Köln-Chorweiler, 9.3.2002 - Bundesweiter Nazi-Aufmarsch und der Protest dagegen (1)Bilder

"Nazis morden, der Staat
macht mit..."

Flugblatt der Antifa K: "Naziaufmarsch am 9.3.2002 in Köln-Chorweiler verhindern! Verfassungsschutz auflösen!"

Die "Bürgerbewegung Pro Köln" um den Neofaschisten Manfred Rouhs hat für den 9. März in Köln-Chorweiler eine Demonstration gegen den Verfassungsschutz angemeldet. Die Programmatik, die Pro Köln vertritt, enthält neben rassistischen und homophoben Stammtischparolen vor allem Forderungen nach mehr Repression gegenüber allen, die nicht in das Bild einer "sauberen und schönen deutschen Stadt" passen wollen. Zwar versucht die Organisation immer wieder, sich als "demokratisch" und "bürgernah" zu präsentieren, doch die Vereinigung besteht zu einem großen Teil aus altgedienten Funktionären aus dem Spektrum der rechtsradikalen Partei "Deutschen Liga für Volk und Heimat". Nicht zuletzt die Zusammenarbeit mit den militanten Neonazis der sogenannten "Freien Kameradschaften" zeigt, wo Pro Köln zu verorten ist: Bei den Nazis und nirgendwo sonst!

Zu der Demonstration in Köln wird unter anderem vom "Aktionsbüro Norddeutschland" und dem "Nationalen Infotelefon Rheinland" mobilisiert. Das Aktionsbüro wird von Christian Worch geleitet, einem der bekanntesten deutschen Neonazis, führender Kader der "Freien Kameradschaften" und Anmelder etlicher Naziaufmärsche. Das Nationale Infotelefon, das von Mitgliedern der Kameradschaft Düsseldorf betrieben wird, gehört zu einem der wichtigsten Kommunikationsmittel in der rechten Szene. Marschierte die selbsternannte "Bürgerbewegung" von Rouhs im Januar 2002 zusammen mit etlichen Nazi-Kadern aus NRW noch gegen den "sogenannten "Drogenstrich" in Longerich, so geht es dieses Mal unter dem Motto "Keine Freiheit für die Feinde der Freiheit!" gegen den Verfassungsschutz (VS). Das geschieht vor dem Hintergrund, dass der VS im großen Stil Nazi-Funktionäre als Spitzel anwirbt und sie unterstützt. Jahrelang sind führende Neonazis sowohl vom Bundes- als auch vom Landesamt für Verfassungsschutz bezahlt worden und konnten mit diesem Geld ihre politische Arbeit finanzieren.

Wenn Pro Köln nun den Verfassungsschutz anklagt, so tut die Vereinigung dies aus rein strategischen Überlegungen heraus: Sie behauptet, es sei der Verfassungsschutz, der hinter den Gewalttaten und Anschläge aus der rechten Szene stecke, um so eine Möglichkeit zu haben, rechte Parteien genau wegen dieser Gewalttaten verbieten zu können. Pro Köln leugnet damit bewusst den rassistischen Hintergrund der Taten von Neonazis. Rassistische Übergriffe bis hin zum Mord sind die Auswirkungen rechter Ideologie wie sie auch Pro Köln vertritt und integraler Bestandteil des Wirkens von Neonazis.

Was aber ist die Funktion des Verfassungsschutzes dabei? Sie besteht nach eigenen Angaben darin, die sogenannte politische "Mitte" gegen den "Extremismus" von rechts und links zu schützen. Damit werden nicht nur AntifaschistInnen mit Neonazis in einen Topf geworfen. Rechtes Gedankengut, das in der Gesamtgesellschaft - der "Mitte" - verankert ist, wird so verharmlost bzw. gar nicht erst thematisiert. Diese politische "Mitte" wird repräsentiert von Politikern wie Edmund Stoiber, der öffentlich vor den vermeintlichen Gefahren einer "durchrassten "Gesellschaft warnt oder wie Otto Schily, der alle MigrantInnen unter Terrorismusverdacht stellt. Wer diese Mitte zu kritisieren wagt, findet sich schnell unter dem Begriff "extrem" wieder. Zumal im VS-Bericht für NRW 2000 zu lesen war: "Gefahren für die öffentliche Sicherheit gehen vor allem von militanten Linksextremisten aus." Jede Kritik von links gilt somit schnell als absolutes Extrem, während sich rechte Positionen mehr und mehr durchsetzen können. Die VS ist in aller erster Linie dazu da, genau diese herrschende gesellschaftliche Ordnung zu verteidigen. Daher fordern wir die Auflösung des Verfassungsschutzes.

