Drohender Kriegsschauplatz Iran
Die Strategie des bösen Spiels
'Report Mainz' konstruiert Ahmadinedschad-NPD-Bezug - Sendung vom 10.12.2007

Am 10. Dezember 2007 hat das ARD-Fernsehen in seiner vom Südwest-Rundfunk (SWR) produzierten Sendung 'Report Mainz' einen Beitrag ausgestrahlt, dessen Funktion darin besteht, den iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad mit der deutschen 'rechten' Szene in Verbindung zu bringen und damit ein weiteres Mal am Bau des Iran-Feindbildes mitzuwirken.

Im Report-Beitrag mit dem Titel 'Antisemitismus und Schwulenhass - NPD-Funktionäre reden Klartext' (swr.de/report) wird der iranische Präsident von Autor Thomas Reutter als "international isolierter Holocaust-Leugner" bezeichnet. Über Äußerungen des NPD-Parteivorsitzenden Udo Voigt und dessen Stellvertreter Sascha Roßmüller konstruiert der Report-Beitrag eine Situation, die die geistige Nähe des iranischen Präsidenten zur NPD suggerieren soll.

Kommentarlos wird dem NPD-Parteivorsitzenden Udo Voigt - für die Kamera gut sichtbar - ein Bild des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad überreicht - und Udo Voigt lächelt

Der Report-Beitrag wird mit folgender Moderation eingeleitet: "Und wir Journalisten? Wir haben aufzuklären, was die NPD will. Das aber ist schwer, denn die reden selten mit uns. Für die NPD sind wir meist nur 'Hetzer'. Wenn aber iranische Journalisten kommen, um ein Interview zu führen, dann werden sie mit offenen Armen empfangen. Sozusagen als Abgesandte des iranischen Präsidenten und Holocaust-Leugners Ahmadinedschad persönlich. Da wird dann munter über Homosexuelle schwadroniert, und dass der Iran ein prima Bündnispartner wäre." 'Report' erweckt den Anschein, als ginge es um die Überführung der NPD als verfassungsfeindliche Partei. Tatsächlich geht es aber um etwas ganz anderes: das Feindbild Iran.

Dem NPD-Parteivorsitzenden Udo Voigt kommt die Funktion zu, etwas zu äußern, was nach Holocaust-Leugnung riecht. Er sagt: "Die sechs Millionen kann nicht stimmen. Es kann maximal 340.000 in Auschwitz umgekommen sein. [...] es ist natürlich ein Unterschied, ob wir für sechs Millionen zahlen oder für 340.000." Ob das juristisch betrachtet tatsächlich eine Leugnung des Holocaust darstellt oder ob die Formulierung dafür zu verklausuliert ist, ist eine andere Frage.

Dem stellvertretenden NPD-Parteivorsitzenden Sascha Roßmüller fällt dann die Rolle zu, den iranischen Präsidenten als Bündnisparter der NPD hinzustellen: "Ich hoffe auf zwei Dinge: Zum einen, dass die NPD machtpolitische Gestaltungsmöglichkeiten in naher Zukunft in Deutschland bekommen wird, und dann immer noch Herr Ahmadinedschad als potentieller Bündnispartner für ein neues Deutschland zur Verfügung stehen wird."

Thomas Reutter, Autor des Beitrags, verstärkt den beabsichtigten Eindruck, indem er diese Äußerung bezogen auf den iranischen Präsidenten wie folgt kommentiert: "Ein international isolierter Holocaust-Leugner als Bündnispartner für Deutschland."

Und der SWR sorgt für zusätzliche Verbreitung der Feindbild transportierenden Botschaft mittels einer Pressemeldung am Nachmittag vor der Ausstrahlung der Sendung, über die es heißt: "Darin bittet der NPD-Funktionär [Sascha Roßmüller] den iranischen Präsidenten Ahmadinedschad um finanzielle Unterstützung für die NPD. [...] Rossmüller äußert außerdem im Interview die Hoffnung, dass Ahmadinedschad als 'Bündnispartner für ein neues Deutschland zur Verfügung stehen wird'." (swr.de/report)

Mittels der Pressemeldung ist dafür gesorgt, daß die beabsichtigte Wirkung nicht nur auf die Fernsehzuschauer beschränkt bleibt. 'tagesschau.de' verbreitet bereits während der Sendung: "Voigts Stellvertreter Sascha Roßmüller schließlich bat Irans Präsidenten Machmud Ahmadinedschad gar um Spenden für seine finanziell arg gebeutelte Partei. [...] er hoffe, dass Ahmadinedschad als 'Bündnispartner für ein neues Deutschland zur Verfügung stehen wird'." Und endet mit der bekannten, bereits tausendfach wiederholten Falschmeldung: "Ahmadinendschad hatte Israel in der Vergangenheit mehrfach mit der Vernichtung gedroht und den Holocaust geleugnet." (tagesschau.de)

