Nürnberg, 13.10.2001 - Demonstration anläßlich des CSU-Parteitages
WIDERSTAND GEGEN RECHTE POLITIK GLOBALISIEREN
Aufruf des Bündnisses zum CSU-Parteitag in Nürnberg
Auf Einladung der CSU ist der italienische Staatspräsident Berlusconi auf deren Parteitag in Nürnberg zu Gast.
Stoiber und Beckstein empfangen den Mann, der den beispiellosen Polizeieinsatz in Genua, bei dem auch Tote und Verletzte billigend in Kauf genommen wurden, zu verantworten hat. Berlusconi, der "nützliche" Ausländer, wird auch beim CSU-Parteitag gewiss für Stimmung sorgen. Hat der rechte Einpeitscher doch vorgemacht, wie mit der unliebsamen Kritik an der globalen Durchsetzung der Interessen der G7-Staaten und der Konzerne umzugehen ist - durch Außerkraftsetzung demokratischer Errungenschaften.
Aber auch ohne diesen Höhepunkt der Repression wäre Berlusconi in Nürnberg kein gerngesehener Gast. Schließlich regiert sein Forza Italia zusammen mit der rassistischen Lega Nord und der direkt aus dem Faschismus hervorgegangenen Alleanza Nazionale. Die CSU hingegen, deren Ziel die Integration des rechten Randes mittels eigener rechten Politik ist, kennt keine Berührungsängste mit derartigen Koalitionen - zum letzten Parteitag war Jörg Haider geladen. Beide, Berlusconi und Haider sind zuverlässige Verbündete, wenn es um die Abschottung Europas vor Flüchtlingen und AsylbewerberInnen und den Abbau sozialer und bürgerlicher Rechte geht.
Vielleicht ist das heimliche Motto des CSU-Parteitages: Von Berlusconi lernen heißt siegen lernen. Mit dem Besitz dreier Fernsehsender und seinem Einfluss auf den Großteil der Medien hat der zweitgrößte Unternehmer Italiens geschafft, wovon Stoiber träumt - der erste Mann im Staat zu sein und die Führungsrolle im Europa der Rechten zu übernehmen.
Zeigen wir der CSU und Berlusconi, dass solche Auftritte in Nürnberg unerwünscht sind.
Kommt zur Demonstration!
Samstag, 13.10.01, um 14 Uhr
Auftakt: Weißer Turm (Innenstadt Nürnberg)
Es rufen auf (Stand:5.10.2001):
AGIF (Förderation der ArbeitsmigrantInnen aus der Türkei in Deutschland)
Antifaschistisches Aktionsbündnis
antifa xy augsburg http://www.auxburginfo.de.vu/
Antifa Backnang
Autonome Jugend Anitfa (aja) nürnberg , E-Mail: aja_nbg@uni.de
attac Nürnberg, http://www.attac-netzwerk.de
Autonome Landjugend Fürth/Nürnberg
Bündnis Aktiv für Menschenrechte
B´90/ Die Grünen, KV Fürth Stadt, http://gruene.odn.de/
DGB-Jugend Weißenburg
DKP Bezirk Nordbayern
Freie Flüchtilingsstadt Nürnberg
GAF Nürnberg-Berlin
Gesellschaft für politische Neuordnung
Grüne Jugend Fürth
Grüne Jugend Nürnberg, http://www.gruene-jugend-nuernberg.de
Grüne Jugend Weilheim/München
Grüne Liste Erlangen
Gruppe Kommunistische Arbeiterzeitung Nürnberg
Gruppe LINKS Erlangen
Infobüro gegen Rassismus Erlangen
Initiative gegen Vergeltung
Jekarayilli Kpanmana Youth Association (JEKYA)/Ghana
Jungen Kommunisten in der DKP (Südbayern), http://www.junge-kommunisten.de
Jungsozialistinnen in der SPD (Jusos), http://www.jusos-nuernberg.de
Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen Nürnberg
KB Nürnberg
KlosterfreundInnen
Libertad! Nürnberg
Linxwinkliger Kreis (LWK Nürnberg)
MC Kuhle Wampe Nürnberg
Mittwochsgruppe Erlangen
MLPD Kreis Nürnberg/Erlangen/Fürth
Nachbereitungstreffen Genua
Nürnberger Forschungsstelle für Menschenrechte