Pro Köln und Konsorten jedoch, die nun gegen den Verfassungsschutz protestieren, wollen das rassistische Treiben der Neonazis verharmlosen und sich selbst das Image von Saubermännern geben. Sorgen wir dafür, dass diese Rechnung nicht aufgeht... Lassen wir es nicht zu, dass das braune Pack durch Köln zieht! Verhindern wir gemeinsam den Aufmarsch von Pro Köln in Chorweiler Keinen Fußbreit den Faschisten!

Treffpunkt der Gegenkundgebung: 9.3.2002, 14.30 Uhr, Liverpool Platz/ Köln Chorweiler


Bundesweiter Nazi-Aufmarsch in Köln-Chorweiler

Pressemitteilung der Antifa K

+ + + Neonazis wollen am 9.03. gegen den Verfassungsschutz demonstrieren + + + Bundesweite Mobilisierung der Neonazis nach Köln-Chorweiler + + + Route der Neonazis von Pariser Platz bis zum BfV + + + Antifaschistische Gegendemo um 14.30 Uhr, Pariser Platz / Köln-Chorweiler + + +

Für Samstag, den 9. März haben Neonazis einen bundesweiten Aufmarsch in Köln angekündigt. Vom Pariser Platz wollen sie um 16 Uhr quer durch Chorweiler bis zum Bundesamt für Verfassungsschutz marschieren. Angemeldet wurde der Aufmarsch von der rechten Gruppierung "Pro Köln", die damit ihren "Bürgerprotest" gegen das BfV zeigen will. Getragen wird dieser Aufmarsch neben "Pro Köln" vor allem durch den bundesweit führenden Neonazi-Kader Christian Worch aus Hamburg und das sog. "Nationale Infotelefon Rheinland" aus Düsseldorf.

"Deshalb müssen wir davon ausgehen, das am 9. März Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet nach Köln-Chorweiler kommen. In Flugblättern und Plakaten rufen die Neonazis bereits jetzt auf die große Bedeutung dieses Aufmarsches hin." So Michael Bernhardt von der Kölner Antifa K. "Besonders die Gruppierung um den Hamburger Christian Worch hat in der Vergangenheit immer wieder gezeigt, das sie innerhalb kürzester Zeit weit über 1000 Neonazis mobilisieren können."

Das Motto des braunen Aufmarsches lautet "Keine Freiheit für die Feinde der Freiheit" In den zahlreichen Aufrufen, die mittlerweile in der Szene kursieren, fordern die Neonazis das Verbot des VS. Weiter heißt es: "So wie wir Spitzel verachten und ächten, so verachten wir auch ihre Drahtzieher." (Neonazi-Aufruf u.a. bei www.widerstand.com/aktionsbuero/ ).

"Auch wenn es auf den ersten Blick paradox klingt, dass die Neonazis gegen ihren größten Arbeitgeber, das BfV, demonstrieren wollen, müssen wir diesen Aufmarsch sehr ernst nehmen." So Michael Bernhardt von der Antifa K. "Es ist offensichtlich, das die Neonazis aus den Pannen im NPD-Verbotsverfahren jetzt politisches Kapital schlagen wollen." Ein Verbot dieses Aufmarsches ist als äußerst unwahrscheinlich einzuschätzen. Deshalb ruft die Antifa K dazu auf, den Aufmarsch aktiv zu verhindern. "Wir kündigen schon jetzt massiven Widerstand an und versprechen den Neonazis auf jeden Fall einen heißen Marsch durch Chorweiler".


