Rezensionen zum Thema Krieg
Peter Bürger: "Kino der Angst. Terror, Krieg und Staatskunst aus Hollywood"
Über eine Studie der kriegspropagandistischen US-Filme der letzten 20 Jahre, erschienen 2005, erarbeitet von Peter Bürger (Theologe und freier Publizist, geboren 1961, Mitglied der Internationalen katholischen Friedensbewegung Pax Christi seit 1980)

Peter Bürger
Kino der Angst. Terror, Krieg und Staatskunst aus Hollywood
Stuttgart: Schmetterling Verlag 2005
638 Seiten; 29 Euro (ohne Versandkosten)
ISBN 3-89657-471-x

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Peter Bürgers Leistung ist nicht hoch genug einzuschätzen. In gewisser Weise ist er zu bedauern. Um das zu verstehen reicht es, einen Blick in das weiter unten wiedergegebene Inhaltsverzeichnis zu werfen. Dann ergibt sich die Frage, wie ein Mensch eine derartig geballte Ladung von Kriegspropaganda ertragen kann, ohne daß sich der krankhafte Geisteszustand der Produzenten auf den Autor des Buches überträgt. Aber Peter Bürger behält klaren Kopf und präsentiert uns eine Arbeit von unschätzbarem Wert.

Wir greifen ein Beispiel heraus: die Ausführungen Peter Bürgers zu 'Pearl Harbor' - ein Film aus dem Jahr 2001, der den Bogen schlägt zwischen der US-Beteiligung am Zweiten Weltkrieg und dem aktuell geführten 'Krieg gegen den Terror', ein Film, der entstanden ist mit Unterstützung und in Kooperation mit dem US-Verteidigungsministerium und allen Gattungen des US-Militärs, wie ohne jede Scheu offenbart wird: »We gratefully acknowledge the support and cooperation of the Department of Defense and all the branches of the U.S. Military in the making of this film: Department of Defense, United States Navy, United States Army, United States Air Force, United States Marine Corps, United States Coast Guard ...«

Fest des Friedens: RTL bringt den Film 'Pearl Harbor' am 1. Weihnachtstag 2005

Ausgangspunkt der Betrachtungen von Peter Bürger ist das im September 2000 von der neokonservativen Gruppe 'Project for the New American Century' Strategiepapier 'Rebuilding America's Defenses - Strategy, Forces and Resources For a New Century', in dem die Dominanz der USA für die nächsten Jahrzehnte zum Ziel erklärt wird und in dem auf 'Pearl Harbor' Bezug genommen wird. Als Kernpunkt ihres Papiers zitiert er den Satz: »Derzeit sieht sich die USA keinem globalen Rivalen ausgesetzt. Die Grand Strategy der USA sollte darauf abzielen, diese vorteilhafte Position so weit wie möglich in die Zukunft zu bewahren und auszuweiten.« Und dann: »Further, the process of Transformation, even if it brings revolutionary change, is likely to be a long one, absent some catastrophic and catalyzing event - like a new Pearl Harbor.« Peter Bürger sieht in dieser Formulierung "...vor dem Hintergrund des 11.9.2001 [einen] Satz von fast hellseherisch-prophetischer Klarheit: Mit einem katastrophalen und katalysierenden Ereignis, das Pearl Harbor ähnelt, wäre demnach die öffentliche Unterstützung für eine Militärpolitik, die den USA eine globale Vorherrschaftsrolle sichert, viel eher zu erwarten."

So wie sich die Frage stellt, inwiefern die USA an der Herbeiführung des 'new Pearl Harbor' vom 11. September 2001 beteiligt waren, um den so genannten 'Krieg gegen den Terror' vom Zaum brechen zu können, so stellt sich die Frage nach der Herbeiführung des 'Pearl Harbor' vom 7.12.1941, des Ereignisses, das den USA den Eintritt in den Zweiten Weltkrieg erlaubte. Doch diese Frage stellt sich nicht für den mit einem Budget von über 150 Millionen Euro gedrehten Film 'Pearl Harbor' von Jerry Bruckheimer und Michael Bay. "Das Drehbuch [umgeht] die simple historische Frage: Gab es ein Vorwissen über den japanischen Angriff auf die US-Pazifikflotte in Hawaii und wenn ja, warum führte es zu keiner militärischen Vorsorge auf Seiten der USA?" Das im Jahr 2000 veröffentlichte Ergebnis der siebzehnjährigen Recherchen und Quellenstudien von Robert B. Stinnett - in Deutschland veröffentlicht unter dem Titel 'Wie die US-Regierung den Angriff provozierte und 2.476 US-Bürger sterben ließ' - werde dabei vollständig ignoriert.

Die Ankündigung der 2003 bei Zweitausendeins erschienenen deutschsprachigen Ausgabe des Buches von Robert B. Stinnett führt einige Punkte auf, denen Stinnett nachgeht:
  • Die Funkstille, unter der die japanische Angriffsflotte angeblich operierte, war eine Lüge. Stinnett legt 129 Radiotelegramme vor, die sofort entschlüsselt wurden.
  • Dass die US-Navy in Pearl Harbor fast ausradiert wurde, ist eine Lüge. Alle modernen Schiffe wurden kurz vor dem 7. Dezember 1941 überraschend aus dem Hafen abkommandiert.
  • Dass die japanischen Angreifer ins Nichts verschwanden, ist eine Lüge. Man hätte sie verfolgen und vernichten können, aber das passte nicht ins Drehbuch der Tragödie.
All diese Aspekte ignoriert der Film. Peter Bürger klassifiziert ihn demzufolge ohne Umschweife als Geschichtsfälschung. Und er fragt sich und die an Aufklärung interessierte Öffentlichkeit, wie die Tagebuchbemerkung über die Japaner zu verstehen sei, die US-Verteidigungsminister Henry Stimson am 25.11.1941 nach einer Unterredung mit Präsident Roosevelt notierte: »Die Frage war, wie man sie in eine Position manövrieren könnte, in der sie den ersten Schuss abgeben würden, ohne dass uns allzu viel passiert [...] es war wünschenswert, sicherzustellen, dass die Japaner dies wären (die den ersten Schuss abgeben), sodass niemand auch nur den geringsten Zweifel haben könnte, wer der Aggressor war.«

