13. Oktober ist der internationale Protesttag gegen Raketenabwehr und die Bewaffnung des Weltraums.

Der 11. September markiert das grandiose Versagen aller Sicherheitssysteme der größten Militärmacht. Alle Geheimdienste, teure Aufklärungssatelliten und ein riesiges hochtechnisches üstungsarsenal waren nicht in der Lage, die Nachbarn von nebenan zu orten, die mithilfe von Teppichmessern Verkehrsflugzeuge in Massenvernichtungswaffen umwandelten. Der Versuch, Sicherheit aus großer Distanz mit immer ausgeklügelteren technischen Systemen herzustellen, muß kläglich scheitern, wenn der Gegner mitten in der Gesellschaft sitzt und klare Fronten nicht mehr auszumachen sind. In einer vernetzten, globalisierten und fraktalen Welt ist die Bedrohung überall und nirgends.

Dennoch glaubt der amerikanische Präsident George W. Bush, durch einen milliardenschweren Weltraum-Schutzwall gegen ballistische Raketen aus Schurkenstaaten die USA schützen zu können. Sein Verteidigungsminister Donald Rumsfeld will gar mit Weltraumwaffen ein Pearl Harbor im All verhindern. Und das Weltraumkommando der USA strebt eine umfassende Dominanz im Weltraum an, um die Erde kontrollieren zu können. Es geht um die Kontrolle aller Informationsflüsse und die Fähigkeit, jederzeit und überall zuschlagen zu können, sich jedoch zugleich vor allen Folgeschäden zu schützen. Ein riesiges Netzwerk aus Abfangraketen und Laserwaffen, Militärsatelliten und Radaranlagen soll jede Bedrohung orten, verfolgen und zerstören.

Um diese Rüstungspläne umzusetzen, hatte Bush kürzlich den bisherigen Leiter des Weltraumkommandos, Richard Meyers, zum Generalstabschef ernannt. Statt weiter über High-Tech-Kriege im All zu phantasieren, dirigiert Meyers nun den Angriff auf Afghanistan, ein Land, das durch jahrzehntelange Bürgerkriege verwüstet wurde. Menschen, die bislang mit Säbeln und Gewehren massakriert wurden, werden nun mit lasergelenkten Bomben attackiert. Die Verantwortlichen des Terrors sind damit kaum zu treffen.

Das Streben nach totaler Sicherheit läuft auf totale Kontrolle und totalen Krieg hinaus. Mit den Raketenabwehr- und Weltraumplänen wird eine gefährliche Illusion von Sicherheit genährt. Sie verhindert die Suche nach Alternativen und echten Lösungen. Wer sich gegen alle Bedrohungen gefeit fühlt, kann seine verfehlte Globalisierungspolitik fortsetzen, braucht keine Rücksicht zu nehmen auf Hunger und Elend, Umweltzerstörung und Klimawandel, Energie- und Wassermangel in der Welt. So wie die Angriffe gegen Afghanistan nur neuen Terror säen und die Gewaltspirale antreiben, so schafft der Versuch, die Erde aus dem Weltraum zu kontrollieren, nur neue Ohnmachtsgefühle.

Verzweiflung, Wut und Hass auf die Übermächtigen ist der Nährboden auf dem Terrorismus gedeiht. Mit Raketenabwehr und Weltraumrüstung wird noch Öl ins Feuer der Konflikte gegossen, werden wertvolle Ressourcen verschleudert, die zur Lösung der Probleme verwendet werden könnten.

Sie heizen die Rüstungsspirale im Weltraum und auf der Erde an. Sie fördern die Instabilität in Krisenregionen des Nahen Osten, Südasiens und Nordostasiens. Die Zerstörung bestehender Abrüstungsverträge, darunter das Verbot von Atomwaffentests und das Verbot biologischer Waffen, schlägt letztlich auf die USA selbst zurück. Was sie dürfen, können auch andere für sich beanspruchen.

Den Traum von Unverwundbarkeit haben in der Geschichte viele vergeblich geträumt. Manchmal ist es gerade die Erkenntnis der eigenen Verletzlichkeit, die Verständigung und Interessenausgleich erforderlich macht. Die Menschen im Zentrum Europas mußten vier Jahrzehnte des Kalten Krieges mit der schlimmsten Bedrohung leben, der vollständigen nuklearen Vernichtung.