"Keine Freiheit für die Feinde der Freiheit"

Aufruf von Pro Köln zur Demonstration gegen den "Verfassungsschutz", 15.2.2002

Unter der Losung "Keine Freiheit für die Feinde der Freiheit" werden grundgesetztreue Bürger am Samstag, den 9. März 2002, gegen das Bundesamt für "Verfassungsschutz" demonstrieren. Die Veranstaltung beginnt um 16.00 Uhr mit einer Kundgebung auf dem Pariser Platz in Köln­Chorweiler. Der Leverkusener Rechtsanwalt Markus Beisicht und der Kölner Verleger Manfred Rouhs treten als Redner auf.

Beisicht wirft dem "Verfassungsschutz" vor, die parlamentarische Demokratie auszuhebeln: "Wenn bei einer Wahl zehn Parteien auf dem Stimmzettel stehen, und zwei oder drei davon werden vom 'Verfassungsschutz' geführt, dann gerät die Demokratie zur Farce. Der Bürger hat ein Recht darauf, zu wissen, für wen er seine Stimme abgibt." Rouhs fordert die sofortige Auflösung des "Verfassungsschutzes".

Nach dem Ende der Kundgebung gegen 17.00 Uhr werden sich die Versammlungsteilnehmer zu einem Demonstrationszug formieren, der zur Zentrale des "Verfassungsschutzes" in der Merianstraße in Köln­Chorweiler ziehen wird.

Wichtig ist, daß wir dem Amt in großer Mann- und Frauenstärke die Stirne bieten. Die Demonstration muß ein unübersehbares Zeichen setzen! Wichtig ist aber auch, daß wir dabei der Gegenseite nicht den Gefallen tun, dem vom Medienapparat vermittelten Bild des "Rechtsextremisten" zu entsprechen. Ansonsten wäre die Demo kontraproduktiv und könnte sogar zur Re-Legitimierung des "VS" beitragen. Also: Bitte keine Bomberjacken tragen, keine militärische oder militärähnliche Kleidung, keine gefleckten Hosen oder Jacken, keine Stiefel, keine politischen Abzeichen, kein "Lonsdale" - sondern zivile, freundliche, zeitgemäße Kleidung. Wir sind "die Guten"! Das muß auch optisch vermittelt werden.


Was wollen die hier? Köln-Chorweiler bereitet Rouhs gebührenden Empfang

Artikel aus 'Antifaschistische Nachrichten' vom 13.3.2002

Wenn am Samstag, 9.3. in Chorweiler eins klar geworden ist, dann dass die Nazis um Rouhs und Konsorten in diesem Stadtteil unerwünscht waren.

Ob es die Leute waren, die nicht auf dem Markt einkaufen konnten oder die dort nicht arbeiten konnten, ob es der Pfarrer oder die Leute aus den OTs waren, ob ältere Damen oder junge Mädchen, alle fragten: Was wollen die hier?

Wieso wird das hier genehmigt?

Wissen die denn nicht, dass hier 50% Ausländer wohnen, die nichts von ihnen hören wollen?

Und als Antifaschisten skandierten: „Nazis raus!“ ergänzten 6 Zwölfjährige ein schrilles „ aus Chorweiler“ und alle Umstehenden stimmten vehement zu.

Der Unterschied eröffnete sich am deutlichsten im Vergleich zu den zwei „Pro-Köln Demonstrationen“ gegen den Straßenstrich in Longerich im Januar und Dezember: 200-300 Antifas, keine 20 Longericher und kaum ein Dutzend an den Fenstern und auf den Balkonen. Es war gespenstisch! Der Stadtteil hatte das Leben ausgeschlossen.

Dagegen in Chorweiler: von 14 bis 18 Uhr wichen die Leute nicht von den Balkonen. Auf einigen bis zu 10. Und unten hieß es: „Die sollen es bloß wagen, die Nazis da drunter her laufen zu lassen, dann haust du besser ab. Ich möchte nicht wissen, was dann da runter kommt.“ Und die ganze Zeit ein reges Rein und Raus aus den Häusern zu den Demonstranten und wieder zurück.