US-Präsident Roosevelt: Kampf bis zum Sieg

Im Film dagegen hören wir den US-Präsidenten Roosevelt, wie er mit seiner propagandistischen Rede den Kongress auf Kriegsbeteiligung einstimmt: »Am gestrigen Tage, dem 7. Dezember 1941, einem Tag der Schande, den wir nie vergessen werden, wurden die Vereinigten Staaten von Amerika auf heimtückische und mutwillige Weise von den See- und Luftstreitkräften des Kaiserreichs Japan überfallen. Es liegt auf der Hand, dass der Überfall bereits viele Wochen zuvor geplant worden ist, während die japanische Regierung sich bemüht hat, die Vereinigten Staaten durch vorgetäuschte Gesprächsbereitschaft in Bezug auf die Fortsetzung der friedlichen Bemühungen absichtlich hinters Licht zu führen. Der gestrige Angriff auf Pearl Harbor hat den amerikanischen Streitkräften schwere Schäden zugefügt. Ich bedaure, Ihnen mitteilen zu müssen, dass über 3000 Amerikaner dabei ihr Leben ließen. Egal wie lange es dauern mag, diesen von langer Hand geplanten böswilligen Angriff zu vergelten: Das amerikanische Volk, stark in seiner gerechten Sache, kämpft, bis der Sieg errungen ist!«

Nichtsdestotrotz sagt Hauptdarsteller Ben Affleck: »An einem Propagandafilm hätte ich nicht mitgearbeitet!« Dem stellt Peter Bürger die Einschätzung von US-Historiker Lawrence H. Suid entgegen: »Der Film 'Pearl Harbor' ist so schlecht, dass man nicht viel über Geschichte wissen muss, um seine Absurdität zu erkennen. Nur wer gar nichts weiß, wird ihn für geschichtstreu halten. Und genau das ist ein Teil des Problems.«

Peter Bürger: "Erzählt wird die Geschichte von Pearl Harbor vor allem durch einen patriotischen Hollywoodismus. Emotionale persönliche Geschicke, so die Macher, sollen Pearl Harbor noch einmal 'erlebbar' machen und die Identifikation mit den Opfern der eigenen Nation erleichtern... Die eigentlichen Helden präsentiert uns das Drehbuch als Pilotenduo. Bereits 1923 haben Rafe und Danny in Tennesee als spielende Nachbarskinder auf einem Landwirtschaftsflugzeug Einsätze für die Freiheit und für US-Amerika geflogen... Der Realismus konzentriert sich vor allem auf effektvolle Bombardements und das 'echte Sinken' der Arizona. Unterwasseraufnahmen zeigen tote US-Amerikaner und eine schwebende US-Flagge. Zweimal können wir in 'Titanic-Szenen' das Los der - größtenteils im Schiffswrack eingeschlossenen - Ertrinkenden mit erleben. Jedes Mal kommt direkt danach in einer Szene der mitfühlende oder entschlossene US-Präsident zu Wort."

Kinder schießen: "Für die Freiheit, für Amerika"

Auch in anderer Hinsicht ist der Film - so weist Peter Bürger nach - eine grobe Geschichtsfälschung. Der Film beschränkt sich hinsichtlich der Reaktion auf 'Peral Harbor' auf die Schilderung eines als Racheakt deklarierten Einsatzes, bei dem die US-Luftwaffe am 2. April 1942 einen Angriff auf Tokio fliegt, der angeblich nur Fabriken zum Ziel hatte - »Die Fabriken, nur die Fabriken!« - und spart alles Andere, was die USA mit 'Pearl Harbor' legitimieren wollen, aus:
  • schlimmste Diskriminierungen und Hassverbrechen gegen in den USA lebende japanische Bürger
  • die Einrichtung von Masseninternierungslagern, in die gemäß einer Verfügung Roosevelts etwa 120.000 Japaner - loyale Japanese-Americans mit US-Bürgerrecht - eingewiesen wurden und damit ihrer Grundrechte beraubt wurden
  • den Abwurf von Brandbomben im März 1945 auf Tokio, das damals fast ausschließlich aus Holzhäusern bestand, und bei dem nach unterschiedlichen Schätzungen zwischen 80.000 und 200.000 Japaner ums Leben kamen und infolgedessen eine Million Einwohner kein Obdach mehr hatten
  • die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki am 6. und 9. August 1945 mit mehr als 300.000 Toten
Und er erwähnt nicht die Äußerung von Hiroshima-Pilot Claude Eatherly aus dem Jahr 1959, der die Rolle des 'nationalen Helden' nicht mitspielte und bekannte: »Mein Gott, was haben wir getan!« und dann noch im gleichen Jahr in einer psychiatrischen Anstalt verschwand

In der Schlußszene feiert der Film das Verhalten der USA: Vor dem Angriff auf Tokio von 1942 »sahen die Amerikaner sich als Verlierer. Danach gab es Hoffnung auf einen Sieg [...] Amerika war siegesgewiss und ging in die Offensive [...] Amerika hat gelitten, aber auch an Stärke gewonnen, was nicht selbstverständlich war. Die Zeiten haben uns auf eine harte Probe gestellt, und wir sind daran gewachsen!« Peter Bürger: "Unverfrorener ist wohl selten von den schrecklichen Daten dieses historischen Komplexes abgelenkt worden."

Auch den rassistischen Charakter des Films brandmarkt Peter Bürger: "Ausnahmslos jede japanische Sequenz ist mit einem dumpfen Trommelrhythmus unterlegt, während sonst der - mit eigenem Filmclip vermarktete - romantische Titelsong oder Choralmusik für die US-Opfer den Hintergrund dominieren. Der Titel verfolgt Feindbild und Vergeltungsbotschaft gleichermaßen ohne Hemmungen." Der rassistische Charakter wird besonders deutlich in einer Szene, in der ein verwundeter US-Soldat die Hilfe eines japanisch-stämmigen Arztes mit den Worten »Pack mich nicht an, du Scheißkerl!« (Formulierung gemäß DVD-Fassung) zurückweist.

Rassismus: "Faß mich nicht an, du scheiß Japs" (Formulierung gemäß RTL-Ausstrahlung vom 25.12.2005)

Peter Bürger resümiert: "Man befürchtet mit Kurt Tucholsky auch bei diesem hochgerüsteten Staatskunstwerk von 2001, dass im Gewande des Totengedenkens Reklame für einen neuen Krieg gemacht wird. Das Leitwort im reanimierten Propaganda-Genre lautet: Vergeltung." In diesem Sinne schlägt Peter Bürger nochmals den Bogen vom Krieg damals zum Krieg heute, indem er die selbstentlarvenden Äußerungen von Walter Russell Mead, Mitglied des Council on Foreign Relations, wiedergibt:

»Wenn wir Amerikaner uns im Krieg mit einem feigen und verräterischen Feind befinden, halten wir uns an keine Regeln mehr. Der schäbige japanische Angriff auf Pearl Harbor brachte das amerikanische Volk so in Rage, dass es regelrecht aufjubelte, als wir gegen Ende des Krieges mehr als neunhunderttausendend japanische Zivilisten töteten, dreiundachtzigtausend davon in einer einzigen Nacht in Tokio. Die Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki sind bis heute ausgesprochen populär. Der 11. September hat ein für alle Mal unsere gegenwärtigen Feinde als Feiglinge und Verräter definiert. Die Amerikaner fühlen sich dazu berechtigt, sie zu jagen und auszurotten wie Ratten.«

Diese Äußerungen machen den Charakter des heute vorherschenden Denkens deutlich, eines Denkens, dessen Perversion in Anbetracht ständiger Wiederholungen fast zur Gewohnheit wird. Wenn 'Pearl Harbor' auch heute noch in seiner propagandistischen Funktion - unter Ausblendung der tatsächlichen Hintergründe - benutzt wird und in einem Atemzug mit dem 11. September 2001 genannt wird, liegt nahe anzunehmen, daß auch bei diesem Ereignis mit falschen Karten gespielt wird - inszeniert, um die Welt in den so genannten 'Krieg gegen den Terror' führen zu können.