Angeregt durch die Friedensbewegung und Gorbatschows Neues Denken haben sie gelernt, daß nur eine Politik gemeinsamer Sicherheit und Abrüstung Frieden für Europa bringen kann. Die Geschichte Berlins zeigt eindrücklich, daß Schutzwälle keinen Bestand haben, daß ein Teil der Welt auf Dauer weder eingesperrt noch ausgesperrt werden kann.

Nein, mit Allmachtsphantasien und Antiterror-Kriegen kann wirkliche Sicherheit nicht erreicht werden. Die Alternativen sind klar und einfach: Bedrohungen vermeiden bevor sie entstehen, Ursachen des Terrorismus austrocknen, Gewaltmittel weltweit beschneiden. Konkret geht es darum, Raketen und Weltraumwaffen, Atomwaffen und andere Massenvernichtungsmittel weltweit zu kontrollieren und zu verbieten. Hier könnte Europa, hier könnten Bundeskanzler Schröder und Außenminister Fischer Vorreiter sein, statt um eine Beteiligung an Militärschlägen zu buhlen. Zugleich müssen die möglichen Motive und sozialen Rahmenbedingungen des Terrorismus angegangen werden. Frieden braucht eine breite gesellschaftliche Basis, die das Wohlbefinden aller Menschen einschließt. Nur so kann dem Terror die Grundlage entzogen werden.

Jürgen Scheffran ist Physiker und Mitbegründer des internationalen Wissenschaftler-Netzwerks gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen (INESAP) an der TU Darmstadt.


Mr. President!

Rede von Mariam Notten (Afghanischer Kulturverein Berlin) am 13. Oktober 2001 in Berlin

Der amerikanische Präsident Bush hat in einer seiner zahlreichen Reden folgendes gesagt: "Das afghanische Volk wird bald unsere Großzügigkeit erfahren. Wir werden ihnen Lebensmittelpakete abwerfen."

Da die Stimme meines Volkes bis Amerika nicht reicht, möchte ich hier in seinem Namen zum amerikanischen Präsidenten sprechen.

Mr. President!
Uns Afghanen ist es leider nicht möglich, Ihre Lebensmittelpakete in Empfang zu nehmen, denn Ihre Flugzeuge bombardieren uns seit einer Woche Tag und Nacht.

Mr. President!
Ihre Bomben und Raketen zerstören nicht - wie Sie behaupten - die Waffendepots und die Trainingslager der Taliban, denn die Taliban haben ihre Waffen schon immer in den Bergen deponiert, und die Berge dienten ihnen schon immer als die besten Trainingslager. Aber das wissen Sie ja bereits.

Mr. President!
Während Sie Ihre Vorbereitungen für die Bombardierung unserer Städte getroffen haben, haben sich auch die Taliban vorbereitet. Sie haben sich nämlich samt ihren Waffen in die Berge zurückgezogen. In den Städten, Kabul, Kandahar und Jalalabad, die Sie seit Tagen bombardieren, sind nur diejenigen zurückgeblieben, die keine Kraft und keine Mittel mehr besitzen zu flüchten. Und das sind Frauen, Kinder und alte Menschen, die Sie bombardieren. Aber das wissen Sie ja bereits.

Mr. President!
Mittlerweile weiß die ganze Welt, wer die Taliban sind und wer bin Laden ist. Sie sind die Zauberlehrlinge, deren ihr Meister nicht mehr Herr wird. Sie wurden gezüchtet von der Hand der pakistanischen Regierung und des CIA, sie sind in unser Land geschickt worden und terrorisieren uns bereits seit sechs Jahren.

Mr. President!
Warum müssen wir - Frauen und Kinder - nun für die Fehler der CIA bestraft werden? (...)

Mr. President!
Ist Ihnen bewußt, dass Sie seit Tagen das gleiche Verbrechen an uns ausüben, welches die Terroristen an Tausenden unschuldigen Menschen in New York und Washington verübt haben? (...)

Stellen Sie die Angriffe ein, damit die Hilfsorganisationen ins Land können, sonst werden Hunderttausende von uns verhungern.(...)

