Israels Krieg im Nahen Osten |
Das 'Bekenntnis zu Israel' und die deutsche Staatsräson Angela Klein in der Sozialistischen Zeitung (SoZ), April 2009 Ein Hinweis in Duisburg-Hamborn auf die Kampagne «Boykott, Desinvestition, Sanktionen» des Weltsozialforums gegen Israel verursacht einen Skandal, der Wellen bis ins Karl-Liebknecht-Haus nach Berlin schlägt. Die WAZ meuchelt deswegen einen OB-Kandidaten der Linkspartei und keines von deren Bundesgremien versteht sich zu einer Solidaritätserklärung. Die Tatwaffe: Die Antisemitismuskeule. Währenddessen gehen in London 100000 Menschen gegen den Krieg in Gaza auf die Straße, ebenso in Istanbul, ebenso in Rom. In London startet ein Lkw-Konvoi mit Gütern für Gaza im Wert von mehreren Millionen Pfund Sterling, der auf seiner Route durch Frankreich, Spanien und Nordafrika ausdrücklich in historisch aufgeladenen Orten wie Guernica Station macht. In Brüssel wird ein hochkarätiges Internationales Russell-Tribunal gegen die Kriegsverbrechen Israels und dessen fortgesetzte Hinwegsetzung über das Völkerrecht und Missachtung der Menschenrechte einberufen. Überall auf der Welt löst Israels Verhalten große Empörung aus - nur in Deutschland duckt sich die Linke und leistet sich die Haltung: «In diesem Krieg ist es das Beste, wenn man keine Partei ergreift.» Diese Haltung findet sich nicht nur in der Partei DIE LINKE; sie findet sich auch bei «linksradikalen» Strömungen, die sich Antikapitalismus, Antimilitarismus und Antirassismus in großen Lettern auf die Fahne schreiben. Wer schweigt, stimmt zu. Krieg kennt keine Neutralität; wer sich ihm nicht entgegenstellt, lässt ihn geschehen. Macht sich mitschuldig an Mord und Kriegsverbrechen. Am Mitläufertum ihrer Eltern, am Wegducken vor dem Judenmord und den Kriegsverbrechen Nazideutschlands hat sich '68 eine ganze Generation politisiert: «Warum habt ihr damals geschwiegen?» Jetzt entdeckt die Linke die Tugenden des Weg-schauens. Was ist da passiert? Der Druck auf die Linke, sich jeder Israelkritik zu enthalten, ist groß. In verschiedenen Städten der BRD gab es im Zusammenhang mit den Demonstrationen gegen den Gazakrieg Bestrebungen, sie zu verbieten, wenn sich auch nur ein Transparent ähnlich drastisch gegenüber Israel äußerte, wie die Vietnamdemonstrationen der 60er und 70er Jahre gegenüber den USA. In den meisten Fällen bildeten Deutsche auf diesen Demonstrationen eine verschwindende Minderheit. Der Verweis auf die verbrecherische Politik Israels gegenüber den Palästinensern kann dabei oft gar kein Umdenken bewirken, weil sofort geantwortet wird: Eine grundsätzliche Kritik am kolonialen Charakter des Staates Israel und daran, dass er nur existieren kann, wenn er die Palästinenser vertreibt und vernichtet, ist Antisemitismus. «Antizionimus = Antisemitismus»: Dieses Gift haben große Teile der deutschen Linken geschluckt. Wer streut dieses Gift und warum? Gestreut wurde es seit Anbeginn der BRD namentlich von Israelfreunden wie Axel Cäsar Springer und seiner Presse. Die haben verstanden, dass reichlich Wiedergutmachungsgelder und privilegierte Beziehungen zum Kolonialstaat Israel für Deutschland, das den Krieg verloren hatte und international völlig isoliert war, die Chance war, außenpolitisch wieder rehabilitiert zu werden. Seit Anfang der 50er Jahre hat noch jede (west-)deutsche Bundesregierung versucht, sich seiner historischen Schuld gegenüber den Juden dadurch zu entledigen, dass sie Israel materiell und militärisch aufrüstete. Juden wurden gleichgesetzt mit Israel. Nicht großzügige Entschädigungszahlungen an die Opfer des Holocaust und ihre Nachkommen standen im Mittelpunkt der «Bewältigung der deutschen Schuld», sondern die guten Beziehungen zum israelischen Staat, und das hieß aus deutscher Sicht: die Gewinnung von außenpolitischem Spielraum. Das Nachvollziehen der US-amerikanischen Geopolitik war in den 50er Jahren das Tor zur Wiederbewaffnung, und ist seit den 90er Jahren der