Soviel zu den Betrachtungen Peter Bürgers zum Komplex 'Pearl Harbor', einer von mehreren Abschnitten in einem der zwölf Kapitel seines Buchs. Welchen immensen Umfang die Arbeit Peter Bürgers hat, macht das nachfolgend wiedergegebene Inhaltsverzeichnis deutlich:



Inhaltsverzeichnis

Einleitung: Macht braucht Mythen

Was Immanuel Kant nicht ahnte und was nach dem Völkerrecht verboten sein soll

Kultur des Todes: Medien, Unterhaltungsindustrie und Krieg
  • Informationsmedien im Krieg
  • Kooperationen im Militainment: Hollywood und Pentagon
  • Kriegsspielzeug, Computer-Shooter und futuristische Militärtechnologie
Hollywood und der Weg zur Macht
  • Privatwirtschaftliche Technologie der Macht
  • Korrupte Macht als Thema alter Hollywood-Filme
  • Der neuere Polit-Spielfilm aus Hollywood
  • Die Grenzen der politischen Machtszenarien aus Hollywood
John Wayne und die US-amerikanische Revolution: Über Gründungsmythen und das Recht auf Gewalttätigkeit. Willkürlicher Liberalismus
  • Blutrünstige Pioniere und Patrioten
  • Ronald Reagan hat "Rambo" auch schon gesehen
  • Christlicher Fundamentalismus
  • Unschuldskomplex und Todesstrafe
  • Michael Moore - Ein "unbewaffneter US-Amerikaner" schlägt zurück
Die Rückkehr des Zweiten Weltkrieges ins US-Kino
  • Weichzeichnung und instrumentalisierte Erinnerung
  • Der deutsche Faschismus als Spiegel und Chiffre für Unmenschlichkeit
  • Memphis Belle (1990): Die größte Luftschlacht der Geschichte als Kulisse für sportliche Rekrutenwerbung
  • Der beste aller Kriege - Die Befreiung von Tyrannei und Unterdrückung
  • Pearl Harbor (2001): Aufrüstung zur unterhaltenden Staatskunst
  • Nachtrag: Hiroshima und Nagasaki - Das große Tabu
Der "neue" Vietnam-Film: Wir waren Helden!
  • Die Geschichte muss korrigiert werden
  • The Green Berets (1968): Ein Klassiker, über den Präsident Johnson gut unterrichtet ist
  • Hamburger Hill (1987): Die US-Soldaten wurden verraten, noch bevor man sie zu Hackfleisch machte
  • My Father, My Son (1988): Wie schädlich ist Agent Orange?
  • Flight Of The Intruder (1989): Hollywood und Pentagon bringen Nixons Bombenteppiche rechtzeitig zum Golfkrieg ganz anders auf die Leinwand
  • Forrest Gump (1994): US-Amerika lernt, die Welt wieder mit unschuldigen Augen zu sehen
  • We Were Soldiers (2001): Subventionierter Heldenmythos in Zeiten einer neuen Militärdoktrin
Ehrenmänner und Windflüsterer: Multiethnische Werbung für die U.S. Army
  • Top Gun (1985) und Probleme für das Rekrutierungskino
  • The Tuskegee Airmen (1995)
  • Men Of Honor (2000)
  • Windtalkers (2002)
  • Antwone Fisher (2003)
Re-Inszenierungen: Militärschauplätze der neunziger Jahre auf der Kinoleinwand
  • Das Ende des Kalten Krieges, das Fehlen "geeigneter Schurken" und Agent 007
  • Courage Under Fire (1996): Was bedeutete im Golfkrieg 1991 Mut?
  • Black Hawk Down (2001): Was wäre die UNO in Somalia ohne die U.S. Army?
  • Im Fadenkreuz (2001): Moderne Weltpolizisten und Nazijagd in Bosnien
  • Collateral Damage (2001): Zeit für Vergeltung in Kolumbien
  • Tears Of The Sun (2003): Krokodilstränen für Afrika
Was bringt gute Patrioten vor ein Militärgericht? - Hollywoods Regeln für Straßenkampf und internationale Strafgerichtsbarkeit
  • Die große Schlacht zwischen Gut und Böse: Endzeitmythen, Sternenbanner und Star Wars
  • Die apokalyptischen Propheten der "Christian Right" und ihre Umkehrung der biblischen Enthüllungsvision
  • Das Ende aller Tage: Die Jahrtausendwende entfesselt den Satan
  • Wie das Postamt der Vereinigten Staaten die Zivilisation wieder aufbaut
  • Star Wars und Independence Day
Die Technologie der USA rettet den ganzen Erdkreis? - Der Katastrophenfilm als Werbung für eine neue Atomwaffengeneration
  • Der Wunsch nach Mini Nukes und Erdpenetratoren
  • Armageddon (1998) und die NASA-Operation "Freedom for all Mankind"
  • Deep Impact (1998): "Konstruktion der kampfbereiten Nation"
  • The Core (2003): Worum es im Kern geht
  • The Day After Tomorrow (2004): Das Pentagon interessiert sich für Klimawandel und Ökologie
Kino der Angst: Verschwörer und Terroristen in Gottes eigenem Land
  • Innere Sicherheit, Paranoia und "hausgemachter" Terror
  • Conspiracy Theory: Die Welt als unbestimmte Verschwörung
  • Rechtsradikale im Kampf gegen Staat, Multikulturelle und Atheisten
  • Die Vereinigten Staaten als "Fight Club"
Die USA im Kampf gegen den Terror und das Böse in der Welt
  • Drehbücher für den Terror?
  • Welche historische und politische Perspektive gilt?
  • Der Heilige Krieg: Hollywood als Kulturkampf-Werkstatt
  • Under Siege (1986): Bomben auf Washington
  • True Lies (1993/94), Executive Decision (1995) und Airforce One (1996): Drei Varianten des vom Pentagon geförderten Terrorfilms
  • Ausnahmezustand (1998): Visionärer Vorgriff auf den Elften September und Bürgerrechtsfilm?
  • Welche Grenzen verträgt das Passwort "Freiheit"?
  • The Sum Of All Fears (2002): Ein CIA-Film über Atomterrorismus und Weltpolitik
  • Saving Jessica Lynch (2003) und Alexander der "Große": Die Antiterror-Kriege und das Kriegskino
War-Entertainment ist kein Naturereignis: Ergebnisse und politische Perspektiven
  • Logistik des massenkulturellen Krieges und Verbraucherschutz
  • Funktionen des kriegssubventionierenden Films
  • Klärungen zur "Naturalisierung" des Krieges und zum Kriegsfilm-Paradigma
  • Zivilisationskonsens und Recht stehen der massenkulturellen Propagierung des Krieges entgegenstehen
  • Medienmacht und Kultur für den Frieden
Anhang
  • Literaturbericht
  • Literaturverzeichnis
  • Filmografie (mit Seitenindex)