Und nun zu den Alliierten der USA: Alle Regierungen, die zulassen, dass die Amerikaner ihre Trauer um die Opfer von New York und Washington und ihre Wut auf Terroristen auf diese menschenverachtende Weise abreagieren, ja alle Menschen, die der amerikanischen Regierung dennoch ihre uneingeschränkte Solidarität verkünden, machen sich am Tod Tausender unschuldiger Menschen in Afghanistan mitschuldig. Und wenn ich alle Menschen sage, Herr Schröder, Herr Fischer, Herr Schily, und wie Sie alle heißen mögen, dann meine ich auch alle.

Mein Appell an alle friedliebenden Menschen: Setzen Sie Ihre Regierungen unter Druck, lassen Sie nicht zu, dass sie sich in Ihrem Namen an diesem Verbrechen an afghanischen Frauen und Kindern beteiligen. Lassen Sie sich nicht einschüchtern von dem Spruch, "Wer nicht für uns ist, ist gegen uns." Das ist Erpressung; Terrorismus kann man nicht mit Bomben auf Zivilisten bekämpfen. Zeigen Sie Mut zum zivilen Ungehorsam. Lassen Sie nicht zu, dass Ihre Soldaten für den amerikanischen Größenwahn geopfert werden. (...) Sie sind die Stimme Tausender afghanischer Frauen und Kinder. Tragen Sie sie in die Welt hinaus.


Den gedächtnislosen Kriegstreibern zur Erinnerung

Rede von Käthe Reichel (Berliner Schauspielerin, Brecht-Schülerin, 75) am 13. Oktober 2001 in Berlin

Das Gedächtnis in den Demokratien ist erstaunlich gering. So erinnerte sich beim Aufschrei am 11. September niemand beim Schreien, daß am 14. September 1973 mit standhafter Hilfe der Vereinigten Staaten von Amerika der chilenische General Pinochet die chilenische Luftwaffe auf den Präsidentenpalast jagte, so daß die Stimme des sozialistischen Staatschefs Salvador Allende unter den stürzenden Steinen für immer brach. Dutzende starben mit ihm. Über ihrer Erde blühte 15 Jahre der Terror von Pinochet.

Die Vereinigten Staaten sind für diese 15jährige Beihilfe zum Terror niemals zur Rechenschaft gezogen worden. Und kein Gericht hat sie zu dieser offenen Zuhälterschaft am Mord eines Präsidenten - am Luftangriff auf sein Regierungsgebäude belangt, als es in Schutt und Asche lag. Aber für die Gedächtnislosen ohne Geschichtsbewußtsein - ich nenne Schröder, Fischer, Scharping, Schily, Roth und den beifallklatschenden Anhang im Parlament - birgt dieser historische "Vorläufer" in Chile nichts als den Schnee vom vergangenen Jahr.

Aber das Unerledigte bleibt ja liegen unter dem Schnee; das Unerledigte sammelt sich unterm Schnee, sickert in die Erde, wo die fließende Geschichte ihre großen Behälter, ihre Sammelbecken hat. Und sehr überraschend steht die Totgetretene auf, breitet sich das Vergessene aus den Behältern des gesammelten Zorns der Erde plötzlich aus, und das Gedächtnislose erbleicht vor ihr wie die berühmte "Torheit" bei Erasmus von Rotterdam und spricht: "Wenn mich keiner mehr loben will, lob’ ich mich selber."

Mit dieser strahlenden, niederschmetternden Dummheit haben wir es jetzt zu tun.

Was wir, gegeben diese Torheit, darum jetzt vor allem Anderen denken und behalten müssen: Mit uns leben sechs Milliarden Menschen auf der Erde. Von ihnen vegetieren vier Milliarden zum Teil an der Armutsgrenze, zum größeren Teil unter der Armutsgrenze. Das heißt: mit buchstäblichem, täglichem Hunger. Ihre Felder, ihre Äcker sind die Müllhalden in den Metropolen der Welt. Wenn sie diese Halden beackert haben ohne Ertrag, ist die letzte Hoffnung, bei der sie Gott um Beistand bitten, ein gelungener Diebstahl. Mißlingen kann den Tod bedeuten, denn die Privatpolizei der Reichen ist überall.

Diese Welt soll jetzt verteidigt werden. Diese Welt soll aufrecht erhalten werden, soll wachsen - und wir merken es alle - sie wächst jetzt in die Erste, wächst seit der Globalisierung mit Tempo in die zivilisierte Welt hinein.