Die Antifa-Gruppen von Köln und Umgebung waren auch ausgezeichnet vertreten, aber sie blieben bis zuletzt in der Minderheit. Schon als wir mit der S-Bahn ankamen, waren die Gitter um den Pariser Platz von mehrheitlich türkischen Jugendlichen als Begrüßungskomitee besetzt, die darauf aus waren, den Nazis ihren Protest entgegenzubrüllen.

Es dauerte über eine Stunde, bis die Polizei die Nazis aus dem Loch der S-Bahn-Station herausließ. Und das Infame war, dass die Polizei genau wusste, welche Provokation dies gegenüber den Gegendemonstranten darstellte. Auf diesen Augenblick hatten sie sich vorbereitet, indem sie deren Reihen mit zig Zivilen durchsetzt hatten, um jeden Werfer, und seien es auch nur Feuerzeuge, sofort dingfest zu machen. Anstatt angesichts der aufgebrachten Menge die Nazis irgendwo auf die grüne Wiese zu karren oder auf das Dach des Verfassungsschutzes, nutzten sie deren Aufmarsch zu einer Strafexpedition gegen Chorweiler Jugendliche und organisierte Antifas. Aber trotz der wütenden „Grünen“, der Protest wurde nicht im Geringsten gemindert. Bis zum Einsammeln der ca. 50 Braunen zurück in das Loch der S-Bahn blieben die Leute vor Ort.

Man muss einfach sagen, wie sich Chorweiler an diesem Tag präsentiert hat, mit welchem Stadteilbewusstsein, mit welcher Geschlossenheit, das schafft kein anderer Kölner Stadtteil mehr.

Ein Lob an alle, die dazu beigetragen haben – auch an die Veranstalter, wenn auch ihre Kundgebung – etwas abseits vom Hauptgeschehen – nicht im Mittelpunkt stand. Die Vorarbeit – die Tausende Flugblätter und vielen Gespräche im Vorfeld – hatten Früchte getragen.

p.b.


Rechte Tränen ...

Notiz aus 'Antifaschistische Nachrichten' vom 13.3.2002

Der verhinderte Aufmarsch in Köln-Chorweiler stinkt Veranstaltern und Teilnehmern gleichermaßen. Versucht Manfred Rouhs noch, sich mit wilden Angriffen gegen die Polizei irgendwie von der Niederlage frei zu kämpfen, hört sich das bei seinen „Freunden“ aus den s.g. „freien Kameradschaften“ doch anders an. Waren es laut „pro-köln-online“ 150 Teilnehmer, die es auf den Pariser Platz geschafft hatten, spricht das „Aktionsbüro Norddeutschland“ von 70, die „freien Nationalisten im Düsseldorfer Süden“ von sechzig Teilnehmern. Ist das „Aktionsbüro“ noch gewillt, der Veranstaltung als erstem „öffentlichen Protest in der BRD-Geschichte gegen den Geheimdienst“, irgendetwas Positives abzugewinnen, gelingt das den Düsseldorfern gar nicht mehr. Doch auch das Aktionsbüro muss eine „geringe Beteiligung“ und eine „unerträgliche Gleichgültigkeit in den Reihen vorgeblich aktiver Menschen“ feststellen. Das Votum der Düsseldorfer hingegen ist eindeutig: „Köln war diesmal keine Reise wert“. Rouhs scheint sich mit seiner Aktion dort keine Freunde gemacht zu haben: „Die Gegenseite konnte dem Stadtteil entsprechend einige hundert gewaltbereite Ausländer mobilisieren, die bei einem durchgesetzten Marsch mit Sicherheit auch nicht davor zurückgeschreckt hätten, ganze Haushaltsgeräte aus ihren Wohnungen zu schmeißen. So mussten sich die angereisten Kameraden mit den Ausführungen des Herrn Rouhs zufrieden geben ... die wenig beliebte Demokröte dürfte sich die letzten Sympathien mit seiner langweiligen Rede, in der verdächtig oft das Wort ‚Demokratie’ vorkam, verspielt haben.“ Uns soll’s recht sein...

CHR


Links

Antifa K - Antifaschistische Gruppe aus Köln