Nürnberger Bürgerinitiative gegen Atomanlagen
organisierte autonomie nürnberg, E-Mail: antifa.nuernberg@gmx.net
P.A.S.T. (Peoples Action Street Theatre)
Pension Ost
PDS Nürnberg, http://www.pds-nuernberg.de
Praxis Erlangen
REBELL Nürnberg
red action nürnberg, http://www.redaction.partisan.net
solid - die sozialistische Jugend Nürnberg, http://www.solid-web.de
Stadtteilzentrum DESI
SDAJ (Sozialistisch Deutsche Arbeiterjugend) Landesverband Bayern
SDAJ Ansbach
SDAJ Nürnberg
SDJ - Die Falken Weißenburg - Sol Cuba
Solidarität International Mittelfranken
VVN-BdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der AntifaschistInnen) Nürnberg, http://www.vvn-bda.de/nuernberg/
turn left, Heidelberg, http://www.turn-left.de/
ZAK Sulzbach
V.i.S.d.P.: E. Ramthun, c/o DESI, Brückenstr. 23, 90419 Nürnberg
Das Bündnis 'Stoppt Berlusconi' ruft die Polizei zu Besonnenheit auf
Pressemitteilung des Bündnisses "Stoppt Berlusconi" zur bundesweiten Großdemonstration gegen den Auftritt Silvio Berlusconis beim CSU-Parteitag in Nürnberg
Menschenrechtsgruppen, AntifaschistInnen, autonomen Gruppen, linken Parteien, NGOs und Gewerkschaften haben sich im Bündnis "Stoppt Berlusconi" zusammengefunden, um zu Protesten gegen den Auftritt Silvio Berlusconis beim CSU-Parteitag am 12./13. Oktober in Nürnberg aufzurufen. Das Bündnis verwahrt sich entschieden gegen das Bedrohungsszenario, das sich momentan in den Medien bezüglich der Proteste gegen den CSU - Parteitag abzeichnet und vor allem durch die jüngsten Äußerungen des bayerischen Innenministers Beckstein geschürt wird.
Schon der "Megalange Samstag" am 13.10. wurde mit der Begründung abgesagt, dass es Familien mit Kindern nicht zuzumuten sei, sich an diesem Demonstrationsnachmittag in der Innenstadt aufzuhalten. Die jüngsten Äußerungen Becksteins zu angeblich anreisenden Chaoten, die über Waffenlager verfügen und in Nürnberg Autos anzünden werden, stellen eine nicht hinzunehmende Diffamierung des breiten Widerstandes gegen den Auftritt Berlusconis dar.
Mit solchen aggressiven und nicht weiter bewiesenen Behauptungen soll anscheinend die Stimmung im Vorfeld des Parteitages angeheizt und die Rechtfertigung für ein hartes Vorgehen der Polizei bereits im Vorfeld geschaffen werden. Die Gewaltphantasien Becksteins, der "Rache für Genua" unterstellt, lassen zwar Rückschlüsse auf die Denkweise eines "christlich fundamentalistischen" Politikers zu, haben aber mit den politischen Inhalten des Bündnisses "Stoppt Berlusconi" nicht das geringste zu tun.
Die Polizei selbst hat laut "Nordbayerischer Zeitung" angekündigt, sie werde auf der niedrigsten Schwelle des Polizeiaufgabengesetzes vorgehen und "sofort tätig werden, wenn gegen Gesetze verstoßen wird". Es liege auf der Hand, dass sich auch friedliche Demonstranten in Gefahr begeben könnten, wenn sie von militanten Chaoten als Deckung missbraucht werden. Diese Formulierungen geben uns zur Sorge Anlass, dass die Polizei Anlässe zu einer Eskalation der Geschehnisse um den CSU - Parteitag suchen wird. Durch das geschaffene Bedrohungsszenario sollen offensichtlich Bürgerinnen und Bürger, die gegen den Besuch Berlusconis protestieren wollen, eingeschüchtert und von der Wahrnehmung ihres Demonstrationsrechtes abgehalten werden.