In diesem Wachstum allein zeigt sich die verantwortungslose Verantwortung der deutschen Regierung, zeigt sich Europa mit 30 Millionen Menschen ohne Arbeit und zunehmender Tendenz.

Dieses wachsende Elend, das weiß die Regierung, erwächst aus der "neuen Weltordnung", eine Ordnung, in der so viele Menschen - wenn sie nicht schnellstens krepieren - eine Katastrophe für den schwächelnden, womöglich bald zusammenbrechenden Markt bedeuten, weil dann die Reichen womöglich nicht mehr täglich reicher werden, weil dann die Armen womöglich täglich essen.

Vier Milliarden Arme - selbst zum Niedriglohn, sogar zum regelrechten Hungerlohn - kann der neue Markt, kann die Demokratie nicht tragen. In der Demokratie reicht es nicht für alle, wenn sie kapitalistisch, wenn die Globalisierung kapitalistisch ist.

Allein schon dadurch, daß diese vier Milliarden atmen, reicht es nicht: Weil, wie wir alle merken, Luft, Sauerstoff zu einem kostbaren, nicht zu ersetzendem Gut geworden ist. Es ist ein Gut, das auf dem Markt verdient sein will. Sie aber, diese Elenden, verdienen nichts. Trotzdem wollen sie an diesem Gut teilhaben. Das ist im höchsten Maße ungerecht gegen alle, die es sich mühsam noch verdienen; ist ungerecht gegenüber der "grenzenlosen Gerechtigkeit", die in Afghanistan jetzt Tag und Nacht am Himmel schuftet. Diese Leute unten stehlen auf der Erde diesen Verdienstvollen oben am Himmel zunehmend die letzte Luft, den knappen Sauerstoff in dieser Welt. Dieser letzte Sauerstoff heißt: "Schneller", braucht die höchste Schnelle jetzt, ohne die kein Profit mehr auf dem globalisierten Markt zu holen ist. Was also tun? Denn - wir sagten es gerade: Die da "unten" wollen nicht nur atmen jeden Augenblick, sie wollen auch noch essen jeden Tag. Der Arbeitsmarkt ist aber leer wie eine Wüste; sie aber wollen in der Wüste essen, wo doch jedes Schulkind weiß: In der Wüste gibt es nichts zu essen. Das ist ein Naturgesetz. Der Kapitalismus ist auch ein Naturgesetz. Die "neue Weltordnung", der "globalisierte Markt" sind hilfreiche Naturgesetze, von Gott gewollt, von Gott diktiert für zwei Milliarden immerfort Hungernde, die aber jetzt erlöst werden müssen in ein - wohlgemerkt! - demokratisches Auschwitz in Freiheit ohne Stacheldraht, wo sie frei zwischen Minen selbst die Päckchen für ihre letzte Mahlzeit suchen können. Über ihren Häuptern hören sie beim Bücken das Dröhnen der heraufziehenden Bombengeschwader des Kapitals mit den Streubomben, die sich vereinen mit dem nahen Echo aus explodierenden Minen vor ihnen.

Sieben bis acht Millionen hungern in diesem Gefild in Afghanistan. Irren umher. Bald fällt dort Schnee. Wenn er sie zudeckt - und er deckt sie ja alle auf einmal zu - wäre jetzt schnell ein erster Sieg gegen den weltweiten Hunger errungen. Ein erster Sieg im Kampf um den globalisierten Markt, der seit dem 11. September aufschreit.

Schröder sagte bei seinem Machtantritt fröhlich: "Ich hätte am liebsten die schöne Kinderhymne von Bertolt Brecht als Nationalhymne gehabt. Sie gefällt mir am besten." Brecht kann ihm jetzt mit einem noch besseren Text behilflich sein. Kann ihm behilflich sein mit einem Alptraum in seinen und unseren Nächten:

"Das große Karthago führte drei Kriege.
Es war noch mächtig nach dem ersten.
Noch bewohnbar nach dem zweiten.
Es war nicht mehr auffindbar nach dem dritten."