Umschlagtext

Wer dem Krieg wehren will, der darf die Macht der Bilder nicht unterschätzen. Bei Vorstellungen des populären Kinos fungiert das Pentagon als Produktionspartner. Staatlich genehme und geförderte Kunst flankiert die technologische Hochrüstung der Supermacht. Sie sehen als Zuschauer Re-Inszenierungen und Fiktionen, in denen der mörderische Kriegsapparat als normales Instrument zur "Problemlösung" erscheint. Wissen Sie, dass Leinwand, Videothek und Fernsehkanäle Ihnen die neuesten Militärplanungen schmackhaft machen sollen?

Die vorliegende Darstellung erschließt erstmals im Gesamtüberblick das US-Kriegskino der letzten zwanzig Jahre. Peter Bürger untersucht Hintergründe, Inhalte und Funktionen der militaristischen "Unterhaltung" aus Hollywood. Er richtet den Blick auch über das Kriegsfilm-Genre hinaus. Massenkulturelle "Botschafter der Angst" verstärken paranoide und endzeitliche Gestimmtheiten. Sie produzieren Ohnmacht und eine Bereitschaft, irrationale Gewaltkonzepte zu dulden.

Krieg und War-Entertainment sind keine Naturereignisse. Internationales Recht und Zivilisationskonsens stehen der unterhaltsamen Kriegspropaganda entgegen. Doch wie kann sich die Gesellschaft gegen das geistige und kulturelle Diktat der Bellizisten zur Wehr setzen? Wer die Strategien kriegsfördernder Filme durchschauen möchte und Antworten auf diese Überlebensfrage sucht, kommt an diesem Buch nicht vorbei. Friedensbewegte Leser, Globalisierungskritiker, Konfliktforscher, Filmwissenschaftler, Medienpädagogen, Jugendschutzgremien, Juristen und Kulturschaffende werden ermutigt, die Macht der Kriegsmythen zu durchkreuzen.



Rezension von Barbara Riedl, Mitteilungen der Lektoratskooperation für öffentliche Bibliotheken (10/05)

Der Theologe, Publizist und Pazifist (zuletzt „Napalm am Morgen“, über Vietnam im Kriegsfilm ...) präsentiert hier eine im deutschsprachigen Raum einmalige Studie der kriegspropagandistischen US-Filme der letzten 20 Jahre. Macht brauche Mythen, und Hollywood sei der Mythentempel des Empire. Nach dem identitätsstiftenden Mythos schlechthin „Gut gegen Böse“, der schon die Westernfilme prägte, präsentierten sich die USA auch heute auf der Bühne der Weltgeschichte wie im Film. Mitunter zeigten Filme vorausschauend verblüffende Parallelen zur Wirklichkeit auf ... Das inhaltsschwere Buch ist eine Fundgrube nicht nur für Filmfreunde und Friedensforscher, sondern wegen seiner ausführlichen Bezugnahme zum jeweiligen politisch-historischen Kontext auch für diesbezügliche Interessenten. Gut gegliedert, mit vielen Anmerkungen nach den Kapiteln, Literaturverzeichnis, alphabetischer Filmografie ... für größere Bibliotheken unverzichtbar.



Rezension von Wolfgang Kuhlmann, Düsseldorf (FriedensTreiberAgentur)

Kino der Angst - eine umfassende Studie über kriegssubventionierende US-Spielfilme und über Gegenstrategien zum kulturellen Diktat der Bellizisten

Nach seiner jüngsten Buchveröffentlichung "Napalm am Morgen" (2004) über den kriegskritischen Vietnamfilm [www.napalm-am-morgen.de] hat der Düsseldorfer Publizist Peter Bürger nun eine 630 Seiten starke Studie über kriegspropagandistische US-Filme seit der zweiten Hälfte der 80er Jahre abgeschlossen. Eine vergleichbare Darstellung dieses Gegenstandes liegt in der deutschsprachigen Literatur nicht vor. Der Titel: "Kino der Angst - Terror, Krieg und Staatskunst aus Hollywood". Es handelt sich dabei nicht um eine filmästhetische Betrachtung, sondern um einen Beitrag zur Friedensforschung. Der Focus richtet sich vor allem auf den politischen "Drehbuchtext". Die Filmografie enthält mehr als 600 Titel, von denen der Autor über 400 für seine Untersuchung selbst gesichtet hat. Erhellt werden soll u.a. die "schwarze Magie" des Kriegskinos, die Millionen Tote auf das Format melodramatischer Zweikämpfe reduziert und die Geschichte der Massenvernichtung auf der Leinwand - zugunsten aktueller Begehrlichkeiten - umschreibt. Vom Leser wird nicht erwartet, das umfangreiche Material selbst zu erleiden. Die Filminhalte werden gut nachvollziehbar vermittelt und innerhalb des jeweiligen historisch-politischen Kontextes analysiert.

Das Militär führt Regie im Kriegskino

Bürger geht aus von Kants "realistischer Konzeption des demokratischen Frieden" und von der völkerrechtlich verbindlichen Verpflichtung zum Verbot "jeder Kriegspropaganda" (Kapitel I). Die USA verweisen an dieser Stelle scheinheilig auf uneingeschränkte Meinungsfreiheit, fördern jedoch als Staat selbst propagandistische Kriegsfilmproduktionen. Den entsprechenden Aktivitäten des US-Verteidigungsministeriums im unterhaltsamen Filmgeschäft gilt das Hauptaugenmerk des Buches. Sie bestimmen seit Ende der 80er Jahre das Kriegskino, bleiben dem Publikum jedoch weitgehend verborgen. Mächtige Bilderproduzenten und Medienmonopole fördern darüber hinaus in allen Genres ein massenkulturelles Kriegsklima.

