Medien und Krieg - Der Fall Milosevic |
"Nie wieder Aufklärung - WDR-Dokumentation über den Haager Prozeß gegen Milosevic erhält den Joseph-Goebbels-Preis der Fernsehkritik" Jürgen Elsässer in 'junge Welt' vom 3.12.2003 über "die story: Das Tribunal - Angeklagt Slobodan Milosevic", WDR-Fernsehen, 1.12.2003 Endlich: Am Montag abend zeigte der zu Unrecht als »Rotfunk« verschrieene WDR, daß er im Falle eines Falles doch zu den zuverlässigen Stützen unseres Staates gehört. So zuverlässig war der Sender nicht immer gewesen: Im Frühjahr 2001 strahlte er ein Feature mit dem Titel »Es begann mit einer Lüge« aus, das insbesondere der deutschen Regierung Manipulationen zur Rechtfertigung des humanitären Bombardements Jugoslawiens 1999 vorwarf. Verteidigungsminister Scharping wollte die Verbreitung des Streifens sogar verbieten lassen, scheiterte aber an den deutschen Gerichten. Offensichtlich ist der Arm von Milosevic länger, als man gemeinhin denkt. Deswegen war es umso erfreulicher, daß die Verantwortlichen des WDR nun unter dem selben Serientitel »Die Story« ihren damaligen Fehler ausbügelten. Unmittelbar nach Sendeschluß von »Das Tribunal. Angeklagt: Slobodan Milosevic« beschloß der NATO-Wahrheitsausschuß, Regisseur Thomas Schmitt mit dem diesjährigen Joseph-Goebbels-Preis auszuzeichnen, und der Rezensent pflichtet dieser Entscheidung vollumfänglich bei. Schon in ihrer Grundstruktur hebt sich die Produktion wohltuend von den krypto-bolschewistischen Machwerken aus der unseligen Zeit des öffentlich-rechtlichen Fernsehens ab. Weggelassen wurden alle Zweideutigkeiten, die die Aussage stören könnten, verzichtet wurde auf jeden objektivistischen Schwulst. Der Angeklagte war einfach das Monster, als das ihn die ganze Welt kennt. Demokratisch verwirrte Journalisten hatten vor allem in den ersten Wochen des Haager Prozesses immer wieder von Erfolgen des serbischen Schlächters berichtet. »Milosevic bringt den ersten Zeugen der Anklage in peinliche Situationen«, hatte selbst die ansonsten zuverlässige Frankfurter Allgemeine Zeitung geschrieben, nachdem ein gewisser Mahmut Bakalli seinen Vorwurf, der Angeklagte habe eine Art »Apartheid« im Kosovo eingeführt, nicht hatte belegen können. Auch der Präsident der Kosovo-Albaner Ibrahim Rugova machte leider nicht die beste Figur, als ihm Milosevic ein Flublatt aus den Kriegstagen 1999 präsentierte, das seine Landsleute zur Massenflucht aufrief. Gezeichnet war das Dokument aber nicht von der massenmörderischen jugoslawischen Armee, sondern von der Befreiungsorganisation UCK und von Rugova selbst. Serbisch-dämlich verhielt sich schließlich auch der Kronzeuge Ratomir Tanic, der Milosevic zunächst eines großangelegten Planes zur Vertreibung aller Albaner aus der Provinz bezichtigte, dann aber vor Gericht einräumte, daß er seit 1993 mit dem britischen Geheimdienst zusammenarbeite und dieser ihm auch bei der Abfassung seines Geständnisses behilflich gewesen war. Mit diesen und ähnlichen Episoden des Prozesses, aus dem die Feindpresse großes Aufhebens gemacht hat, beschäftigt sich der WDR-Film an keiner Stelle, und das war auch gut so. Unsere Volksgenossen wollen nicht verunsichert werden - vor allem nicht in diesen Zeiten, wo die Bundeswehrmacht immer noch an der Balkanfront gebunden ist. Am mutigsten war jedoch, daß der Regisseur auch bei den Passagen des Prozesses, die er wiedergab, nicht vor Manipulationen zurückschreckte. So sah man einen albanischen Zeugen Greueltaten aus dem Ort Izbica anhand eines Videofilms und von US-Satellitenaufnahmen schildern - der Hinweis, daß die beiden Bildbelege nicht kongruent waren und offensichtlich unterschiedliche Orte zeigten, unterblieb ebenso wie die Information, daß ein gleichzeitig aufgenommener Beitrag des serbischen Fernsehens ein friedliches Izbica gezeigt hatte. Im Falle der in einem Kühllaster entdeckten Leichen, angeblich zum Zwecke der Vertuschung im Kosovo ausgegraben und nach Zentralserbien verbracht, wurde zwar deutlich, daß diese Toten niemals gefunden und somit auch nicht identifiziert werden konnten. Milosevics Hinweis auf Polizeiakten, wonach solche Kühllaster in der Region auch zum Schmuggel von Flüchtlingen aus Osteuropa via Serbien in die EU benutzt wurden, wurde glücklicherweise weggeschnitten. Raffiniert war auch, daß man unkommentiert stehenließ, was ein anonymer jugoslawischer Soldat dem Diktator ins Gesicht schleuderte: »Sie waren es ja, die die schändlichen Befehle gegeben haben, die wir ausführen mußten.