Quelle: www.jungewelt.de


"Wir geben keine Ruhe"

Artikel von Rüdiger Göbel und Gerhard Klas in 'junge Welt' vom 15.10.2001

Friedensbewegung meldet sich zurück. Großproteste in Berlin und Stuttgart

Die Friedensbewegung hat sich zurückgemeldet. Laut, verjüngt und selbstbewußt. Insgesamt über 70000 Menschen gingen am Sonnabend in Berlin und Stuttgart auf die Straße. Sie protestierten gegen die anhaltende Bombardierung Afghanistans und forderten ein Ende des von Deutschland mit unterstützten US-Feldzuges. Weltweit fanden am Wochenende in zahlreichen Städten im Rahmen eines "Global Action Days" Demonstrationen gegen den US-Krieg statt. Allein in London protestierten nach Angaben der Veranstalter 100000 Menschen.

"Der Krieg gegen Afghanistan wird den internationalen Terrorismus nicht beenden. Im Gegenteil", erklärte Peter Strutynski vor 50000 Demonstranten auf dem Berliner Gendarmenmarkt. Zu befürchten sei, daß die "Logik der Gewalt" triumphiere und sich die Spirale aus Terror und Krieg, Gewalt und Gegengewalt weiterdrehen werde. Ein breites Bündnis von über 100 Organisationen, Gewerkschaftern, Wissenschaftlern und Kulturschaffenden sowie Schülergruppen hatte zu dem Großprotest in der deutschen Hauptstadt aufgerufen. In Stuttgart gingen nach Veranstalterangaben 25000 Menschen auf die Straße. Einen Gefallen werde man den Regierenden nicht tun, hieß es in Berlin: "Wir werden keine Ruhe geben." Die USA setzten derweil die Bombardierung afghanischer Städte und Dörfer fort.

"Wir müssen böse sein"

So etwas hatte es lange nicht mehr gegeben. Über 70000 Menschen folgten am Wochenende den Rufen der von vielen totgesagten Friedensbewegung. In Berlin und Stuttgart protestierten sie auf zentralen Großkundgebungen gegen die anhaltende Bombardierung Afghanistans. Selbst beim NATO-Krieg gegen Jugoslawien vor zwei Jahren waren so viele Menschen nicht auf die Straße zu bringen. Und lange nicht mehr waren so viele junge Menschen bei Antikriegsprotesten. Piercing, Trommeln und lauter Funpunk haben das lila Halstuch und den Schalmeienchor abgelöst, die geballte Faust das Peace-Zeichen.

Während so mancher "alte Hase" der Friedensbewegung an die Bundesregierung appellierte, sich der "Kriegslogik" zu entziehen, erklärte Sebastian Schlüsselburg von der Bundesschülervertretung in Berlin selbstbewußt: "Militärische Vergeltungsschläge haben keinen Rückhalt in der Schülerschaft in Deutschland, Herr Bundeskanzler!" Allen Maßregelungen und Abstrafungen an den Schulen zum Trotz werde man weiter gegen den Krieg protestieren. Tosender Applaus für den Schüler auf dem überfüllten Gendarmenmarkt in Berlins Mitte. 50000 haben sich nach Angaben der Veranstalter versammelt. Und wer vor Ort war oder die Bilder in den Abendnachrichten sah, wußte, wie lächerlich die Polizeiangaben von nur 15000 Demonstranten waren. Und doch wurde sie von vielen Medien gerne übernommen.

"Warum hat bin Laden die USA angegriffen?" fragen zwei junge Männer auf ihrem schwarzen Transparent. Und weiter: "Warum sind in islamischen Regionen so viele Menschen ermordet worden? Wer ist der größere Terrorist: Bin Laden oder USA?" Auf Nachfrage erklären sie, ihr Glaube verbinde sie mit den Menschen in Afghanistan. Weil sie den Angriffen auf das Land am Hindukusch nicht einfach nur ohnmächtig zusehen wollten, gingen sie auf die Straße. "Wir wollen mit unseren Fragen auch provozieren", erklärt einer, der seinen Namen allerdings nicht in der Zeitung genannt wissen will. Die Provokation ist gelungen. Ein vorbeieilender Passant raunzt ihn barsch an: "Hast du auch einen Pilotenschein gemacht?"