Militainment, Kriegsunterstützende Polit-Spielfilme und USA-Mythen

Im Überblick (Kapitel II) erfährt der Leser Grundlegendes über die neuere Arbeitsweise der Informationsmedien zu Kriegszeiten, über die Kooperation von Pentagon und Unterhaltungsindustrie sowie über den Zusammenhang von Militainment-Produkten und futuristischer Militärtechnologie (virtueller Krieg am Bildschirm; Simulationen im PC-Spiel; utopische Fiktionen über den kontrollierbaren Krieg; militärische Allmachtsphantasien).

Ein eigener Durchgang (Kapitel III) ist dem "militärisch-industriellen Komplex" und der politischen Elite gewidmet. Gezeigt wird, dass der neuere Polit-Spielfilm aus Hollywood mit sehr wenigen Ausnahmen das Phänomen der Macht unkritischer behandelt als namhafte US-Klassiker aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Weltweit vertriebene Kino-Mythen rekonstruieren die Geschichte der Supermacht als Fortschritt durch Gewaltausübung (Kapitel IV): US-Revolution, Bürgerkrieg, Eroberung des Westens usw.. Private Bewaffnung gilt als Grundrecht. Dem staatlichen Konzept der Todesstrafe für das "schuldige" Individuum steht auf kollektiver Ebene ein Unschuldskomplex der US-amerikanischen Nation gegenüber. In diesem Zusammenhang werden auch religiöse Dimensionen sichtbar, die Bürger - der von Haus aus Theologe ist - zum Anlass nimmt, das fundamentalistische Christentum in den Vereinigten Staaten kritisch zu beleuchten.

Re-Inzenierungen von Kriegsschauplätzen, Rekrutierungskino und Kriegsgerichtsdramen

In drei Kapiteln untersucht der Verfasser im Anschluss daran die "Rückkehr des Zweiten Weltkrieges ins US-Kino" und den Übergang vom Befreiungspathos hin zur offenen Propagierung von Rache (Kapitel V), den "neuen" Vietnamfilm als unschuldigen Blick auf die Geschichte und als Bühne für ein zeitloses Heldentum (Kapitel VI), sowie die Re-Inszenierungen von Militäroperationen der 90er Jahre unter dem Gesichtspunkt eines "humanitär" geleiteten Weltpolizistentums (Kapitel VIII). Im Grunde werden in diesen Kapiteln drei eigenständige Filmstudien vorgelegt. Im Rekrutierungskino (Kapitel VII) richtet sich die Werbung für die US-Streitkräfte in auffälliger Weise an "ethnische Minderheiten". Vom Pentagon geförderte Filme über Kriegsgerichtsbarkeit (Kapitel IX) vermitteln dem Publikum bereits im Jahr 2000 neue "Normen" für Gefechte in einer arabischen Stadt und für den Umgang mit dem internationalen Recht. Auf der Leinwand werden regierungsfreundliche "Spielregeln" propagiert, die Zivilopfer und harte Verhörmethoden als unvermeidlich darstellen. Entsprechende Kriegsgerichtsdramen prägen das öffentliche Rechtsempfinden und kommen z.B. auch im deutschen Privatfernsehen zur Ausstrahlung.

Apokalypsen, Atomwaffenwerbung und Antiterrorkriege

Apokalyptische Filmbilder behandelt die Arbeit in zwei Durchgängen. Zunächst modellieren irrationale Endzeitmythen und Star-Wars-Fiktionen eine zivilisatorische Mission der USA im Kampf zwischen Gut und Böse, wobei das gesamte Weltall als potentieller Schauplatz ins Visier kommt (Kapitel X). Religiös verbrämte Endzeit-Szenarien gehören zur Jahrtausendwende längst zum festen Kino-Repertoire und transportieren ein gefährliches Weltbild. Mehrere vom Pentagon subventionierte Katastrophenfilme der 90er Jahre deutet Peter Bürger als vorauseilende Werbung für eine neue Atomwaffenwaffengeneration (Kapitel XI). Suggeriert wird zum Beispiel, nukleare Erdpenetratoren seien ungefährlich und für zivile Operationen der Weltrettung - unter Führung der Vereinigten Staaten - unerlässlich.

Im US-amerikanischen "Kino der Angst" (Kapitel XII) fungieren Terror und Krieg als zentrale Motive bei der Beschreibung innenpolitischer Konflikte und Problemlösungen. Kulturkampf-Inhalte, die einen globalen "Krieg gegen den Terror" vorbereiten (Kapitel XIII), sind bereits in Filmen der 80er Jahre populär. Für "Nine Eleven"-Forscher wird umfangreiches Kinomaterial aufbereitet. (Zu Spekulationen über den Hergang der Terroranschläge erfolgt im Buch jedoch keine eigene Stellungnahme.) Historische und theologische Überlegungen gelten der neuen Islamophobie. Die Beobachtungen zu "kooperativen" Programmplanungen des US-Kinos zeitgleich zu den Kriegen in Afghanistan und im Irak sind verblüffend.

Ideologische Funktionen des Kriegskinos und medienpolitische Alternativen für den Frieden

Weil der massenkulturelle Krieg auf der Leinwand kein schicksalhaftes Naturereignis ist, möchte der Autor abschließend politische Perspektiven und - im Sinne Brechts - eine "praktikable Wahrheit" aufzeigen (Kapitel XIV). Gegen die verdeckte Beteiligung von Militär und Rüstungsindustrie an Kriegsfilmproduktionen macht er u.a. die Kategorie des gesetzlichen Verbraucherschutzes geltend. Während heute mit Begriffen wie "Medienpädagogik" oder "Medienkompetenz" vor allem auf subjektive Rezeptionsbedingungen geschaut wird (Konsumentenseite), konzentriert sich Peter Bürger bewusst auf die Produzenten (Anbieterseite). Forschungen zum Phänomen des War-Entertainment und alternative Produktinformationen erfordern seiner Ansicht nach eine bessere - auch internationale - Vernetzung. Wichtige Schritte der Medienbeobachtung könnten schon im Rahmen bestehender Infrastrukturen (z.B. kirchliche Medieninstitute) erfolgen.

In zwölf Einzelabschnitten werden ideologische Funktionen des kriegsunterstützenden Films entlang des umfangreichen Materials als Ergebnis festgehalten. Bürger befürchtet, dass "neoliberale" Kulturmacher Klärungen zum Kriegsfilm-Paradigma, die Siegfried Kracauer im Grunde schon vor 75 Jahren vorgelegt hat, Schritt für Schritt einer Revision unterziehen. Deshalb widmet er insbesondere den "Naturalisierungsstrategien" von Kriegsbildproduzenten und den scheinheiligen Fürsprechern einer von Moralismus noch unverdorbenen Ästhetik ausführliche Betrachtungen. Bei der Behandlung rechtlicher Bestimmungen, die einer massenkulturellen Propagierung des Krieges entgegenstehen, liegt ein Schwerpunkt auf der Praxis des Jugendmedienschutzes. Bedeutsamer als die vielfältigen Wirkungshypothesen zu Mediengewaltdarstellungen ist in diesem Kontext der politisch-ideologische Rahmen von Filmen und Computerspielen.