Auch darüber hinaus findet die Botschaft Verbreitung, z.B. in einer AFP-Meldung und darauf Bezug nehmend am folgenden Tag in der 'Welt'. (welt.de) Eine weitere Möglichkeit, die Botschaft in der Öffentlichkeit zu verbreiten, liefert der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Sebastian Edathy (SPD), indem er Strafanzeige wegen Leugnung des Holocausts erstattet. Auch in Artikeln, die diesen Vorgang thematisieren, bietet sich die Gelegenheit, beiläufig den iranischen Präsidenten als Bündnispartner der 'Rechten' ins Gespräch zu bringen, z.B. im 'Tagesspiegel'. (tagesspiegel.de)

Es gibt eine Reihe von Fragen, die der Beitrag nicht beantwortet: Wer sind die 'iranischen' Journalisten'? Wie ist das Material der 'iranischen' Journalisten in die Hände von 'Report Mainz' gefallen? Wer hat den 'iranischen' Journalisten den Auftrag gegeben? Sind es tatsächlich 'iranische' Journalisten, die die Interviews führen? Zu sehen ist von den Interviewern niemand.

Das Ganze könnte ein abgekartetes Spiel sein. Wäre dem so, stellt sich die Frage: Wer sind die Koordinatoren des Spiels? Und wer sind die Mitspieler? Die 'iranischen' Journalisten? Oder die Report-Redaktion? Oder die NPD-Vertreter? Oder alle zusammen? Denkbar wäre es, daß alle Beteiligten mehr oder weniger eingeweiht waren. Nur die Zuschauer nicht. Angenommen, es wäre tatsächlich ein derart böses Spiel, darf es natürlich nicht auffliegen.

Wer könnte sich ein derartiges Spiel ausgedacht haben? Wir erinnern uns an die fingierte Brutkasten-Story der PR-Agentur Hill&Knowlton, die ein wesentlicher Auslöser des Irak-Krieges 1991 war (siehe dazu Fotografie zwischen Beweis und Desinformation). Oder wir denken daran, daß der Chef von Saatchi & Saatchi, Kevin Roberts, am 9. März 2005 eingeladen war, um in New York vor Vertretern verschiedener Militär-Geheimdienste der USA Strategien zu deren Image-Aufbesserung zu präsentieren (siehe dazu Reporter ohne Grenzen - eine Lovemark der US-Regierung).

'Report Mainz' suggeriert eine Beziehung

Der Report-Beitrag verdeutlicht eine wesentliche Rolle der 'Rechten' und macht klar, wofür Parteien wie die NPD benötigt werden und deshalb kaum verboten werden dürften. Wenn es darum geht, störende Kräfte - oder wie in diesem Fall den Präsidenten des Iran, den man zum Feind aufbauen will - in Mißkredit zu bringen, braucht man die 'Störenfriede' nur mit den 'Rechten' in eine Reihe zu stellen. Mit einer verbotenen NPD ließe sich ein derartiges Spiel kaum treiben. Offen bleibt noch die Antwort auf die Frage, warum eine Partei wie die NPD von Geheimdienstleuten durchsetzt ist. Doch eines ist dabei klar: ohne diese Leute ließe sich ein derartiges Spiel kaum inszenieren.

Der Fall ähnelt dem des am 'rechten Rand' agierenden Horst Mahler, der an iranische Stellen ein hanebüchenes Schreiben verschickt, in dem es heißt: "Herr Ahmadinedschad hat den Revisionisten geholfen. Der Holocaust hat nie stattgefunden und ist als größte Lüge der ganzen Geschichte zu betrachten. Die Deutschen sollten die erfundene Geschichte vom Holocaust bekämpfen." Siehe dazu den Artikel "Eine gelungene Infektion" (iran-0012.shtml). Und der Fall erinnert an die Methoden, wie sie im Artikel "Wie wir dem Krieg den Weg bahnen - Eine Überlegung zur Strategie für einen Krieg gegen den Iran" beschrieben sind. (iran-0020.shtml)



Resonanz

21.03.2008 19:46

ich finde Euren Beitrag wundervoll...

25.03.2008 19:35

ich danke sehr für die Dokumentation der NPD-Zitate zum Iran. Sie sind sehr aufschlussreich. Solche Zitate werden von der politische Klasse unseres Landes gegen den Iran in Stellung gebracht. Man tut so, als wäre man gegen die NPD und sichert doch nur die Kriegsvorbereitungen gegen den Iran ab. Weder geht es um Antifaschismus noch um Solidaritaet mit dem Volk Irans.