Die Angst vor staatlicher Repression und Übergriffen der Bevölkerung ist in den islamischen Gemeinden groß dieser Tage, und wohl auch nicht unberechtigt. So hat keine ihre Mitglieder zur Teilnahme an den Protesten der Friedensbewegung aufgerufen. Und die Friedensbewegung ihrerseits scheint den Weg zu den Muslimen Deutschlands noch zu scheuen.

Auf dem Stuttgarter Marktplatz versammelten sich nach Angaben der Veranstalter 25000 zur Abschlußkundgebung unter dem Motto "Kein Krieg! Aufstehen für den Frieden!". Friedensaktivisten, darunter auffallend viele Jugendliche, linke Organisationen und Parteien, Kirchengruppen, Gewerkschafter sowie zahlreiche Migrantenorganisationen stellten eine Demonstration, deren Größe alle überregionalen Manifestationen in der Landesmetropole während des Jugoslawien-Krieges in den Schatten stellte, so die Einschätzung ortskundiger Teilnehmer.

Fahnen oder Transparente von Bündnis 90/Die Grünen, die bis vor wenigen Jahren ihre Wurzeln vor allem auch in der Friedensbewegung hatten, waren nirgends zu sehen. Während die Menschen gegen den Krieg durch die Straßen zogen, tagten die Kreisdelegierten der Grünen aus Baden-Württemberg, einem traditionell starken Landesverband der Partei, im Stuttgarter Haus der Wirtschaft.

Wut statt Enttäuschung über die Haltung des Juniorpartners in der Regierung zeigte Jürgen Grässlin, Bundessprecher der deutschen Friedensgesellschaft. Die Haltung der Regierung und speziell der Grünen sei angesichts der Streubomben auf Afghanistan, die zahlreiche zivile Opfer forderten, mit nichts zu rechtfertigen. Grässlin rief die Demonstrationsteilnehmer unter jubelndem Beifall auf, dafür bei der nächsten Bundestagswahl die "Quittung auszustellen". "Die Grünen sind als Partei überflüssig geworden", so die vernichtende Kritik von Grässlin.

Sybille Stamm, Landesvorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, warnte vor den Folgen des Krieges für den Sozialstaat: "Was der Sicherheitsstaat ausgibt, wird dem Sozialstaat genommen". Sie verwies auch auf Länder im Trikont. Dort seien mit Hilfe der Strukturanpassungsprogramme des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank ganze Regionen ins soziale Elend gestürzt worden. Damit "haben sie den Nährboden für Terrorismus geschaffen". Wie ihr Vorredner forderte sie eine gerechte Weltwirtschaftsordnung, die allein die Wurzeln des Terrorismus bekämpfen könne. Sie bedauerte, daß auch einige ihrer hauptamtlichen Gewerkschaftskollegen ihre kritischen Fragen und Einschätzungen nach dem 11. September in den Vorwurf der "mangelnden Solidarität" mit den Opfern des Anschlags umgemünzt hätten. "Wir lassen uns unsere Betroffenheit über den 11. September nicht nehmen, nur ziehen wir andere Schlußfolgerungen", meinte die Gewerkschafterin. In Berlin kritisierte ihr Gewerkschaftskollege Peter Hofmann die Papiertiger in den Vorstandsetagen ihrer Organisationen. Wenn, ja wenn die Gewerkschaften erst zu Antikriegsprotesten mobilisieren würden, dann wären Hunderttausende auf den Straßen und der Gendarmenmarkt für eine Abschlußkundgebung zu klein.

Die Organisatoren des Großprotests fühlen sich von der enormen Resonanz bestätigt und bestärkt. "Man muß handeln", meinte eine Frau am Rande der Demonstration in Berlin. Ein Zeichen der Hoffnung ist gesetzt. Wie sang die linke Funpunk-Gruppe "böse MädCHEn" trotzig selbstbewußt und für manchen Friedenskämpfer noch ungewohnt: "Wir müssen böse sein." Tausende Fäuste reckten sich da euphorisch in den blauen Oktoberhimmel. Doch vom Protest zum Widerstand ist es noch ein weiter Weg.


Links

DEMO1310 - Information zur Berliner Großdemonstration am 13.10.2001
Friedenskoordination Berlin
Friedenskooperative
Friedenspolitischer Ratschlag
www.antimilitarismus.de
Website zu Krieg und Frieden, Ökonomie und Politik
Informationsstelle Militarisierung IMI e.V.