Bürger billigt restriktiven Strategien und Einzelverboten - zumal im Zeitalter der Satellitenkommunikation - keine großen Erfolgsaussichten zu. Deshalb stellt der letzte Abschnitt die Frage, ob die Politik zumindest in Europa eine demokratische Medienmachtkontrolle wünscht und gewillt ist, eine Weltbürger-Kultur zu fördern, die gemäß UNESCO-Ideal den Frieden im Geist der Menschen verankert.

Der Anhang der Studie enthält zunächst einen Literaturbericht zu zwei neueren US-amerikanischen Publikationen über die Kooperation des Pentagons bei Filmproduktionen und zu einer 2004 erschienenen historischen Darstellung über die "Visualisierung des modernen Krieges" von Gerhard Paul. Dem Literaturverzeichnis folgt die umfangreiche Filmografie, in der zu jedem Titel ein Seitenindex beigegeben ist.

Wer dem Einfluss der laufenden Kriegsbilder auf die Zivilgesellschaft entgegenarbeiten will, dem bietet diese Arbeit eine gründliche Orientierung. Erstmalig wird das US-Kriegskino der letzten zwanzig Jahre in einer Gesamtsicht dargestellt. Friedensbewegung, Globalisierungskritik, Konfliktforschung, Filmwissenschaft, Medienpädagogik, Jugendschutzgremien und Rechtswissenschaften können von dieser Studie profitieren. Wie kann die Propagierung von Militärdoktrinen im Kriegsfilm öffentlich transparent und eingegrenzt werden? In seiner Antwort auf diese Frage unterbreitet der Autor konkrete Vorschläge, die Filmschaffende und politisch Verantwortliche zum Handeln herausfordern.



Rezension von Marcus Stiglegger, film-dienst 19/2005

Filmliteratur und Politik - ein wenig gepflegtes Thema in einer ohnehin nicht sehr günstigen Zeit für anspruchsvolle Filmpublizistik. Umso erstaunlicher ist das Wagnis, das der Theologe und Friedensaktivist Peter Bürger mit seinem Werk eingeht. Es führt einen der wesentlichen Aspekte des Gegenwartskinos umfassend vor Augen: den Zusammenhang zwischen Filmproduktion und Politik - weit über den von Paul Virilios Vergleich von "Krieg und Kino" hinaus. In seinen akribisch nachgewiesenen Ausführungen entpuppt sich das Hollywood-Kino auch an unerwarteten Stellen als effektive Propagandamaschinerie, die hilft, Kriege vorzubereiten, zu begründen und am Ende sogar die entstandenen Schäden zu verarbeiten.

Bürger ordnet seine filmsoziologische Studie nach unterschiedlichen Themenkomplexen. In der Einleitung thematisiert er die Macht des Kinos, Mythen zu affirmieren und zu generieren. Das erste Kapitel liefert den ethischen Überbau: die Darstellung völkerrechtlicher Verbindlichkeiten, die gerade in den Kriegen der letzten Jahre systematisch unterhöhlt werden. "Kultur des Todes" knüpft dann an Virilios Studie über den Zusammenhang zwischen Informationsmedien und Krieg an, wobei ein weiterführendes Augenmerk der Ego-Shooter-Ästhetik der letzten Jahre zukommt. Das dritte Kapitel, "Hollywood und der Weg zur Macht", setzt ganz oben in der Hierarchie an: in den Schaltzentralen des Krieges und wie diese filmisch simuliert werden. Hier konstatiert er noch kritische Stimmen ("Wag the Dog", "Bulworth"), während er im folgenden Abschnitt umgehend die reaktionären Gründungsmythen der USA thematisiert: "John Wayne und die US-amerikanische Revolution". Wie die US-Intervention im Zweiten Weltkrieg als "gerechter Krieg" auf die Leinwand zurückkehrte ("Der Soldat James Ryan"), zeigt Bürger in aller Ambivalenz. Einige Thesen seines Buchs "Napalm am Morgen" (1994) tauchen im vierten Kapitel auf: "Wir waren Helden!" zeigt die mangelnde Differenziertheit des amerikanischen Vietnam-Kinos. In "Ehrenmänner und Windflüsterer" analysiert Bürger Filme, die er als ungeschminkte Rekrutierungswerbung für die Streitkräfte wertet: "Top Gun" (1985) und "Windtalkers" (2002) - teures, schamloses Propaganda-Kino. Die Kriegsschauplätze der 1990er-Jahre bespricht er am Beispiel von "Black Hawk Down" (2001), "Die Tränen der Sonne" (2003) und anderen, teils revisionistischen Werken. Vor allem der latente Rassismus in der Zeichnung des Feindbildes wird deutlich. Ein besonders trauriges und streitbares Kapitel der US-Kriegspolitik ist der Umgang mit der internationalen Strafgerichtsbarkeit - und auch hier findet Bürger unsubtile Apologien ("Sekunden der Entscheidung", 2000). Wie die neue Kriegspropaganda auf andere Genres übergreift, zeigt das Kapitel "Die große Schlacht zwischen Gut und Böse", in dem die reaktionären Tendenzen der "Star Wars"-Saga bloßgestellt werden; auch der Katastrophenfilm ist zu diesen Zwecken nutzbar. Was anhand der Filme Oliver Stones immer wieder anklang, wird im Kapitel "Kino der Angst" ausgeführt, das auf die beliebten Verschwörungstheorien des Kinos zu sprechen kommt, während das letzte Kapitel "Die USA im Kampf gegen den Terror und das Böse in der Welt" beschreibt, wie die Bush-Administration ihren "Heiligen Krieg" erklärte und Hollywood diese fundamentalistisch-ideologischen Aspekte in trivialem Kontext reflektiert.