Türöffner dafür, dass Deutschland wieder Krieg führen darf. So ist das «Bekenntnis zu Israel» Teil der deutschen Staatsräson geworden, und die ist darauf ausgerichtet, dass Deutschland wieder eine Militärmacht von internationalem Rang wird. Die Anerkennung dieser Staatsräson widerspricht allen antimilitaristischen und antirassistischen Grundlagen linker Politik. Im außenpolitischen Kalkül sind die Juden hinter Israel verschwunden, die Menschen hinter dem Staat. Deswegen wird Antizionismus mit Antisemitismus gleichgesetzt. Wer diese Gleichung in Frage stellt, greift ein Fundament der Bundesrepublik Deutschland an. Eine Linke, die den imperialistischen Charakter Deutschlands versteht und bekämpft, macht sich von dieser Gleichung frei. Wenn sie freilich, wie das Forum Demokratischer Sozialisten und manch andere noch in der LINKEN nach Regierungsbeteiligung strebt, gehört diese Art «Bekenntnis zu Israel» zu den Stöckchen, über die sie springen muss, um «regierungsfähig» zu sein. Es ist kein Zufall, dass Gysis Rede zum 60. Jahrstag der Gründung Israels nicht nur ein solches Bekenntnis eingefordert, sondern zugleich den Antiimperialismus für obsolet erklärt hat. (SoZ-website: soz-plus.de) |
Weiterer Beitrag zum Thema Israel/Palästina: |
Nakba-Gedenken in Israel bald strafbar? Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann über den Versuch, die Erinnerung auszulöschen, 1.6.2009 |
Alle Beiträge zu Israel/Palästina im Überblick: |
Tagebuch Israel/Palästina Notizen zu Israels Krieg im Nahen Osten - insbesondere gegen die Bevölkerung Palästinas |
Eine schwarze Fahne Gideon Levy in der israelischen Tageszeitung Haaretz vom 9.7.2006 |
Wer hat begonnen? Gideon Levy in der israelischen Tageszeitung Haaretz vom 13.7.2006 |
Israels Kriegsführung gegen die (palästinensische) Infrastruktur Mike Whitney am 2.7.2006 auf der website 'Information Clearing House' |
Anhaltender Bomben-Terror Israels im Libanon ist keine Selbstverteidigung Offener Brief an die Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland Angelika Merkel, Beirut, 15.7.2006 |
Kriegsanlaß durch Israel provoziert? Über den 'Ausbruch' von Israels Krieg gegen den Libanon am 12. Juli 2006 |
"Wir erkennen den Staat Israel nicht länger an" Auszüge aus dem in 'Aftenposten' vom 5.8.2006 erschienenen Artikel 'Gottes auserwähltes Volk' von Jostein Gaarder |
Antideutsche: deutscher Ableger der Neocons Jürgen Elsässer in 'junge Welt' vom 2.8.2006 in einem Artikel mit dem Titel 'Alte Feinde, neue Feinde' |
Waffentest in Gaza Artikel von Andrea Bistrich und Interview mit Dr. Juma Al Saqqa, Facharzt für plastische Chirurgie und Sprecher des Schifa-Krankenhauses in Gaza-Stadt |
"Rain Man" Bericht von Lama Hourani aus Gaza City vom 17. Oktober 2006 |
Wolf Biermann und 'Die Zeit' mißbrauchen Stolpersteinkünstler Gunter Demnig Betrachtungen zu einem Artikel in der 'Zeit' vom 26. Oktober 2006 |
Mekka entgegen - Muss ein Indianer das Existenzrecht der Vereinigten Staaten anerkennen? Artikel von Uri Avnery, israelischer Friedensaktivist bei Gush Shalom, vom 17.2.2007 |
Eingemauerte sieht man nicht Deutsche Bischöfe sprechen in Israel von Berliner Mauer und Warschauer Ghetto |
Palästina wird von der Landkarte getilgt Flugblatt der Friedensbewegung zum 60. Jahrestag der UN-Entscheidung zur Teilung Palästinas |
Wenn die Leugnung der Nakba unter Strafe gestellt wäre Gedanken zum Buch 'Die ethnische Säuberung Palästinas' von Ilan Pappe - 12.12.2007 |
"Das machen wir selbst" Olympiade 1972 in München, 'Schwarzer September' und die Sabotage des Friedens |
"Erinnern ist nicht genug!" Interview mit der Holocaust-Überlebenden Hedy Epstein |
Das Wüten der Schlächter und die internationale Verantwortung Michael Warschawski, Alternative Information Center (AIC), 4. März 2008 |
Das Megagefängnis Palästina Ilan Pappe, israelischer Historiker, Vorsitzender der Geschichtsfakultät an der Universität Exeter, in 'The Electronic Intifada' vom 5. März 2008 |