« Das war ein harter Schlag für die Feindpresse, die gerade an der Existenz entsprechender Befehle Milosevics zweifelt. Selbst die Neue Zürcher Zeitung hatte nach Ende des Verhandlungskomplexes konstatiert: »Aber bisher wurde kein einziges Dokument vorgelegt, das zu einer Verurteilung führen könnte.« Wie unsere Redaktion aus dem Reichspropagandaministerium erfuhr, soll der Film künftig auch als Unterrichtsmaterial an der Leni-Riefenstahl-Akademie in Königsberg eingesetzt werden. Die Grande Dame des deutschen Films hätte sich sicher gefreut. Quelle: Buchneuerscheinung Kriegslügen - Vom Kosovokonflikt zum Milosevic-Prozess Im April 2004 ist die im Umfang fast verdoppelte und vollständig aktualisierte Neuauflage des seit knapp zwei Jahren vergriffenen Buches von Jürgen Elsässer: "Kriegsverbrechen. Die tödlichen Lügen der Bundesregierung und ihre Opfer im Kosovo-Konflikt". Der Titel der Neuauflage: "Kriegslügen - Vom Kosovokonflikt zum Milosevic-Prozess". Weitere Informationen unter: Ankündigungstext der von Jürgen Elsässer besprochenen Sendung im WDR-Fernsehen "die story: Das Tribunal - Angeklagt Slobodan Milosevic", 1.12.2003, Film von Thomas Schmitt, Redaktion: Klaus Antes / Peter Winterberg "Die Massaker fanden am Tag unseres Opferfestes statt. Und deine Polizei sagte zu uns: heute ist Bajram. Ihr könnt eure Lämmer schlachten, dann schlachten wir euch!...Man hat die Leute massakriert, verbrannt, und man hat die Leute abgeschlachtet." Mustafa Draga, der wie durch ein Wunder eine Massenexekution überlebt hat, bringt diese Worte nur mühsam über seine Lippen. Der Verantwortliche für diese Gräueltaten sitzt ihm auf der Anklagebank gegenüber - Slobodan Milosevic. Er versucht, die Aussagen des Zeugen mit allen Mitteln zu erschüttern. Noch heute flößt der allmächtige Diktator von einst vielen seiner früheren Untertanen Furcht ein. Seit Februar 2002 wird vor dem Haager Tribunal gegen den früheren jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic verhandelt. Die Anklage wirft ihm Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. Der Angeklagte verteidigt sich selbst. Im Gerichtssaal sind Kameras installiert, die die Verhandlung für die Öffentlichkeit aufzeichnen. 22 Sitzungswochen dauerte die Beweisaufnahme in der Kosovoanklage. In dieser Zeit wurden 124 Zeugen vom Gericht gehört. Darunter unmittelbar Betroffene, von denen einige ihre gesamte Familie verloren haben. Sie durchleben noch einmal, was sie erlitten haben und werden von einem oft arroganten und zynischen Milosevic ins Kreuzverhör genommen. In der Konfrontation zwischen dem mutmaßlichen Tatverantwortlichen und seinen Opfern kommt es zu erschütternden Szenen. Der Film dokumentiert einen Prozess, bei dem sich zum ersten Mal ein ehemaliges Staatsoberhaupt für in seiner Amtszeit begangener Verbrechen vor einem internationalen Strafgericht verantworten muss. Das Haager Tribunal lässt sich in seiner historischen Bedeutung nur mit den Nürnberger Prozessen und dem Eichmann-Prozess vergleichen." |
Weiterer Beitrag zum Fall Milosevic: |
Scharping, Milosevic und die Amselfeld-Propaganda Über zwei Zitate und den Vorwurf, Slobodan Milosevic sei ein Nationalist |
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Milosevic ist schuldig - das steht fest - denn wäre er es nicht, wäre es die Nato Betrachtungen zu Jürgen Elsässers Buch 'Kriegslügen', Jugoslawien und dem Prozess gegen Slobodan Milosevic |
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Srebrenica, Frau Albright und die Satellitenbilder Betrachtungen zu einem 'Massaker', das genau zum richtigen Zeitpunkt kam, 17.3.2005 |
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Ein fragwürdiges Video Artikel von Ralph Hartmann über das so genannte Srebrenica-Video - aus 'Ossietzky' vom 9.7.2005 |
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"Gefechtstote werden geleugnet" Gespräch mit Alexander Dorin in 'junge Welt' vom 10.7.2010 |
Was geschah in Srebrenica? Artikel aus Ossietzky 16/2009 |
Gegen die Manipulation der Wahrheit Interview mit Alexander Dorin zu Srebrenica, geführt von Kaspar Trümpy (Schweizer ICSM-Mitglied) am 12.09.2012 |
Alle Beiträge zu vergangenen Kriegen: |
Was Bilder beweisen - über die Funktion von Bildern im Krieg gegen Jugoslawien Artikel von Andreas Neumann, August 2000, aus der Zeitschrift Arbeiterfotografie, Ausgabe 88 |
Der Informationskrieg Artikel des Gegen-Informations-Büros zum Thema 'Propaganda und Krieg' |
Bilder, sagt man, lügen nicht - oder vielleicht doch? Artikel von Thomas Deichmann in der Weltwoche vom 9.1.1997 |
Unter den Trümmern der Dresden-Debatte liegen die Leichen des Jahres 1999 Jürgen Elsässer in 'junge Welt' vom 14.2.2005 |
Sarajewo 5.2.1994 - Bomben für den Frieden Ralph Hartmann in 'Ossietzky', Ausgabe 8/2005 |