Wir wehren uns gegen diesen Versuch der pauschalen Kriminalisierung des breiten Widerstandes gegen den Schulterschluss von CSU und Berlusconi. Wir sind nicht bereit, unsere gerechtfertigte inhaltliche Kritik durch eine aufgezwungene Gewaltdebatte aus der öffentlichen Wahrnehmung verdrängen zu lassen und rufen die Polizeiführung zu Besonnenheit auf, um Zwischenfälle zu vermeiden. Auch werden wir uns durch die in den jüngsten Äußerungen Becksteins implizierten Drohungen nicht einschüchtern lassen und unser Demonstrationsrecht entschieden wahrnehmen. Wir rufen daher alle Bürgerinnen und Bürger dazu auf, am Samstag, dem 13. Oktober in Nürnberg präsent zu sein und Berlusconi die rote Karte zu zeigen.
Silvio Berlusconis beim CSU-Parteitag
Pressemitteilung des Bündnisses "Stoppt Berlusconi" zur bundesweiten Großdemonstration gegen den Auftritt Silvio Berlusconis beim CSU-Parteitag in Nürnberg
Ein buntes Bündnis von Menschenrechtsgruppen, AntifaschistInnen, autonomen Gruppen, linken Parteien, NGOs und Gewerkschaften ruft zum Widerstand auf gegen den Auftritt Silvio Berlusconis beim CSU - Parteitag am 12./13. Oktober in Nürnberg.
Der amtierende italienische Ministerpräsident war in den 80er Jahren Mitglied der Loge P2, die sich angesichts eines drohenden "historischen Kompromisses "zwischen KommunistInnen und ChristdemokratInnen die Beseitigung der verfassungsmäßigen Ordnung in Italien zum Ziel gesetzt hatte. Ab den 80er Jahren hat sich Berlusconi ein gigantisches Medienimperium aufgebaut und kontrolliert seit seinem Amtsantritt 6 von 9 Fernsehsendern und einen großen Teil der restlichen Medien in Italien. Berlusconis Regierungskoalition umfasst unter anderem die direkt aus dem italienischen Faschismus hervorgegangene Alleanza Nazionale und die rassistische Lega Nord. Seit seiner Machtübernahme hat sich das politische Klima in Italien für jede Art von regierungskritischer Opposition deutlich verschärft, was seinen vorläufigen Höhepunkt fand in den brutalen Polizeiübergriffen gegen GlobalisierungsgegnerInnen während der Proteste gegen den G8 Gipfel in Genua und in den vielfachen schweren Misshandlungen von Gefangenen danach.
Das Weltbild des italienischen Ministerpräsidenten zeigte sich in seinen Äußerungen nach den Anschlägen in den USA: "Der Westen ist dazu bestimmt, die Völker zu verwestlichen und für sich zu erobern. Dies ist ihm schon mit der kommunistischen und mit einem Teil der islamischen Welt gelungen". Skrupellos stellte Berlusconi die Opposition gegen neoliberale Globalisierung auf eine Stufe mit den Attentaten vom 11. September: "Es gibt eine merkwürdige Übereinstimmung zwischen diesen Aktionen und der Bewegung der Globalisierungsgegner."
Dass die CSU diesen Mann einlädt und es nach Aussage ihres Generalsekretärs Goppel "für eine besondere Auszeichnung des Parteitages" hält, "dass er sich Zeit für uns nimmt", gibt zu großer Besorgnis über die politischen Ziele dieser Partei Anlass. Es steht zu befürchten, dass auf dem Parteitag Stimmen aus den Reihen der CSU Bestätigung finden, die im Namen des Kampfes gegen Terrorismus weitere Einschränkungen bürgerlicher Rechte und verschärfte Repressalien gegen Flüchtlinge und MigrantInnen verlangen.
Das Bündnis "Stoppt Berlusconi" ist der Meinung, dass der Besuch eines Politikers wie Silvio Berlusconi sich nicht mit dem Anspruch Nürnbergs als "Stadt des Friedens und der Menschenrechte" verträgt.