Das könnte natürlich wirkliche Solidarität gebrauchen, nicht aber einen Krieg. Die iranische Fuehrung verdient unsere schärfste Kritik, aber nicht die Kritik per Waffen und Angriffskrieg. Darunter würde nur das Volk leiden. Was die Israel-Politik der iranischen Fuehrung und das Echo darauf aus den Reihen des deutschen Neofaschismus anbelangt, so ist beides scharf abzulehnen. Die NPD hofft wirklich auf eine Beseitigung des Staates Israel. Ich hoffe, die iranische Fuehrung überwindet ihre falsche Position, die nur den reaktionäresten Kräften weltweit dient. Doch es ist zu fürchten, dass Iran zu den reaktionärsten Kräften weltweit gehört.


Weiterer Beitrag zum drohenden Kriegsschauplatz Iran:
'Von der Landkarte tilgen': Die Spitze eines Eisbergs
Eine Strategie zur Verfälschung der Äußerungen des iranischen Präsidenten - von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann (29. Juli 2008)
‘Wipe off the map': The Tip of an Iceberg
A strategy for the falsification of the statements of Iran’s president - by Anneliese Fikentscher and Andreas Neumann (29 July 2008)

Alle Beiträge zum Iran im Überblick:
Tagebuch Iran
Notizen aus dem Kontext des drohenden Krieges gegen den Iran
Die 'Welt', ein 'genialer Netzwerker' und der Angriffskrieg gegen den Iran
Anmerkungen zu einem Artikel in der 'Welt', 12.2.2006
"Den Terroristen in den Regierungen unserer so genannten zivilisierten Welt das Handwerk legen"
Rede von Bernd Klagge am 8.2.2006 im Rahmen einer Mahnwache des Bonner Friedensbündnisses gegen Propaganda und Krieg und für Völkerfreundschaft auf dem Münsterplatz in Bonn
Was die Kriegspropagandisten von sich geben
Äußerungen von Angela Merkel, George W. Bush, John McCain, Joseph Lieberman, Donald Rumsfeld, Condoleezza Rice, John Bolton, Ehud Olmert (Stand: 29.4.2006)
US-Dollar oder 'Mini-Nukes' - Der Iran plant Öl-Börse auf Euro-Basis, was Milliardenverluste für die USA bedeuten kann
Betrachtung von Dietrich Zeitel auf der website der Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft e.V. Hamburg (swg), 25.02.2006
Stoppt den Krieg gegen Iran, bevor er beginnt! - Stop the war on Iran before it starts!
Internationaler Appell - Online-Petition
Keinen Krieg gegen den Iran - für eine politische Lösung!
Ein Aufruf der 'Kooperation für den Frieden' (Zusammenschluss verschiedener Friedensorganisationen) und des Bundesausschusses Friedensratschlag - veröffentlicht in der 'Frankfurter Rundschau' am 18.3.2006
Israel, Iran und die Atomwaffen
Knut Mellenthin in 'junge Welt' vom 19.10.2005
'Israel von der Landkarte löschen' - Der Krieg gegen den Iran hat längst begonnen
Über die angeblichen Äußerungen des iranischen Präsidenten Ahmadinedschad, 9.3.2006 (zuletzt erweitert am 9.4.2006)
Bomben auf den Iran? - Gedanken zum Iran-Krieg
Artikel von Prof. Georg Meggle, 18.1.2006
Kriegspropaganda für die Massen - Feindbild Iran
Veröffentlichungen aus 'Bild' und 'Bild am Sonntag' ab Dezember 2005
Leugnet Irans Präsident den Holocaust oder legt er die Finger in die Wunde des Westens?
Eine Analyse der Medienrhetorik auf dem Weg zum Krieg gegen den Iran, 3.4.2006 (erweitert am 9.4.2006)
Eine gelungene Infektion
Über die Funktion eines Horst Mahler in der kriegsvorbereitenden Propagandakampagne gegen den Iran, 14.4.2006
DOES IRAN'S PRESIDENT WANT ISRAEL WIPED OFF THE MAP AND DOES HE DENY THE HOLOCAUST?
An analysis of rhetoric in media on its way to war against Iran - Commenting on the alleged statements of Iran's President Ahmadinejad
Wer nicht mitspielt, ist Antisemit
Wie die 'taz' den Planungen der USA für einen Atomkrieg gegen den Iran begegnet, 22.4.2006
Der 'Satan' fordert "Regierung, gewählt von den Menschen... seien sie Muslime, Christen oder Juden"
Irans Präsident Ahmadinedschad am 14.4.2006 im Rahmen der 'Third International Qods Conference' zur Situation in Palästina, 22.4.2006