Wir feiern Israels Geburtstag nicht Gemeinsamer Brief von über 100 prominenter britische Juden, veröffentlicht am 30. April 2008 im 'Guardian' |
Das gelobte Land? Obama, Emanuel und Israel John v. Whitbeck in 'Counterpunch' vom 7.11.2008 |
Eine bürgerliche Demokratie nur für Juden ist keine Demokratie Elias Davidsson im Interview mit Muslim-Markt, 2.8.2008 |
Eine Tasse Blut für die Bundeskanzlerin von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann am 2.1.2009 und vom Bundesverband Arbeiterfotografie am 4.1.2009 |
Hunderte protestieren in einem offenen Brief gegen Absetzung der Anne-Will-Sendung zum Thema Gaza Offener Brief an den ARD-Chefredakteur, den verantwortlichen Redakteur beim NDR und Anne Will |
'Kindermörder' Joachim Guilliard über die Dämonisierung der Hamas durch böswillig verzerrte Zitate - 7.2.2009 |
Gegen alle Regeln Norman Paech über Gaza und das Völkerrecht - veröffentlicht in 'junge Welt' vom 11.2.2009 |
Das 'Bekenntnis zu Israel' und die deutsche Staatsräson Angela Klein in der Sozialistischen Zeitung (SoZ), April 2009 |
Nakba-Gedenken in Israel bald strafbar? Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann über den Versuch, die Erinnerung auszulöschen, 1.6.2009 |
Protest gegen Israels Überfall auf Bil'in Offener Brief von Willi Übelherr vom 4.8.2009 an den Botschafter Israels in Deutschland |
Rechtsextreme Hetzjagd auf den Frankfurter Iman Sabahattin Türkyilmaz Betrachtungen zu einer von den Medien ausgelösten Kampagne - 27.2.2010 |
"Nicht länger schweigen, sondern intervenieren" Linke Israelis wenden sich mit einem offenen Brief an Die Linke in Deutschland - 27.3.2010 |
Zur offiziellen Anerkennung Israels Textentwurf für eine Erklärung zur gemeinsamen Unterzeichnung durch Islamische Vereine und die zuständige Stadtverwaltung - von Yavuz Özoguz - 12.11.2010 |
Stuttgarter Erklärung "Gleichheit – oder nichts" (Edward W. Said) Schlussdokument der Palästina-Solidaritätskonferenz „Getrennte Vergangenheit - Gemeinsame Zukunft“ - Stuttgart, 26.-28.11.2010 |
"Feigheit vor dem Freund" Kommentar von Evelyn Hecht-Galinski, 4.1.2011 |
Ausverkauf der Vichy-Regierung in Ramallah Kommentar von Evelyn Hecht-Galinski, 27.1.2011 |
Etwas ist faul im Apartheidstaate Israel – Keine Inszenierung für den Apartheidstaat! Offener Brief im Rahmen der BDS-Kampagne an das Berliner Theater 'Schaubühne' vom 2.5.2011 |
Israel mordet mit großer Vorsicht und Präzision! Kommentar von Evelyn Hecht-Galinski vom 21.3.2012 |
Kampf der Opfer gegen die Tätersicht Ausstellung „Die Nakba – Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1948“ in Köln - 15.6.2012 |
Stoppt den zionistischen Siegeszug des Antisemitismus Rede von Joseph Massad, gehalten am 10.5.2013 im Rahmen der zweiten Palästina-Solidaritätskonferenz in Stuttgart |
Rassismus - Nicht in unserem Namen Protestaufruf der 'Jüdischen Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost' anläßlich des 3. Deutschen Israel-Kongresses, Berlin, 10.11.2013 |
Michael, gib den Preis zurück! Offener Brief des Bundesverbands Arbeiterfotografie an DGB-Chef Michael Sommer wegen dessen Auszeichnung im Rahmen des 3. Deutschen Israel-Kongresses, 15.11.2013 |
Song for Gaza Aus Anlaß der völkerrechtswidrigen israelischen Militär-Operation »Zuk Eitan« (Fester Felsen) gegen GAZA im Juli 2014 |
Das Massaker in Gaza beenden Offener Brief des Bundesverbands Arbeiterfotografie an die Repräsentanten des Staates Israel und seine Unterstützer, 11.8.2014 |
Gegen die Stützung von Rassismus und Kriegsverbrechen Offener Brief an Gregor Gysi, Petra Pau, Volker Beck, Reinhold Robbe und die Leitung der Volksbühne, 12.11.2014 |
Warum ich Gregor Gysi zur Rede stellen wollte Stellungnahme eines in Israel lebenden Juden, von David Sheen, 13.11.2014 |
Wenn Rechte sich als Linke tarnen Offener Brief an die Unterstützer von Rassismus und Kriegsverbrechen, von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann, 19.11.2014 |