Deshalb rufen wir unter dem Motto "Widerstand gegen rechte Politik globalisieren" zu einer breiten und bunten Demonstration auf:
Samstag, den 13. Oktober um 14°° Uhr
Auftakt am Weißen Turm in Nürnberg
Redebeiträge werden sich mit verschiedenen Aspekten von "Globalisierung" beschäftigen:
die Lage von Flüchtlingen und MigrantInnen
die Situation von Frauen in Südostasien
die politische Situation und die Lebensbedingungen in der Türkei
die neoliberale Globalisierung
Militarisierung
der rechte Schulterschluss am Beispiel der CSU und Berlusconis
Zum Abschluss wird der antifaschistische Widerstandskämpfer und Überlebende des Naziregimes, Peter Gingold, sprechen.
Nürnberg am Wochenende im Belagerungszustand
Artikel von Claudia Schuller in 'junge Welt' vom 15.10.2001
Großdemonstration gegen CSU-Parteitag auch nach Absage des italienischen "Stargastes" Berlusconi
Rund 5000 Menschen demonstrierten nach Angaben der Veranstalter am Samstag gegen den CSU-Parteitag in Nürnberg. Die Demonstration fand statt, obwohl Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi, der als "Stargast" von der CSU eingeladen worden war, abgesagt hatte. Die Aktivisten des Bündnisses "Stoppt Berlusconi" betrachtetendie Absage "als ersten Erfolg unserer Arbeit, und das trotz der Medienhetze gegen uns und der Eskalationsstrategie von Innenminister Beckstein", so ein Sprecher am Sonnabend.
Die Demonstration führte allerdings nicht wie geplant durch die Innenstadt. Die ursprüngliche Route war nach tagelangem Tauziehen auf Antrag der Stadtverwaltung untersagt worden. Losgegangen war es bereits am Freitag abend mit einer Kundgebung vor dem CSU-Tagungsort am Messegelände und einer anschließenden Spontandemo, die zum wandernden Polizeikessel geriet. Der ganze Stadtteil Langwasser befand sich im Belagerungszustand, zahllose Polizeikontrollen versuchten zu verhindern, daß Teilnehmer überhaupt zu der angemeldeten Kundgebung gelangen konnten. Nicht viel besser sah es im Rest der Frankenmetropole aus: alles grün. Über 3000 Beamte aus Bayern, Thüringen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen; Sonderkommandos und sogar Bundesgrenzschutz waren aufgeboten. Betroffen war vor allem der Stadtteil Gostenhof, da hier diverse linke Zentren existieren und sich auch der Stadtteilladen "Schwarze Katze" befindet, der das Wochenende über als Anlaufstelle diente. Anwohner wurden bereits die ganze Woche über belästigt und kontrolliert, die "Schwarze Katze" befand sich unter Dauerobservation. "Verhältnisse wie am 1. Mai in Kreuzberg - das hat für Nürnberg eine ganz neue Qualität", kommentierte ein Vertreter des Ladens.
Während die Linke auf der Straße präsent war, gab die CSU auf ihrem Parteitag die gewohnten rechtspopulistischen Töne von sich und gebärdete sich bayrisch- derb. Der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber erhielt zum Geburtstag ein Paket mit CSU-Aufnahmeanträgen und eine riesige Geburtstagstorte, der die bayerische Schönheitskönigin entstieg. Dann erschien den Delegierten auch noch Franz Josef Strauß als Geister-Parodie aus dem Jenseits. Die Frankenhalle tobte.
Seine Gemeinsamkeiten mit dem fehlenden Berlusconi demonstrierte der CSU-Chef vor allem in der Zuwanderungspolitik. Erneut warnte er davor, Deutschland zu einem Einwanderungsland zu machen. "Da macht die CSU nicht mit. Wir brauchen Integration und Zusammenhalt, keine multikulturelle Gesellschaft", rief der Gegner einer "durchrassten Gesellschaft" unter tosendem Beifall.
Bei soviel zupackend bayrischer Art war eine Wiederwahl nur noch Formsache. 96,6 Prozent votierten für Stoiber, deutlich mehr als vor zwei Jahren, wo ihm noch die Verwicklung in eine Immobilienaffäre anhing. Berlusconi wurde bereits für das nächste Jahr wieder eingeladen. Aber auch das linke Bündnis will dann erneut gegen den Schulterschluß des rechtskonservativen Rassisten protestieren.
Links
www.stoppt-berlusconi.org