Iran: Dreck, Teufel, Pfeifen und Pfifferlinge
Was die 'westlichen' Medien aus Ahmadinedschads Äußerungen vom 28.4.2006 machen
USA: Dialog mit Iran nutzlos - oder: Was ein Feindbild zunichte machen könnte, muß vernichtet werden
Der Brief des iranischen Präsidenten, Mahmud Ahmadinedschad, an den Präsidenten der USA, George W. Bush, von Anfang Mai 2006 und die Reaktionen darauf
Genug ist genug! - 'Nur' Verbrechen gegen die Menschheit oder schleichender Völkermord?
Eine Dokumentation von Ellen Rohlfs zur Situation in Palästina, 2005/2006
Von Nazis nicht für einen Krieg gegen den Iran einspannen lassen!
Über die Rolle einer von Nazis angemeldeten Pro-Iran-Demo am 17.6.2006 in Frankfurt-Sachsenhausen
Wie wir dem Krieg den Weg bahnen
Eine Überlegung zur Strategie für einen Krieg gegen den Iran, 4.6.2006
Auf dem Weg zum Höhepunkt der Kriegspropaganda
Eine Betrachtung über den 'Spiegel' vom 29.5.2006 und das darin enthaltene Interview mit dem iranischen Präsidenten
War is Brewing - Krieg braut sich zusammen...
Das Kapital verlangt von der US-Regierung irgendeinen Angriff zur Stabilisierung des Kapitalismus - Betrachtung von Daniel Neun (0815-Info), 22.6.2006
Der Gerechtigkeit halber
Strafanzeige gegen Günther Beckstein, Innenminister Bayerns, und Michel Friedman, ehem. stellv. Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland, wegen Beleidigung des Staatspräsidenten des Iran, mit einem Gespräch zwischen Armin Fiand und Alexander Boulerian
Der Gerechtigkeit halber (2)
Strafanzeige gegen die Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, wegen Beleidigung des Staatspräsidenten des Iran
'Wipe off the Map' als Fälschung bestätigt
Wichtige Erkenntnisse des Guardian-Journalisten Jonathan Steele über das angebliche Zitat des iranischen Präsidenten, Israel müsse von der Landkarte getilgt werden
"Seien Sie herzlich gegrüßt!"
Brief von Irans Präsident Ahmadinedschad an Bundeskanzlerin Merkel vom 20.7.2006
"Noble Americans - Ehrenwerte Amerikaner"
Brief von Irans Präsident Ahmadinedschad vom 29.11.2006 (in der englischen Fassung)
Das Lügennetz über dem Iran
Analyse des österreichischen Autors Malte Olschewski über die manipulierte Berichterstattung über den Iran und seinen Präsidenten Ahmadinedschad
Verhindern Sie diesen Krieg!
Offener Brief an Bundeskanzlerin Frau Angela Merkel, 19.2.2007
Herr der Bombe
Wie wir vom Kölner Stadt-Anzeiger mit dem Gedanken eines Krieges gegen den Iran vertraut gemacht werden sollen - über eine Veröffentlichung vom 8.2.2007
Der nächste Krieg in Sicht - Wann fallen US-Bomben auf Teheran?
Michael Opperskalski in 'Geheim', Ausgabe vom 31.3.2007
Desinformation im 'Kölner Stadt-Anzeiger'
Äußerungen von Mohamed ElBaradei am 24.5.2007 in Sachen Iran
Atombombe auf Israel, um die palästinensischen Freunde zu befreien?
Walter van Rossum über die Iran-Berichterstattung in seinem Buch 'Die Tagesshow - Wie man in 15 Minuten die Welt unbegreiflich macht', September 2007
An die Bundeszentrale für Politische Bildung
Offener Brief vom 17.1.2008 in Sachen Antisemitismus-Dossier der Bundeszentrale, das die Behauptung enthält, der Iran wolle Israel von der Landkarte tilgen
Die Strategie des bösen Spiels
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Erwägungen auf fraglicher Basis
Über den Artikel 'Ein finsterer Messias für die arabische Welt' in der Süddeutschen Zeitung vom 6.8.2008
Internationale jüdische Opposition gegen einen Angriff auf Iran - Jewish International Opposition Against Attack on Iran
Erklärung jüdischer Organisationen und Einzelpersonen vom 11.8.2008
Die Trojaner-Strategie
Offener Brief an Redaktion und Herausgeber der 'Blätter für deutsche und internationale Poltik'
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