Der Abschluss ist ein ethisches Plädoyer: Noch einmal lässt Bürger die fatalen Mechanismen des vom Pentagon geförderten Kinos Revue passieren und umreißt die "Funktion des kriegssubventionierten Films", der eine "Ikonographie der globalen Vorherrschaft" im Bewusstsein der Medienkonsumenten etabliere. In diesem Kontext betont er die erstaunliche Tatsache, "dass zahlreiche kriegssubventionierte Filme eine Altersfreigabe von 12 Jahren aufweisen". Durch seine streng aufklärerische Perspektive kommt Bürger zu interessanten Neubewertungen von zum Teil anerkannten Filmen. So entlarvt er das Vietnam-Drama "Hamburger Hill" (1988) als nur vorgeblich kritische Militärapologie über den "verratenen einfachen Soldaten", und zeigt an William Friedkins "Sekunden der Entscheidung" die ideologische Verzerrung in der Darstellung anderer Kulturen auf. Dabei zitiert er ausgiebig haarsträubende affirmative Kommentare von Friedkin zur amerikanischen Kriegspolitik. Auch an unerwarteten Stellen kommt er zu erstaunlichen Ergebnissen. So verweist er darauf, dass der Historien- und Fantasy-Film gegenwärtig mehr denn je von der Dramaturgie seiner Schlachten bestimmt wird, was von "Braveheart" über "Troja" bis zu "Königreich der Himmel" umgehend einleuchtet. Interessant wird es im Kleinen: "Bezeichnend ist nun, dass in der bellizistisch verstärkten Hollywood-Version von ,Lord of the Rings I-III' [...] jede Spur von Tom Bombadil getilgt ist. In der dreiteiligen Verfilmung mit einer Mammutlänge von insgesamt acht Stunden hat man das einzige Modell der literarischen Vorlage, das die Macht im nachfolgenden ,Zeitalter der Menschen' entmachten könnte, nicht einmal mit einer kurzen Szene gewürdigt". Bürger belegt an solchen Stellen, dass nicht nur der vom Pentagon unterstützte Kriegsfilm eine Akzeptanz von Macht- und Kriegspolitik betreibt, die dem Publikum auch einen Angriffs- oder "Präventivkrieg" als legitimes Mittel der "Staatskunst" schmackhaft machen möchte. Fans von Kultfilmreihen wie "Der Herr der Ringe" oder "Star Wars" könnten dieses Buch durchaus als desillusionierend erfahren. Es ist deutlich politisch gedacht, erschöpft sich dabei nie in Polemik oder Ironie, bleibt ernsthaft und deutlich. Der klare publizistische Stil und die Aufarbeitung aller verfügbaren Informationen sowie gelegentliche Wiederholung wichtiger Fakten machen es zu einer belebenden Lektüre, die zahlreiche Diskussionsargumente im Rahmen einer europäischen Friedensbewegung liefert. Neben erstaunlichen Fakten und Erkenntnissen ist es auch genau diese Faktenfülle, die das Buch im Rahmen einer Diskussion von Krieg und Kino unverzichtbar macht.


Weitere Rezension:
Ein Feuerwerk der Dummheit und Geschichtslosigkeit
Über den am 6.1.2006 in der ARD ausgestrahlten Film 'Rendezvous mit dem Tod: Kennedy und Castro' von Wilfried Huismann und Gus Russo über den Mord an John F. Kennedy und die Beziehung zwischen dem angeblichen Mörder Lee Harvey Oswald und Kubas Präsident Fidel Castro, 18.1.2006

Alle Rezensionen im Überblick:
Fichtners September-Lüge
Andreas Neumann über den Artikel 'Mythen - Die September-Lüge' von Ullrich Fichtner im 'Spiegel', Ausgabe 42/2002
WDR-Fernsehen: "Aktenzeichen 11.9. ungelöst"
Über einen Film von Willy Brunner und Gerhard Wisnewski im WDR Fernsehen, 20.6.2003
Gerhard Wisnewski: "Operation 9/11 - Angriff auf den Globus"
Der 11. September: eine Verzweifelungstat - Über ein Buch von Gerhard Wisnewski, Knaur 2003
Bröckers/Hauß: "Fakten, Fälschungen und die unterdrückten Beweise des 11.9."
Anregung zum eigenen Denken - Über das Buch von Mathias Bröckers und Andreas Hauß, Zweitausendeins 2003
Eric Hufschmid: "Painful Questions - Schmerzhafte Fragen - Eine Analyse der Attacke vom 11. September"
Über die deutsche Ausgabe des Buches von Eric Hufschmid, August 2003
Andreas von Bülow: "Die CIA und der 11. September - Internationaler Terror und die Rolle der Geheimdienste"
Über das Buch von Andreas von Bülow, 2003
Panorama: 'Meisterwerk' der Manipulation
Über den Beitrag 'Juden, BKA und CIA - Absurde Verschwörungstheorien zum 11. September' in der ARD-Sendung 'Panorama' vom 21.8.2003
RadioEins: Amoklauf eines 'Top'-Journalisten
"Eins ist klar - der Mittwochskommentar mit Hans Leyendecker", Beitrag im Rahmen der Sendung 'Der schöne Morgen' in RadioEins am 27.8.2003
Monitor: "Irak-Krieg und 11. September - Das Lügengebäude der US-Regierung"
Über den Fernsehbeitrag von Karin Führ, Georg Restle und John Goetz in der ARD-Sendung 'Monitor' vom 28.8.2003
Spiegel: Der Angriff auf die Köpfe wird intensiver
Über die 'Spiegel'-Titelgeschichte von Dominik Cziesche, Jürgen Dahlkamp, Ulrich Fichtner, Ulrich Jaeger, Gunther Latsch, Gisela Leske und Max F. Ruppert vom 8.9.2003
ARD: Maischberger als Baustein der Diffamierungskampagne
Über das Gespräch von Sandra Maischberger mit Andreas von Bülow in der ARD-Sendung 'Menschen bei Maischberger' am 9.9.2003
WDR-Fernsehen: Versuch der Demontage eines kritischen Journalisten
Über die Diskussionssendung 'Täuschung oder Wahrheit? - Verschwörungstheorien zum 11. September ' mit Gerhard Wisnewski, Hans Leyendecker und zahlreichen 'Experten' im WDR-Fernsehen am 10.9.2003
Panorama: Fortsetzung des 'Meisterwerks' der Manipulation
Über den Beitrag 'Hetze gegen PANORAMA - Reaktionen auf Beitrag über Verschwörungstheorien' von Volker Steinhoff in der ARD-Sendung 'Panorma' vom 11.9.2003
ARD: "Töten, wenn mein Land mich schickt"
Über ein aufschlußreiches Propagandawerk - über den Film '11. September - Die letzten Stunden im World Trade Center' von Gédéon Naudet und Jules Naudet - ausgestahlt von der ARD am 11.9.2003
arte: Die CIA und der 11. September
'Ein Krieg nach dem anderen' - Über die dritte Folge der arte-Sendereihe 'Die Geschichte der CIA' von William Karel - ausgestahlt am 22.10.2003
Spiegel-TV: Der Krieg der Medien im 21. Jahrhundert
Über den Beitrag 'Die Geständnisse der Terroristen - das geheime Propagandavideo der al-Qaida' in Spiegel-TV vom 26.10.2003
Spiegel: Phantome aus dem Off produzieren wertlose Geständnisse
Gerhard Wisnewski über die Spiegel-Titel-Story vom 27.10.2003
James Nachtwey mutiert zu Leni Riefenstahl
Der Fotograf James Nachtwey in 'Time' vom 29.12.2003 und in der gleichzeitig stattfindenden Ausstellung 'War Photographer' in Berlin
Als wäre er ein Produkt der CIA
Über den Film 'Bin Laden auf den Fersen' von Mohammed Sifaoui, ausgestrahlt am 16.2.2004 im WDR-Fernsehen im Rahmen der Sendereihe 'Die Story'
arte: Offener Aufruf zur Zensur
Über den arte-Themenabend von Daniel Leconte mit dem Titel 'Verschwörungstheorien - das jüngste Gerücht' mit der Sendung 'Der 11. September fand nicht statt' von Barbara Necek und Antoine Vitkine, ausgestrahlt am 13.4.2004
Gerhard Wisnewski: "Mythos 9/11 - Der Wahrheit auf der Spur"
Erdrückende Beweislast - über das zweite Buch von Gerhard Wisnewski in Sachen 11. September
Monitor: im Fahrwasser von SpiegelTV
Über den Beitrag 'Mit Computer und Kalaschnikov - Der heilige Krieg im Internet' von Asiem el Difraoui, Markus Schmidt und Markus Zeidler in der ARD-Sendung 'Monitor' vom 9.9.2004
Photokina: Einblicke in die Funktionsweise der Machtapparate
Eine Betrachtung zur Ausstellung über die Kriegsberichterstattung der Agentur VII im Rahmen der 'Visual Gallery', Photokina, Köln 2004
Gerhard Paul: Gespaltene Wahrnehmung
Über das Buch 'Bilder des Krieges - Krieg der Bilder' von Gerhard Paul
Monitor: Nicht Angegriffene bezeichnen sich als angegriffen und greifen an. Warum?
Über die Beiträge 'Kein Geld mehr für Arbeit gegen Rechtsextreme' und 'Bush-Anhänger: die unterdrückte Minderheit' im ARD-Magazin 'Monitor' vom 24.2.2005
Peter Bürger: "Kino der Angst. Terror, Krieg und Staatskunst aus Hollywood"
Über eine Studie der kriegspropagandistischen US-Filme der letzten 20 Jahre, erschienen 2005
Ein Feuerwerk der Dummheit und Geschichtslosigkeit
Über den am 6.1.2006 in der ARD ausgestrahlten Film 'Rendezvous mit dem Tod: Kennedy und Castro' von Wilfried Huismann und Gus Russo über den Mord an John F. Kennedy und die Beziehung zwischen dem angeblichen Mörder Lee Harvey Oswald und Kubas Präsident Fidel Castro, 18.1.2006
Horst Schäfer: "Im Fadenkreuz: Kuba"
Blockaden, Überfälle, Sabotageakte, Mordunternehmen und andere Terrorakte - über ein Buch von Horst Schäfer zur Politik der USA gegenüber Kuba, 22.1.2006
Eine Kraft aus dem Nichts - Schießbudenaufbau setzt physikalische Gesetze außer Kraft
Anmerkungen zur TV-Produktion 'Das Kennedy-Attentat - Neue Erkenntnisse', in deutsch ausgestrahlt bei n24 am 22.11.2004, produziert von 'Medstar Television' für 'Court TV' zum 40. Jahrestag des Mords an JFK (22.11.2003)
Das Wickert-Syndrom
Über einen Vorgang im Juni 2006 in Zusammenhang mit einer Rezension zum Film 'Flug 93'
Wider die ideologische Kontrolle
Norman G. Finkelstein und sein unfreiwilliger, hochaktueller Kommentar zu Israels neuem Krieg - Eine Betrachtung zu seinem 2006 in deutsch erschienenen Buch 'Antisemitismus als politische Waffe'
Protokoll des Grauens liefert brisantes Beweismaterial
Eine Analyse des Films 'Protokoll des Grauens' von Jonathan Towers über die Anschläge vom 11. September 2001, ausgestrahlt im ZDF am 17.8.2006
Nummer 7 - Make it happen on purpose
Wie am 5. Jahrestag des 11. September 2001 im Fernsehen über das World Trade Center Gebäude 7 berichtet wurde - mit dem Artikel 'Der erbitterte Streit um den 11. September' von Daniele Ganser
Geschichte aus dem Blickwinkel der Henker - oder Betrachtungen zum Holocaust
Eine Polemik anläßlich des Erscheinens der deutschen Ausgabe von Band 1 der 'Geschichte des amerikanischen Volkes' von Howard Zinn - 20.1.2007
Jürgen Elsässer: Auf den Pfaden der 9/11-Propaganda
Besprechung des Buches 'Wie der Dschihad nach Europa kam' von Jürgen Elsässer - 12.8.2007
Ein Buch, das mancher gerne vom Markt nehmen würde
Betrachtungen zu Gerhard Wisnewskis Buch 'Verschlußsache Terror. Wer die Welt mit Angst regiert' - 22.8.2007
Mythos und Wahrheit
Der 11. September zum sechsten Jahrestag im ZDF und ORF - 18.9.2007
Wenn die Leugnung der Nakba unter Strafe gestellt wäre
Gedanken zum Buch 'Die ethnische Säuberung Palästinas' von Ilan Pappe
Die Wiedergeburt der Claire Sterling
Zu einer Veröffentlichung von Regine Igel über Terrorismus und Geheimdienste in Ausgabe 10/07 der 'Blätter für deutsche und internationale Politik' - kritisch betrachtet
Mit Terror den Weg zu mehr Demokratie torpedieren
Zu einer Veröffentlichung von Regine Igel über Terrorismus und Geheimdienste in Ausgabe 10/07 der 'Blätter für deutsche und internationale Politik' - positiv betrachtet
9/11-Desinformation und der Weg nach Auschwitz
Antworten von Jürgen Elsässer auf kritische Fragen zu seinem Buch 'Terrorziel Europa'
Feindbild Haider zerstört
Betrachtung zu Schlüsselargumenten in Gerhard Wisnewskis Buch 'Jörg Haider - Unfall, Mord oder Attentat?' - von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann - 10.8.2009
Querfront als Blitzableiter
Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann zu den Artikeln, die unter dem Motto 'Wer stoppt die Querfront?' im Oktober 2010 in der Zeitschrift 'Geheim' erschienen sind - 16.11.2010
Was steckt hinter dem Oktoberfest-Attentat? Gladio?
Anmerkungen von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann zur arte-Sendung "Gladio - Geheimarmeen in Europa", ausgestrahlt am 16.2.2011